Menschen überqueren die Straße in Sapporo, Hokkaido in Japan
AP/Jae C. Hong
Coronavirus

Harte Maßnahmen in Japan und der Schweiz

Während immer mehr Länder erste Erkrankungsfälle melden, ist der Umgang zur Eindämmung des Coronavirus international recht unterschiedlich. Drastische Maßnahmen setzen Japan und die Schweiz. Nachdem in Japan bereits Schulen bis Ende März geschlossen worden sind, wurden nun die mehr als fünf Millionen Bewohner der Insel Hokkaido aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Die Schweiz sagte alle Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Menschen ab.

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus werde die Situation in der Schweiz als „besondere Lage“ gemäß Epidemiengesetz eingestuft, teilte die Regierung mit. Öffentliche und private Veranstaltungen, bei denen sich gleichzeitig mehr als 1.000 Personen aufhielten, würden untersagt. Dieses Verbot gelte mindestens bis zum 15. März. Betroffen sind auch Sportveranstaltungen wie Fußballspiele.

Nach Beratungen wurde auch der Genfer Autosalon abgesagt, der nächste Woche hätte beginnen sollen. Schon zuvor hatten zahlreiche Aussteller angekündigt, nur mit verkleinerter Mannschaft anzureisen. Im vergangenen Jahr waren 600.000 Besucher und Besucherinnen gekommen. Auch die Basler Uhren- und Schmuckmesse Baselworld, die Ende April begonnen hätte, findet heuer nicht statt. Inzwischen gibt es laut Gesundheitsminister Alain Berset 15 bestätigte Infektionen durch das Coronavirus in der Schweiz. Über 100 Personen befänden sich in Quarantäne.

Mann mit Maske am Genfer Autosalon
APA/AFP/Richard Juilliart
In Genf werden Messestände schon wieder abgebaut

Notstand auf Hokkaido

In Japan wurde auf der Insel Hokkaido der Notstand ausgerufen. Die Behörden forderten am Freitag zudem alle Bewohner auf, am kommenden Wochenende zu Hause zu bleiben. Der Notstand soll bis zum 19. März gelten, wie Gouverneur Naomichi Suzuki in Sapporo mitteilte. Die Situation erfordere „beispiellose und drastische Maßnahmen“.

Auf Hokkaido, wo rund 5,3 Millionen Menschen leben, gibt es bis jetzt 63 bestätigte Coronavirus-Fälle, zwei Erkrankte sind gestorben. Damit wurden auf der nordjapanischen Insel mehr als ein Viertel aller Infektionen in Japan registriert – abgesehen von den Fällen auf dem Kreuzfahrtschiff „Diamond Princess“, das im Hafen von Yokohama unter Quarantäne stand.

Die Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe in Tokio schickte bereits ein Team von Gesundheitsexperten und Beamten nach Hokkaido, um die Epidemie einzudämmen. Hokkaido ist für seine Wintersportorte bekannt, die viele wohlhabende Touristen aus ganz Asien anziehen, darunter auch viele Chinesen. In ganz Japan wurden bisher 210 Infizierte und fünf Todesfälle registriert.

Sorge um Olympische Spiele?

Japan will nach den Worten von Ministerpräsident Abe alle nötigen Schritte einleiten, um wirtschaftliche Folgen durch den Ausbruch des Coronavirus abzufangen. Die Regierung habe noch genügend Reserven, die sie anzapfen könne, sagte Abe am Freitag im Parlament. Er sah es jedoch nicht als nötig an, unmittelbar ein Hilfspaket zusammenzustellen.

Japan hatte schon am Donnerstag angekündigt, ab Montag alle Schulen zu schließen. Die Schließung soll demnach bis zum Beginn der zehntägigen Frühlingsferien Ende März gelten. Abe betonte, die kommenden beiden Wochen seien entscheidend für den Kampf gegen das Virus. Dass Japan derart rigorose Maßnahmen setzt, könnte auch damit zusammenhängen, dass in Tokio von 24. Juli bis 9. August die Olympischen Sommerspiele über die Bühne gehen sollen.

Ausnahmezustand im Iran

Auch der schwer vom Coronavirus betroffene Iran reagiert mit drastischen Maßnahmen auf die Ausbreitung. In mehreren Teilen des Landes wurden die Freitagsgebete abgesagt. Nach Angaben iranischer Medien fanden die für das islamische Land wichtigen Zeremonien in gut zwei Dritteln der mehr als 30 Provinzen nicht statt.

Außer den Freitagsgebeten hat das Gesundheitsministerium von allen öffentlichen Veranstaltungen, wie etwa Hochzeitsfeiern oder Trauerzeremonien, abgeraten. Schulen und Universitäten bleiben vorläufig geschlossen und werden wohl bis zum Ende der persischen Neujahrsferien Anfang April auch nicht mehr geöffnet. Geschlossen sind weiterhin auch Kinos, Theater und Konzertsäle. Auch die Sportveranstaltungen, besonders die Fußballspiele der ersten und zweiten Liga, finden entweder gar nicht oder ohne Zuschauer statt.

