Personen sitzen vor Bildschirmen in der Börse Frankfurt
Reuters/Staff
Ölpreiseinbruch und CoV

Kursrutsch an europäischen Börsen

Die europäischen Aktienmärkte konnten am Montag am frühen Nachmittag die anfänglich großen Verluste zu Handelsbeginn nur geringfügig aufholen und tendierten weiterhin tief in der Verlustzone. Neben den wachsenden Sorgen rund um die Coronavirus-Krise trieb auch der stärkste Ölpreiseinbruch seit fast 30 Jahren die Märkte erheblich in die Verlustzone.

Der 50 führende Unternehmen der Euro-Zone umfassende Euro Stoxx 50 sackte um 227,17 Einheiten oder 7,03 Prozent auf 3.004,90 Punkte ab. Der DAX in Frankfurt notierte gegen 12.40 Uhr mit einem erheblichen Minus von 722,97 Einheiten oder 6,26 Prozent bei 10.818,90 Punkten. Der FTSE 100 der Börse London rutschte um 383,67 Zähler oder 5,94 Prozent ab und steht nun bei 6.078,88. An der Wall Street gab der Dow Jones kräftig nach: Der US-Leitindex verlor 7,8 Prozent auf 23.851,33 Punkte.

Schwer getroffen wurde auch der italienische Leitindex FTSE MIB, der zu Mittag mit großen Abschlägen von 9,84 Prozent notierte. Die Wiener Börse verzeichnete zu Mittag ebenso große Abgaben. Der ATX wurde um 12.00 Uhr mit 2.436,18 Punkten errechnet, das war ein Minus von 179,38 Punkten bzw. 6,86 Prozent.

Ölpreise mit stärksten Einbruch seit 1991

Wesentlicher Grund für den Kursrutsch ist das Nachgeben des Ölpreises. Das saudi-arabische Königreich hat nach dem Scheitern der Gespräche zwischen der OPEC und Russland über eine gemeinsame Förderbremse seine Produktion stark hochgefahren und Russland einen Preiskrieg erklärt.

Grafik zeigt Entwicklung des Ölpreises
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Der Ölpreis brach in der Nacht auf Montag um 30 Prozent ein – der größte Rückgang seit Jänner 1991 zu Beginn des ersten Golfkrieges. Die Ölpreise sind zum Wochenauftakt auf den tiefsten Stand seit Anfang 2016 zurückgefallen. In der Spitze rutschte der US-Ölpreis bis auf 27,34 Dollar und der für Brent-Öl auf 31,02 Dollar ab.

Verunsicherung belastet auch Investorenvertrauen

Belastet wurden hiervon vor allem die Ölwerte im Euro Stoxx 50. Die Aktien des italienischen Ölkonzerns ENI verloren zu Mittag etwa mit 17,52 Prozent stark. Im britischen FTSE 100 sackten die Papiere der Ölkonzerne BP (minus 17,43 Prozent) und BHP Group (minus 13,86 Prozent) ebenso deutlich ab.

Börsen brechen ein

Neben einer immer stärkeren Furcht vor den Folgen der Coronavirus-Epidemie sorgte ein möglicher Ölpreiskrieg für Kursverfall an den Börsen. In New York wurde der Handel sogar nach massiven Anfangsverlusten unterbrochen.

Im DAX fielen die Anteilsscheine der Deutschen Bank zu Handelsbeginn mit Verlusten von rund 15 Prozent auf ein historisches Tief. Bis zum frühen Nachmittag konnten die Deutsche-Bank-Titel etwas aufholen. Sie tendierten jedoch nach wie vor mit einem Minus von 11,95 Prozent tief in der Verlustzone. Hierzulande litten unter den fallenden Ölpreisen die Aktien des heimischen Öl- und Gasriesen OMV. Sie sackten um annähernd elf Prozent auf 30,71 Euro ab.

Die zunehmende Verunsicherung der Anleger äußert sich auch in den am Vormittag vorgelegten aktuellen Daten zum Sentix-Investorenvertrauen. Das Barometer fiel im März bisher um 22,3 Punkte auf minus 17,1 Zähler. Das ist der stärkste Rückgang innerhalb eines Monats seit Beginn der Erhebung und der niedrigste Wert seit April 2013. Der Sentix-Index gilt als erster wichtiger Frühindikator für den laufenden Monat. „Die Verunsicherung ist hoch und die Perspektiven für Konjunktur und Märkte schwer abzuschätzen, zumal jetzt noch die Ölpreise kräftig fallen“, schrieb Analyst Ralf Umlauf von der deutschen Landesbank Helaba.

Herbe Verluste an asiatischen Börsen

Bereits im asiatischen Handel wurden aufgrund dessen herbe Verluste verzeichnet. Der Tokioter Aktienmarkt schloss zum Wochenauftakt tief in der Verlustzone. Der Nikkei-225 Index stürzte um 1.050,99 Punkten oder 5,07 Prozent bei 19.698,76 Zählern ab. Damit fiel er den erstmals seit über einem Jahr unter die psychologisch wichtige Marke von 20.000 Punkten. Der Topix Index sackte um 82,49 Punkte oder 5,61 Prozent auf 1.388,97 Einheiten ab. Aber auch Futures auf die US-Indizes signalisierten zuletzt einen Einbruch.

Auch Coronavirus wirkt sich aus

Ebenfalls im Zentrum des Marktgeschehens bleibt der sich weiterhin auf die Wirtschaft auswirkende Coronavirus. Am Freitag hatten Fachleute bereits erste Schätzungen zu seinen Folgen für die Weltwirtschaft präsentiert: So soll sich in China das Wachstum im laufenden Quartal annähernd halbieren.

Milliardenschwere Hilfen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte indes milliardenschwere Hilfen für betroffene Länder in Aussicht. Für ärmere Staaten und Schwellenländer stünden bis zu 50 Milliarden Dollar (44 Mrd. Euro) bereit, teilte IWF-Chefökonomin Gita Gopinath am Montag mit. Das Geld könne über verschiedene Kreditlinien fließen, darunter auch kurzfristig verfügbare Notfallfinanzierungen. Es müsse aber auf jeden Fall eine international abgestimmte Antwort auf die globale Epidemie geben, um schwächeren Ländern zu helfen.

Die US-Notenbank Fed weitete ebenso ihre Hilfsmaßnahmen aus. Knapp eine Woche nach einer Zinssenkung erhöht sie ihre Geldspritzen für das Finanzsystem. Wie die regionale Fed von New York mitteilte, steigt das Volumen ihrer Übernachtgeschäfte mit den Banken von bisher 100 auf mindestens 150 Milliarden US-Dollar (132 Mrd. Euro). Das heißt, die Banken bekommen entsprechend mehr Geld für einen Tag. Das Volumen ähnlicher Geschäfte mit 14-tägiger Laufzeit werde von 20 auf 45 Mrd. Dollar erhöht. Die Änderungen gelten zunächst bis 12. März.

In Russland reagierten Regierung und Zentralbank auf den Fall des Rubels und kündigten Maßnahmen zur Stützung der Landeswährung an. Die Zentralbank sagte, sie werde die Devisenkäufe für 30 Tage einstellen. Weitere Instrumente zur Wahrung der Finanzstabilität würden eingesetzt, sobald das nötig sei. Das Finanzministerium kündigte an, Devisen zu verkaufen, sollte der Ölpreis unter der Schwelle von 42 Dollar (37 Euro) pro Barrel (159 Liter) bleiben.