Skilift auf der Seiser Alm
AP/ESPA/ZUMA
Angst vor Coronavirus

Südtirol beendet vorzeitig Skisaison

Das schwer von der Ausbreitung des Coronavirus getroffene Italien setzt immer drastischere Schritte, um die Folgen der Krise einzudämmen. Neben dem Friaul und dem Trentino stehen ab Mittwoch auch in Südtirol die Skilifte still. Hier gab es mehr als 30 bestätigte Fälle. Im Norden Italiens werden nun Strafen verhängt, sollte jemand grundlos die Sperrzonen verlassen.

In Südtirol verpflichteten sich Gastbetriebe und Seilbahnbetreiber zu einem vorzeitigen Ende der Wintersaison, teilte der Hoteliers- und Gastwirteverband am Montag mit. Die Unternehmen würden ab kommendem Mittwoch bis zumindest 3. April schließen, hieß es. „Unseren Betrieben empfehlen wir, sich zu bemühen, den Gästen im Rahmen der Möglichkeiten Ausweichtermine anzubieten und bei Stornierungen möglichst kulant entgegenzukommen“, wurde mitgeteilt. Die Skilifte in der Lombardei sind bereits gesperrt. Auch im Trentino sollen die Liftanlagen ab Mittwoch schließen, ebenso in Kärntens Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien.

Italien ist besonders stark betroffen und erklärte die Region Lombardei und 14 andere Provinzen zu Sperrzonen. Südtirol gehört an sich nicht zu den Sperrzonen, die Zahl der mit dem Virus Infizierten ist zuletzt aber gestiegen: Bis Montagnachmittag wurden 36 Infektionen gemeldet.

Haft droht bei Verstößen

Wer in Italien die Sperrzonen ohne triftigen Grund verlässt, riskiert inzwischen ein strafe oder gar eine Festnahme. Ausnahmen seien nur bei wichtigen beruflichen und privaten Gründen sowie in gesundheitlichen Notfällen vorgesehen, hieß es von der Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte am Montag.

Strafen für Verlassen von Sperrzonen in Italien

Italien versucht die Ausbreitung des Coronavirus mittlerweile mit drastischen Maßnahmen zu bremsen.

„Wer sich an die Vorschriften nicht hält, verletzt Paragraf 650 des Strafgesetzbuches, der Missachtung von Behördenverordnungen ahndet. Sollte eine Person falsche Ausnahmen zum Ein- und Ausreiseverbot angeben, ist das strafrechtlich verfolgbar“, sagte der Premier im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“. Bei Verstoß gegen Paragraf 650 drohen drei Monate Haft oder eine Geldstrafe von bis zu 206 Euro, berichtete auch der Mailänder „Corriere della Sera“.

Verstärkte Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten

Laut italienischen Medienberichten ordnete das Innenministerium in Rom verschärfte Kontrollen auf Busstationen, Bahnhöfen und Flughäfen an. Auch Straßen und Autobahnen werden verstärkt kontrolliert. Auf Bahnhöfen kann die Temperatur der Reisenden mit Thermoscannern kontrolliert werden. Eine Verlängerung der Schulsperren bis 3. April wurde geprüft. Viele Eltern müssen in diesen schulfreien Tagen auf die Hilfe von Großeltern und Kindermädchen zurückgreifen – oder können nicht zur Arbeit gehen.

Straßensperre in Norditalien
AP/LaPresse/Claudio Furlan
Verstärkte Kontrollen auf den Straßen

Die Zahl der Todesopfer stieg zuletzt auf mehr als 460, die Zahl der bestätigten Infektionen auf knapp 8.000. Seit Sonntag sind ganze Regionen und Städte im Norden abgeriegelt, 16 Millionen Menschen sind betroffen. Beschränkungen gibt es auch in der Wirtschaftsmetropole Mailand und in Venedig. In ganz Italien gibt es vorübergehend keine öffentlichen Gottesdienste – mehr dazu in religion.ORF.at.

Zumindest mit Unannehmlichkeiten ist zu rechnen

Die Regierung in Rom rief Urlauberinnen und Urlauber, einheimische wie ausländische, auf, die Sperrzonen zu verlassen. In den betroffenen Regionen sollten Reisen aus touristischen Gründen unterlassen werden. Flughäfen und Bahnhöfe seien in Betrieb, Touristen könnten nach Hause zurückkehren. Urlauber in anderen Regionen des Landes wurden zu besonderer Vorsicht aufgerufen.

Von den Maßnahmen der italienischen Behörden seien etwa 4.000 Österreicherinnen und Österreicher betroffen, hieß es am Montag aus dem Außenministerium in Wien. In den Roten Zonen halten sich neben Touristen auch etliche Auslandsösterreicher auf, die ihren Lebensmittelpunkt nach Norditalien verlagert haben. Urlauber, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, sollten damit vorerst keine Probleme haben. Im Moment habe man keine Informationen, „dass es Schwierigkeiten beim Rauskommen gibt“, so Ministeriumssprecher Peter Guschelbauer auf Anfrage der APA.

