Luftaufnahme des Stephansdoms
ORF.at/Dominique Hammer
Hilfen angekündigt

Hotellerie wegen CoV in Turbulenzen

Der heimische Tourismus kämpft mit den Folgen der Ausbreitung des Coronavirus. So verzeichnen etwa Skigebiete im Westen des Landes weniger Nachfrage als sonst um diese Jahreszeit. Hotels in Städten wie Wien schmerzt das Ausbleiben der so wichtigen Kongress- und Geschäftsreisenden. Mehr als jedes zweite Hotel kämpft mit Stornierungen – die Regierung versprach am Freitag Sofortmaßnahmen.

Die Regierung übernehme die Haftung für bis zu 100 Mio. Euro an Krediten für Tourismusbetriebe, die unter den Folgen des Virus SARS-CoV-2 besonders stark leiden, kündigten Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer am Freitag an. Die Maßnahme soll kommende Woche im Ministerrat beschlossen und dann innerhalb einer Woche umgesetzt werden.

In den Genuss der Unterstützung kämen nur familien- und inhabergeführte Betriebe, so Köstinger, keine internationalen Ketten. Das genaue Ausmaß der Schäden für die Branche durch das Coronavirus könne man noch nicht beziffern, aber es sei mit einer „beträchtlichen Höhe“ zu rechnen. Ziel sei es, die notwendige Liquidität sicherzustellen, damit besonders hart getroffene Betriebe über die Runden kommen. Mahrer sprach von rascher Liquidität, um Jobs in der Branche abzusichern.

WKO-Präsident Harald Mahrer und Tourismusministerin Elisabeth Kšstinger
APA/Herbert P. Oczeret
Mahrer und Köstinger bei der Vorstellung der Maßnahmen

Umsatzeinbuße von 15 Prozent als Voraussetzung

Das Mindestvolumen für einzelne Kredite werde bei 10.000 Euro liegen, das Maximum bei 500.000 Euro. Es gehe um neue Überbrückungskredite für notleidende Unternehmen. Kriterium werde voraussichtlich ein Umsatzrückgang von zumindest 15 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode sein, ein ausdrücklicher Nachweis, dass das Coronavirus schuld ist, werde nicht verlangt werden. Ab Mittwoch, wenn der formale Beschluss im Ministerrat gefallen ist, soll das Formular für Anträge bei der Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) auf der Website verfügbar sein.

Ausfall von Großkongress schmerzt

Besonders augenscheinlich sind die Auswirkungen durch CoV in Wien – insgesamt spüre man die Folgen „schon sehr deutlich“. So wurde etwa der „European Congress of Radiology“, vielfach Radiologenkongress genannt, mit 23.000 Besucherinnen und Besuchern zuletzt von März auf Juli verschoben. Das ist einschneidend, weil die Zimmer wohl nicht mehr vergeben werden können und leer bleiben – mehr dazu in wien.ORF.at.

Zudem würden Besucherinnen und Besucher von Kongressen, Messen und Tagungen mehr Geld als klassische Touristen ausgeben, meinte Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner. „Der durchschnittliche Kongressgast gibt über 500 Euro pro Tag in Wien aus“, so Kettner. Bei einem „Durchschnittsgast“ seien es 270 Euro. Gäste aus betroffenen Regionen bleiben auch Wiener Hotels fern, dazu kommen andere potenzielle Gäste, die derzeit lieber nicht reisen.

Spezialisierte Betriebe besonders betroffen

Auch schwer betroffen sind Betriebe, die sehr viele Besucherinnen und Besucher aus China beherbergt haben. Auch in den Negativzahlen seien Unterkünfte, die sich speziell auf italienische Schüler- und Studierendengruppen spezialisiert haben, so Dominic Schmid, Hotellerie-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer. „Sie sind massiv mit Stornierungen konfrontiert“, so der Kammervertreter.

Stornos aus Ländern, die ein Ausreiseverbot haben, seien besonders dramatisch für Hotelbetriebe. „In diesem Fall können keine Stornogebühren verrechnet werden.“ Private Veranstaltungen von Firmen wie Kongresse und Seminare würden derzeit ebenfalls sehr kurzfristig abgesagt, hieß es – „da aufgrund interner Firmenvorgaben Reisetätigkeiten eingeschränkt oder sogar verboten werden“, so Schmid.

„Große Unsicherheit“

„Wir wissen nicht, was sonst noch verschoben wird“, so Wien-Tourismus-Chef Kettner. „Es gibt derzeit keine medizinischen oder epidemischen Gründe, Veranstaltungen abzusagen“, so Kettner. Man habe eine „große Unsicherheit“, mit der man umgehen müsse. Wenn die Buchungslage schlecht bleibe, müssten Maßnahmen überlegt werden.

