Es seien viele Menschen infiziert worden, das sei nicht beabsichtigt gewesen, so Lee. „Ich möchte mich im Namen der Mitglieder ernsthaft entschuldigen“, sagte der 88-Jährige vor Journalisten in Gapyeong. Während seiner Worte kniete er. „Wir haben uns sehr bemüht, waren aber nicht in der Lage, es zu verhindern.“ Seine Gruppe arbeite aktiv mit der Regierung zusammen. Für deren Bemühen zeigte er sich „sehr dankbar“, wie er sagte.
Einige Mitglieder waren im Jänner in Wuhan
Gemäß der Mordanklage wird der Sekte unter anderem vorgeworfen, nicht ausreichend mit den Gesundheitsbehörden zusammengearbeitet und die Namen von Anhängerinnen und Anhängern nicht genannt zu haben, die auf das Virus getestet werden sollten. Die in Südkorea umstrittene Sekte mit Verbindungen nach China weist die Vorwürfe zurück.
Die meisten der neuen Infektionen wurden erneut in der am stärksten von dem Ausbruch betroffenen Stadt Daegu im Südosten erfasst – dort leben viele Sektenmitglieder. Einige Mitglieder hatten nach Behördenangaben noch im Jänner die zentralchinesische Stadt Wuhan besucht, wo der Ursprung des Coronavirus vermutet wird. Eine 61-jährige Anhängerin hatte im Februar trotz Krankheitssymptomen an Gottesdiensten der Sekte teilgenommen.
Stigmatisierung und Diskriminierung beklagt
Ein ranghoher Vertreter der Religionsgemeinschaft, Kim Shin Chang, sagte der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview, Stigmatisierung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens hinderten viele Mitglieder seiner Gemeinschaft an einer Zusammenarbeit mit den Behörden. „Es ist möglich, dass unsere Mitglieder nicht vollständig mit den Behörden zusammenarbeiten“, sagte der Sektenvertreter.
Der Grund hierfür sei, dass sie befürchteten, ihre Verbindungen zu Shincheonji könnten bekanntwerden. „Der gesellschaftliche Hass gegen unsere Mitglieder und die Diskriminierung sind so groß, dass viele fürchten, ihre Jobs zu verlieren, oder Sorge vor Konflikten innerhalb der Familie haben, wenn ihr Glaube bekanntwird.“ Die Behörden versuchen derzeit, mehr als 266.000 Anhängerinnen und Anhänger der Sekte ausfindig zu machen.
„Persönliche Entscheidung“
Medienberichten zufolge haben mehr als tausend Menschen mit Verbindungen zu der Sekte jedoch nicht auf Nachfragen der Behörden reagiert. „Wir fordern unsere Mitglieder auf, den Behörden alles zu sagen“, sagte Kim in dem AFP-Interview. Letztlich sei das aber eine „persönliche Entscheidung“. Shincheonji (Dt.: „Neuer Himmel, neue Erde“) wurde 1984 von Lee gegründet, der den Coronavirus-Ausbruch als „Werk des Teufels“ bezeichnet.
Der 88-Jährige verspricht seinen Anhängern, der Tag des Jüngsten Gerichts werde noch zu seinen Lebzeiten erfolgen, und er werde dann 144.000 Menschen mit in den Himmel nehmen. Der Sekte werden auch Verbindungen zur Politik nachgesagt, was Kim zurückwies. Im Hauptquartier der Organisation in Gwacheon südlich von Seoul sind jedoch Bilder des Gründers mit den Ex-Staatschefs Park Geun Hye und Lee Myung Bak zu sehen. Deren Partei mied bisher Kritik an der Sekte im Zusammenhang mit CoV.
Hunderte neue Infektionen gemeldet
Die Zahl der Infektionen im Land ist erneut um mehrere hundert gestiegen. Die Gesundheitsbehörden meldeten im Verlauf des Montags 599 neue Fälle. Damit wurden bisher 4.335 Menschen positiv auf das Virus SARS-CoV-2 getestet – so viele wie nirgendwo sonst außerhalb Chinas, wo die Lungenkrankheit im Dezember ausgebrochen war. Die Zahl der Todesfälle, die mit dem Virus in Verbindung gebracht werden, stieg in Südkorea seit Sonntag um acht auf 26.