„Bio? Wozu bio? Sind Blumen nicht von Haus aus bio?“ Das seien die ersten Fragen, die zum Thema Bioblumen kommen, gefolgt von „Aber ich ess die ja eh nicht“, erzählt Margrit De Colle, die in der Steiermark den Bioblumenbetrieb vom Hügel betreibt. Beim Start ihres Betriebs sei sie auf viel Unverständnis gestoßen, dabei sei der Grund für Bio relativ einfach: Nachhaltigkeit und Naturschutz ende nicht bei der Ernährung, sondern müsse breiter gedacht werden.
Gerade in der Blumenbranche werde noch mehr Chemie eingesetzt als in der Nahrungsmittelproduktion, so De Colle: Blumen würden nach dem Schnitt etwa in Fungizide getaucht, damit sie den Transfer aus anderen Ländern und über Tage hinweg besser überstehen.
Abgesehen von essbaren Blüten sei chemischer Pflanzenschutz bei Schnitt- und Topfpflanzen ein wichtiges Thema, sagt auch Erwin Seidemann von der Bioblumengärtnerei Blumenpark Seidemann in Tirol. „Wenn sie sich einmal überlegen, wo die Pflanzen und Blumen stehen: auf dem Tisch, direkt neben einem Obstkorb oder sonst was zu essen, und da tropft etwas runter von der Pflanze oder Blume, dann haben sie das auch im Essen.“
Nachhaltigkeit endet nicht beim Verzicht auf Spritzmittel
Der Gebrauch von Herbiziden wie Roundup sei im konventionellen Anbau immer noch Usus, wenn auch nicht mehr überall, sagt Seidemann. Aber Nachhaltigkeit müsse ohnedies weiter gehen. Das beginne beim Substrat, der nicht mehr nur aus Torf aus dem Baltikum bestehen dürfe, über grundsätzlich kurze Wege in der Produktion, also möglichst regional, bis hin zur Verpackung. Seidemann will bis 2022 etwa völlig plastikfrei produzieren und setzt dabei unter anderem auf vollständig verrottbare beziehungsweise kompostierbare Töpfe.
Im Biobereich brauche es viel Wissen rund um die Beschaffenheit des Bodens, erklärt Seidemann weiter. Wenn die Pflanzen richtig genährt und kräftig sind, könnten sie auch Schädlinge und Krankheiten leichter abwehren. Selbst der Einsatz von Nützlingen sei oftmals reine Bekämpfung von Symptomen, denen man auf den Grund gehen müsse. Und sehr oft liege dieser schlicht im Boden selbst.
Wissen, welche Blume passt
Wichtig sei im Biobereich außerdem sehr viel Wissen zu den Blumen, erzählt Bioexpertin Andrea Heistinger, die selbst Floristinnen und Floristen in Meisterklassen in dem Bereich ausbildet. „Man muss genau wissen, was wann reif und vermarktbar ist.“ Daher bräuchten Biogärtner auch ein größeres Sortiment, um immer genug Angebot zu haben. Allerdings hätten die Gärtner aufgrund des immensen Preisdrucks auf dem Markt kaum noch die Zeit, sich wirklich intensiv mit dem Thema Bio auseinanderzusetzen oder selber anzubauen. Stattdessen wird zugekauft – und meist nicht Bio, sofern Bio überhaupt angeboten wird.
Als er anfangen habe, sich mit dem Thema Bio zu beschäftigen, habe er quasi bei null anfangen müssen, erzählt Seidemann weiter. „Es hat Jahre nix gegeben zu dem Thema“, gerade im kommerziellen Bereich. Das bestätigt auch De Colle: Sie habe sich ihr Wissen in den USA und vor allem in Großbritannien erarbeitet, auch mit dem Gedanken im Hintergrund, wie das eigentlich frühere Generationen gehandhabt hätten, als es noch keine Spritzmittel und künstlichen Dünger gab.
Angebot bisher gering
Bisher sind die Nachfrage im Bereich Biopflanzen, aber auch das Angebot auf dem Gebiet überschaubar, heißt es von der steirischen Landesstelle der Bio Austria, die Biobauern und Biobäuerinnen vertritt, allerdings rein im Bereich Nutzpflanzen. Man könne in diesem Bereich wenig Beratung und Service anbieten, weil vieles noch neu sei.
Die AMA startete Anfang März mit einem Gütesiegel für Pflanzen, allerdings für den konventionellen Anbau, also nicht Bio. Im Vordergrund stehen dabei Regionalität und Qualität, das würde auch auf dem Markt entsprechend nachgefragt, heißt es von der AMA. Die Ausweitung sei ein Wunsch der Gärtnereibetriebe gewesen, Bio sei dabei kein Thema gewesen, man sei dafür aber offen. Allerdings sei man schon froh, wenn der Markt Qualität und Herkunft schätze.
Nachfrage nach Biopflanzen steigt
Das Interesse an Bio auch im Pflanzenbereich steige laufend, sagen Heistinger, Seidemann und De Colle. Es gehe schließlich nicht nur um die eigenen Gesundheit, sondern die gesamte Ökologie bis hin zu Bienen und Regenwürmern, so Heistinger. Dabei helfe auch der Biotrend im Nahrungsmittelbereich, sagt De Colle, die viele Workshops und Seminare anbietet, sowie der Selbermachertrend und der Trend zum Gärtnern.
„Es ist noch nie so einfach gewesen, in Bio zu arbeiten“, meint Seidemann, der zugibt, in der Umstellung auf seinen vollständig biozertifizierten Betrieb viel Lehrgeld gezahlt zu haben. Sicher, man müsse immer am Ball bleiben, und Zertifizierungen seien nicht immer einfach, man könne sich aber Schritt für Schritt voran arbeiten. Wichtig sei, einmal anzufangen – und einen langen Atem zu haben.
Solange die Kunden Bio im Pflanzenbereich nicht vehement einfordern, würden allerdings nur wenige Gärtner den Umstieg wagen, so Seidemann weiter. Wenn es nicht wehtue, werde sich nichts ändern: „Wir machen es uns zu leicht“, ist er überzeugt.