„Wir beginnen schon, Urlaubstage und Guttage abzubauen. Wenn es lange so weitergeht, was wir nicht hoffen, müssen wir überlegen, in Kurzarbeit zu gehen, oder die Mitarbeiter gezielt einsetzen, wenn sie gebraucht werden“, sagte Schmid. Erst die letzte Konsequenz dürfe ein Mitarbeiterabbau sein.

Regierung stellt sich auf punktuelle Kurzarbeit ein

Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist man auf Kurzarbeit bereits vorbereitet. „Wir agieren mit Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen, Kreditgarantien und vor allem mit dem Instrument der Kurzarbeit für größere Unternehmen“, so Kurz.

Österreich habe eine stabile wirtschaftliche Entwicklung, „aber wie erwartet gibt es einige Branchen und einzelne Unternehmen, die punktuell ganz besonders von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen sind“, so Kurz. Als Beispiele nannte der Bundeskanzler neben dem Tourismus die Luftfahrt und die Holzindustrie in Kärnten.

„Wir waren in den vergangenen Tagen mit einer Reihe von Unternehmen in Kontakt. Wir sind als Bundesregierung auf dieses Szenario vorbereitet“, so Kurz. Ziel der Vorkehrungen sei es, die Arbeitsplätze in den betroffenen Unternehmen zu sichern. „Alle Maßnahmen sind ab sofort möglich, und wir haben die notwendigen budgetären Vorkehrungen getroffen“, so Kurz.

Zehn Prozent Umsatzminus der Branche realistisch

ÖHT-Vorstand Kleemann und Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer (WKÖ), zeigten sich am Freitag einig, dass ein Umsatzrückgang von zehn Prozent in der Branche über das Jahr gerechnet ein realistisches Szenario ist. Allerdings werde es große Unterschiede nach Regionen und nach einzelnen Betrieben geben.

Nocker-Schwarzenbacher wies darauf hin, dass rund 85 Prozent der heimischen Beherbergungsunternehmen familiengeführt seien, auf dem Land wohl 95 Prozent. Zwar gebe es eine Betriebsunterbrechungsversicherung, wenn ein Betrieb schließen muss, aber nur fünf Prozent hätten darin auch eine Seuchenklausel, die sie nun bei Covid-19 schützen würde.

Probleme für Transporteure, Busunternehmen, Taxler

Auch die heimischen Transporteure bekommen die Auswirkungen durch das Coronavirus zunehmend zu spüren. Insbesondere die mangelnden Kapazitäten in der Luftfracht, der Engpass bei Seecontainern und der lahmende Bustourismus schlagen durch. Auf die Taxibranche wirkt sich wiederum der auslassende Kongresstourismus aus. Aus China würden kaum noch Container kommen, was zu einem weiteren Problem führe, so Alexander Klacska, Obmann der Transporteure in der WKÖ.

Es fehle der laufende Umschlag an Seecontainern, wodurch es hier regional zu Engpässen komme. Angedacht werde daher, drei Containerdepots in Österreich zu schaffen, worin Leercontainer gebunkert werden sollen, damit – wenn das Geschäft wieder anläuft – verschifft werden kann. „Durch diese Vorgangsweise entstehen natürlich Mehrkosten durch die Lagerung, aber auch ein exorbitanter Mehraufwand“, so Klacska.

Die Busunternehmen fürchten laut Klacska wiederum, dass geschlossene Schulen ihre Situation noch verschärfen könnten. Dazu komme noch die schwierige Lage in Italien, das im Frühjahr ein beliebtes Ausflugsziel der Österreicherinnen und Österreicher ist.

Island rät von Trips nach Ischgl ab

Umsatzeinbußen könnten auch durch nationale Reiserichtlinien zunehmen: Derzeit rät etwa Island sehr spezifisch von Trips in den Tiroler Wintersportort Ischgl ab. Die Maßnahme dürfte unmittelbar mit der Erkrankung mehrerer Mitglieder einer 14-köpfigen Gruppe isländischer Skiurlauber zusammenhängen, die vergangene Woche im Tiroler Oberland waren.

Die Tiroler Behörden hielten zwar fest, dass eine Ansteckung der Gäste am Urlaubsort sehr unwahrscheinlich sei, die Infektionen seien vermutlich auf dem Rückflug von München nach Reykjavik passiert. Die Behörden des nordischen Inselstaats raten trotzdem von „unnötigen Reisen“ nach Ischgl ab, Rückkehrern wird empfohlen, zunächst zwei Wochen zu Hause zu bleiben.