EU-Staaten stellen Türkei Hilfsgelder in Aussicht

Mehrere EU-Staaten haben der Türkei weiteres Geld zur Versorgung syrischer Flüchtlinge in Aussicht gestellt – vorausgesetzt, Ankara schließt wieder seine Grenze zur EU. Derzeit übe die türkische Regierung Druck auf die EU-Außengrenzen aus und nutze das Leid von Flüchtlingen als Hebel, sagte der niederländische Außenminister Stef Blok gestern vor einem EU-Treffen in Zagreb.

Wenn der Druck aufhöre, könne man die Bedürfnisse der Türkei prüfen. Ähnlich hatte sich der deutsche Außenminister Heiko Maas vor seinem Abflug nach Zagreb geäußert. Klar sei auch, dass sich Ankara im Gegenzug wieder an die EU-Türkei-Erklärung halten müsse.

Kurz: „Erdogans Spiel nicht mitspielen“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte die EU-Staaten vor einer Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten an der griechisch-türkischen Grenze. „Wenn diese Menschen, die teilweise auch gewaltbereit sind, am Ende nach Mitteleuropa durchkommen, wird es nicht bei den 13.000 bleiben. Dann werden es bald Hunderttausende und später vielleicht Millionen sein. Wir hätten am Ende dieselben Zustände wie im Jahr 2015“, sagte Kurz den Zeitungen der deutschen Funke-Mediengruppe und ihrer französischen Partnerzeitung „Ouest-France“.

Jene Migranten hätten keinen Anspruch auf Asyl, sagte Kurz. „Die Menschen, die jetzt an dieser Grenze ankommen, sind ja größtenteils nicht Flüchtlinge, die aus dem syrischen Kriegsgebiet fliehen. Es sind zum größten Teil Migranten, die schon jahrelang in der Türkei leben. Diese Menschen haben kein Recht auf Asyl in Griechenland, denn sie werden in der Türkei nicht verfolgt.“ Sie würden von Erdogan ausgenutzt und instrumentalisiert, um Druck auf die EU auszuüben. „Dieses Spiel dürfen wir nicht mitspielen.“

Türkei öffnete Grenzen

Die Türkei hatte entgegen dem Abkommen am Wochenende die Grenzen zur EU für geöffnet erklärt. Seitdem harren Tausende Menschen auf der türkischen Seite der Grenze aus; Griechenland wehrt sie mit Härte ab.

Unter dem aktuellen Abkommen hatte die EU Ankara sechs Milliarden Euro für die Versorgung der aus Syrien Geflüchteten im Land zugesagt. Davon wurden laut EU-Kommission bisher 4,7 Milliarden Euro vertraglich vergeben und rund 3,2 Milliarden ausbezahlt. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, zudem Menschen aus Afghanistan und anderen Ländern.

Politik mit der Macht der Bilder

Die Fotos von der Eskalation an der griechisch-türkischen Grenze erinnern unweigerlich an jene der Flüchtlingskrise von 2015. Auch wenn die Situationen nicht vergleichbar sind: Damals wie heute ist es auch ein Streit, der mit emotionalisierenden Bildern ausgetragen wird – in Medien, in Sozialen Netzwerken und auch von den Konfliktparteien Türkei und Griechenland selbst. Die Einordnung der Bilder ist oft schwierig, die Grenzen zur Propaganda verschwimmen.

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Griechenland überlegt Lager auf unbewohnten Inseln

Die griechische Regierung schloss unterdessen auch geschlossene Lager auf kleinen, unbewohnten Inseln nicht aus. Ursprünglich hatte Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis angekündigt, geschlossene Lager auf Flüchtlingsinseln wie Lesbos, Samos und Chios zu errichten. Dagegen wehren sich aber die Inselbewohner.

Gegenwehr kommt nun auch vom Festland: Die Ankündigung des griechischen Migrationsministers Notis Matarakis, ein geschlossenes Lager in der nordgriechischen Gemeinde Serres zu errichten, stieß dort sofort auf erboste Gegenwehr der Einwohner.

In einem ersten Schritt sollen Matarakis zufolge 2.000 Menschen die überfüllten Lager von Inseln wie Lesbos, Samos und Chios verlassen und in bestehende Unterkünfte auf dem griechischen Festland gebracht werden. Es handle sich dabei um Menschen, deren Asylverfahren gute Aussichten auf Erfolg hätten.

Schiffsverkehr eingeschränkt

Zudem gab die Regierung gestern bekannt, Beschränkungen für den Schiffsverkehr rund um die Ägäis-Inseln Lesbos und Samos zu erlassen. Damit solle die „illegale Migration über das Meer“ bekämpft werden, so das Verteidigungsministerium in Athen. Die Einschränkungen sollen zunächst bis zum 12. März gelten.

Ausdrücklich ausgenommen seien Handelsschiffe „mit gültigen maritimen Papieren“. Die neuen Regeln sollen vor allem für kleine Schiffe und Boote gelten – mit genau solchen versuchen viele Flüchtlinge, aus der Türkei übers Meer nach Griechenland und damit in die EU zu kommen.