Menschen in einer Apotheke in Teheran
AP/Ebrahim Noroozi
Ansturm auf Apotheken in Teheran

Starker Anstieg in Teheran

Die Zahl der Todesopfer im Iran ist von 26 auf 34 gestiegen. Laut Gesundheitsministeriumssprecher Kianusch Dschahanpur wurden insgesamt 388 Menschen – 143 mehr als am Vortag – aus verschiedenen Teilen des Landes positiv auf das Virus getestet. Allein in der Hauptstadt Teheran wurden laut Dschahanpur in 24 Stunden 64 weitere Menschen infiziert. Gleichzeitig wurden 73 Corona-Patienten gesund und aus den Krankenhäusern entlassen. Experten nehmen eine viel höhere Zahl an Infizierten an. Es wird davon ausgegangen, dass Ausbrüche in mehreren anderen Staaten ihren Ursprung im Iran haben.

Die britische BBC berichtete unterdessen unter Berufung auf Insider im Gesundheitssystem, dass es im Iran bereits 210 Tote geben soll. Das iranische Gesundheitsministerium dementierte das am Abend via Twitter.

Italien will Schulen wieder öffnen

Während die Zahl der vom Coronavirus Genesenen wächst, bemüht sich Italien um eine Rückkehr in die Normalität. Die Lombardei und Venetien wollen Anfang kommender Woche wieder die Schulen öffnen. Der Mailänder Dom soll für Touristen wieder zugänglich sein, auch Museen könnten bald wieder geöffnet werden, hieß es in Rom.

Mann im Schutzanzug reinigt ein Schiffstaxi in Venedig
Reuters/Manuel Silvestri
Ein Schiff in Venedig wird desinfiziert

Schwierig bleibt weiterhin die Lage in der „roten Zone“ aus elf lombardischen Gemeinden, in denen der Infektionsherd isoliert wurde. Die Hausärzte der betroffenen Gemeinden stehen unter Quarantäne. Das Krankenhaus der lombardischen Stadt Cremona meldete wegen der vielen Patienten einen Mangel an Betten. Das Krankenhaus von Lodi platzt aus allen Nähten: Derzeit befinden sich 51 Patienten in kritischem Zustand im Spital, 17 davon auf der Intensivstation. Am Abend meldeten die lombardischen Behörden drei weitere Todesopfer. Lodi ist die lombardische Provinz, von der aus sich das Coronavirus in Oberitalien ausbreitete.

Deutschland: Firma schickt 1.500 Mitarbeiter nach Hause

In Deutschland gibt es mittlerweile knapp 60 Fälle, teilte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Freitag in Berlin mit. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Freitag zwar 27 neue Infektionen, doch diese seien im Wesentlichen in den bekannten drei Regionen aufgetreten. „Zurzeit scheint es kein breites Geschehen in Deutschland zu geben“, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade. Allerdings: Nachdem bei einem Mitarbeiter beim Unternehmensberater Ernst & Young in Düsseldorf in Deutschland das Coronavirus nachgewiesen wurde, sollen 1.500 Kolleginnen und Kollegen des Mannes vorerst zu Hause bleiben.

Abgesagt wurde die internationale Tourismusbörse ITB in Berlin mit rund 160.000 erwarteten Besucherinnen und Besuchern und rund 10.000 Ausstellern aus etwa 180 Ländern. Die Auflagen, die das zuständige Gesundheitsamt des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf gemacht habe, seien für die Messe Berlin „nicht umsetzbar“. Demnach hätte jeder Messeteilnehmer belegen müssen, dass er nicht aus den definierten Risikogebieten stamme oder Kontakt zu einer Person aus diesen Gebieten gehabt habe.

Erster Fall in Nigeria

Erste bestätigte Coronavirus-Fälle gibt es nach Angaben der dortigen Behörden auch in Litauen, Island, Weißrussland, Aserbaidschan und Neuseeland. Einen Anstieg der Infektionen auf 57 verzeichnete man in Frankreich. Am Freitag wurden 19 neue Fälle verzeichnet. Damit habe man eine neue Etappe der Epidemie überschritten, so Gesundheitsminister Olivier Veran.

In der nigerianischen Millionenmetropole Lagos weckt der erste Coronavirus-Fall schlimme Erinnerungen an die Ebola-Epidemie 2014. Besorgte Bewohner der 20-Millionen-Einwohner-Stadt stürmten am Freitag die Apotheken, um Desinfektionsmittel und Schutzmasken zu kaufen. Auf dem afrikanischen Kontinent waren zuvor nur zwei Infektionen bestätigt worden – jeweils einer in Algerien und Ägypten.

Mehrere Länder verschärften wegen der Epidemie ihre Einreisebestimmungen. Russland vergibt vorerst keine Visa mehr an Iraner, auch Flugreisende aus Südkorea dürfen nicht mehr einreisen. Pakistan stellte den Flugverkehr zum Iran ein. In Neuseeland gelten nun verschärfte Einreisebestimmungen für Reisende aus China und dem Iran.