Wer in diesen Tagen Urlaubsreisen antritt, sollte sich dringend über die aktuelle Situation in der Feriendestination informieren, empfahl Guschelbauer mit Nachdruck. Das gelte im Speziellen für Kreuzfahrten. Man müsse – je nach Ferienziel – grundsätzlich damit rechnen, dass einen am Urlaubsort behördliche Maßnahmen oder sonstige Unannehmlichkeiten erwarten.

ÖBB-Personal fährt nur noch bis zur Grenze

Das Personal der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) fährt nur noch bis zur Grenze. „Dann wird der Zug an italienisches Personal übergeben“, hieß es am Montag. In den österreichischen Zielbahnhöfen werden die Züge dann professionell gereinigt und desinfiziert. Die ÖBB betonten, bei ihren Maßnahmen eng mit den Gesundheitsbehörden zusammenzuarbeiten.

Mobilversion: zweimal antippen, um zu zoomen

Die Nachtzugsverbindungen nach Oberitalien hatte das Unternehmen bereits eingestellt. Betroffen davon ist der ÖBB-Nightjet nach Mailand und jener nach Venedig. Die Tagesverbindungen nach Bologna, Udine, Triest, Verona und Venedig bleiben bis auf Weiteres aufrecht, da diese Züge auf italienischer Seite eben von italienischen Partnerbahnen geführt werden.

Revolten in Haftanstalten

Die Restriktionen in Norditalien waren zuletzt auch die Ursache für Revolten in mehreren Haftanstalten bzw. konkret Einschränkungen für den Besuch von Angehörigen dort. Bis Montag kam es zu teils gewalttätigen Protesten in 27 Haftanstalten, es wurden mehrere Todesfälle gemeldet. Das Militär wurde mit der Suche nach entflohenen Häftlingen beauftragt.

In der norditalienischen Stadt Modena wurde die verwüstete Strafanstalt geräumt. Hier gab es sechs Todesopfer. Die circa 570 Insassen wurden in andere Strafanstalten verlegt, berichteten italienische Medien. In Mailand stiegen Insassen in San Vittore auf das Dach der Justizanstalt und forderten eine Amnestie. Proteste gab es auch in den römischen Strafanstalten Rebibbia und Regina Coeli, wo Matratzen und Decken in Brand gesetzt wurden.

Angehörige der Insassen scharen sich um das Poggioreale Gefängnis in Neapel.
Reuters/Ciro De Luca
Vor einigen Gefängnissen versammelten sich Angehörige von Insassen, um die Maßnahmen in Italien zu kritisieren

Die besonderen Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, sollen bis 3. April gelten, hatte es am Sonntag geheißen. Die Gesundheitsbehörden warnten davor, dass die medizinische Versorgung in der Region an ihre Grenzen stoßen könnte, insbesondere die Intensivversorgung. Angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten des Gesundheitssystems könnten Patienten auch auf Krankenhäuser anderer Regionen verteilt werden, sagte die Regierung am Sonntag. Das lombardische Gesundheitswesen, das zu den modernsten weltweit zähle, sei nicht mehr in der Lage, seine Qualitätsstandards zu garantieren.

Personenkontrolle am Bahnhof von Mailand
AP/LaPresse/Claudio Furlan
Polizei und Militär kontrollieren auf dem Mailänder Bahnhof

Personal aus der Pension zurückgerufen

Wegen Personalknappheit wurden Mediziner aus der Pension zurückgerufen. Die italienische Regierung begann am Samstag landesweit, pensionierte Ärztinnen und Ärzte zu reaktivieren. Diese Maßnahme ist Teil eines neuen Notprogramms. Insgesamt sollen 20.000 neue Kräfte für das Gesundheitssystem eingestellt werden.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

„Unsere dunkelste Stunde“

Regierungschef Conte verteidigte die drakonischen Maßnahmen seiner Regierung, an denen viel Kritik laut geworden war. „Das ist unsere dunkelste Stunde, doch wir werden es schaffen“, sagte er im Interview mit der „Repubblica"(Montag-Ausgabe). "Es ist schwierig, in der jetzigen Phase Prognosen zu machen. Wir stehen vor einem neuartigen Virus.“ Aber Italien sei „ein starkes Land“, sagte der parteilose Regierungschef.

Italiens Oppositionschef Matteo Salvini forderte hingegen noch drastischere Maßnahmen: eine Sperrzone für ganz Italien. „Wir müssen das Land schützen, indem wir die Notmaßnahmen der sogenannten roten Zonen auf die gesamte Nation ausweiten“, erklärte der Chef der rechten Lega am Montag. Die Regierung in Rom, die Europäische Union und die Europäische Zentralbank sollten umgehend handeln, um die wirtschaftlichen Schäden der Krise auszugleichen.