Der neu gewählte Ministerpräsident des deutschen Bundeslands Thüringen, Bodo Ramelo
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Thüringen

Ramelow zum Regierungschef gewählt

Das deutsche Bundesland Thüringen hat einen neuen Ministerpräsidenten. Der Linke-Politiker Bodo Ramelow erhielt am Mittwoch erst im dritten Wahlgang die notwendige Stimmenmehrheit. Sein Gegner, der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, trat in der letzten Runde nicht mehr an. Der Abstimmung war eine Regierungskrise vorangegangen.

Im dritten Wahlgang erhielt der 64-Jährige im Erfurter Landtag 42 Ja-Stimmen. 23 Abgeordnete stimmten mit Nein, 20 Mandatarinnen und Mandatare enthielten sich. Ramelow nahm die Wahl an und wurde vereidigt. Bei seinem Eid sprach Ramelow die Eidesformel wie schon bei seiner ersten Wahl zum Regierungschef im Jahr 2014 ohne den Zusatz „So wahr mir Gott helfe“. Die 42 Stimmen für Ramelow entsprechen der Stärke der Fraktionen von Linken, SPD und Grünen.

Der rot-rot-grünen Minderheitskoalition fehlen im Landtag vier Stimmen für eine absolute Mehrheit. Im dritten Wahlgang reichte dann die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen für die Wahl zum Ministerpräsidenten. Die 21-köpfige CDU-Fraktion in Thüringen hatte zuvor angekündigt, sich zu enthalten. Einer der CDU-Abgeordneten stimmte im dritten Wahlgang vermutlich mit Nein, ebenso die AfD.

Der AfD-Chef des deutschen Bundeslands Thüringen, Björn Höcke
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AfD-Chef Höcke erhielt nicht die Mehrheit der Stimmen

Handschlag verweigert

In der ersten und zweiten Runde erhielt Höcke übrigens jeweils 22 Stimmen – genauso viele, wie die AfD Abgeordnete hat. Abgegeben wurden in allen drei Durchgängen 85 gültige Stimmen. Der Thüringer Landtag hat aber eigentlich 90 Abgeordnete. Die Differenz erklärt sich damit, dass die vier anwesenden FDP-Abgeordneten nicht mit abstimmten. Den Boykott der Wahl hatten die Liberalen zuvor angekündigt. Außerdem fehlte eine Abgeordnete der Freidemokraten.

Nach seiner Vereidigung verweigerte Ramelow seinem Kontrahenten um das Ministerpräsidentenamt, Höcke, demonstrativ einen Handschlag. Ramelow und Höcke unterhielten sich im Plenarsaal kurze Zeit mit ernster Miene. Dann sagte Ramelow zur Begründung, Höcke habe sich nach der umstrittenen Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich Anfang Februar damit gebrüstet, dem Politiker eine „Falle“ gestellt zu haben. „Wer so über die Wahl eines Verfassungsorgans spricht, der hat etwas zu klären“, sagte Ramelow. „Wir werden uns nicht mehr treiben lassen von einer Fraktion, die Fallen baut.“

Höcke selbst kritisierte das Verhalten von Ramelow scharf. Für ihn sei es „ein Bedürfnis“ gewesen, Ramelow die Hand zu schütteln. Nicht weil er sich freue, dass Ramelow als „Kandidat der SED“ in das Amt des Regierungschefs zurückkehre, sondern weil er ihm damit zeigen wolle, dass er diese formal korrekte, demokratische Wahl akzeptiere. Höcke warf Ramelow vor, mit „gespaltener Zunge“ zu sprechen. „Einerseits Toleranz und Offenheit predigen, andererseits große Teile nicht nur des Parlaments, sondern mittlerweile auch der Thüringer Wählerschaft auszuschließen – das geht gar nicht“, sagte Höcke.

FDP-Regierungschef trat zurück

Die Wahl war neu angesetzt worden, nachdem Anfang Februar der FDP-Politiker Thomas Kemmerich überraschend mit den Stimmen von CDU, Liberalen und AfD in das Amt gewählt worden war, was eine Welle der Empörung auslöste. Kurz darauf trat er wieder zurück, Thüringen stürzte in eine Regierungskrise. Auch in Berlin besprach die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD das weitere Vorgehen.

Linke, SPD und Grünen einigten sich mittlerweile mit der CDU auf einen Stabilitätspakt bis zu einer Neuwahl im kommenden Jahr. Bis dahin soll unter anderem der neue Landeshaushalt verabschiedet werden. Das entsprechende Protokoll hätten Vertreter der CDU-Fraktion Mittwochmorgen unterzeichnet.