Soldaten und Polizisten überprüfen Reisende am Bahnhof von Mailand
AP/Antonio Calanni
Coronavirus

Ganz Italien wird zur Sperrzone

Das Motto lautet: „Ich bleibe zu Hause.“ Die italienische Regierung weitet Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wegen der Coronavirus-Krise auf das ganze Land aus. „Wir müssen alle auf etwas verzichten“, kündigte Premier Giuseppe Conte an. Die Grenzen sollen aber offen bleiben.

Conte rief die Italiener zu Verantwortungsbewusstsein auf. Die öffentliche Gesundheit habe über alles den Vorrang. Daher seien die Bürger zu Opfern und zur Änderung ihres Lebensstils aufgerufen. Nach dem Slogan „Ich bleibe zu Hause“ solle die Reisefreiheit stark eingegrenzt werden. Auch Versammlungen im Freien sollen verboten werden, sagte Conte.

Als Vorbild dienen die Maßnahmen, die seit Sonntag bereits in der Lombardei sowie in 14 norditalienischen Regionen gelten. Italiener werden nicht ausreisen dürfen, Ausnahmen sind nur bei nachgewiesenen dringenden beruflichen oder familiären Verpflichtungen und in gesundheitlichen Notfällen vorgesehen. Das Schengen-Abkommen soll aber nicht ausgesetzt werden. „Es ändert sich nichts. Die Einschränkungen betreffen die Reisen der Italiener. Wir werden jedenfalls die Einreisen nach Italien kontrollieren“, erklärte der Premier.

Ganz Italien zur Sperrzone erklärt

Die italienische Regierung weitet Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wegen der Coronavirus-Krise auf das ganze Land aus. Das sagte Premierminister Giuseppe Conte am Montagabend.

„Wir müssen alle auf etwas verzichten. Wir werden die Epidemie besiegen, wenn wir noch drastischere Maßnahmen zum Schutz unserer Bürger ergreifen. Wir schaffen keine ́rote Zone, sondern ganz Italien wird zur geschützten Zone“, kündigte Conte an. Schulen, Kindergärten und Universitäten bleiben bis zum 3. April geschlossen.

Sorge im Süden

Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln soll es zu keinen Beschränkungen kommen. Man wolle somit den Menschen erlauben, zur Arbeit zu gehen. Sportliche Veranstaltungen sollen ganz ausgesetzt werden. Conte erklärte, die 20 italienischen Regionen seien mit den beschlossenen Maßnahmen einverstanden.

Das Land kämpft gegen eine rapid steigende Zahl von Infizierten. Mittlerweile haben sich fast 10.000 Menschen angesteckt, mehr als 460 sind gestorben. Die neue Regelung soll ab Dienstag gelten.

Folge der Quarantänemaßnahmen ist auch, dass Süditalienerinnen und Süditaliener den Norden des Landes nicht verlassen dürfen. Allerdings hatten sich viele nicht daran gehalten. Es gab Berichte über einen regelrechten Sturm auf Busse und Züge in Richtung Süden nach Bekanntgabe der Notfallmaßnahmen. Viele Süditaliener hatten schon am Sonntag versucht, aus der Lombardei nach Hause zu reisen. In Süditalien, das zumindest offiziell noch keine hohen Infektionszahlen hat, ging die Angst vor infizierten Norditalienern um.

Verstärkte Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten

Wer aus den gesperrten Gebieten komme, müsse umgehend in zweiwöchige Quarantäne, beschlossen die Präsidenten der sechs süditalienischen Regionen. Flug- und Bahngesellschaften sowie Autobahnbetreiber wurden zur Meldung von Reisenden aus den norditalienischen Sperrzonen aufgerufen. „Bringt die norditalienische Epidemie nicht nach Apulien, indem ihr in den Süden flüchtet. Die Gefahr ist, dass ihr eure Angehörigen mit dem Virus ansteckt, das bereits das lombardische Gesundheitssystem in die Knie gezwungen hat“, sagte etwa der Präsident der Region Apulien, Michele Emiliano, an seine Landsleute in Norditalien gerichtet.

Laut italienischen Medienberichten ordnete das Innenministerium in Rom verschärfte Kontrollen auf Busstationen, Bahnhöfen und Flughäfen an. Auch Straßen und Autobahnen werden verstärkt kontrolliert. Auf Bahnhöfen kann die Temperatur der Reisenden mit Thermoscannern kontrolliert werden. Auf den Zugangsstraßen zu den Metropolen gibt es Polizeikontrollen: Autofahrer können aufgefordert werden zu begründen, warum sie unterwegs sind. Vor allem an den Einfahrten nach Mailand würden Autofahrer kontrolliert, wie italienische Medien berichteten.

Andrang auf Supermärkte

In der Nacht wurden wenige offene Supermärkte gestürmt. In Turin, Rom und Neapel bildeten sich Schlangen von Kunden und Kundinnen. Sie konnten nur in kleinen Gruppen die Supermärkte betreten, wie italienische Medien berichteten. In Palermo musste die Polizei eingreifen, um Handgreiflichkeiten unter verärgerten Kunden in der Warteschlange vor einem Supermarkt zu verhindern.

Daraufhin kündigte die Regierung an, dass es keine Engpässe bei der Lieferung von Lebensmitteln und anderen Waren geben werde. Den Italienern sei es nicht verboten, das Haus zu verlassen, um einzukaufen. Es bestehe daher kein Grund, Lebensmittel zu horten.

Zumindest mit Unannehmlichkeiten ist zu rechnen

Das österreichische Außenministerium rief Österreicherinnen und Österreicher in Italien zur Rückkehr nach Österreich auf. Die Regierung in Rom hatte auch Urlauberinnen und Urlauber, einheimische wie ausländische, aufgerufen, die Sperrzonen zu verlassen. In den betroffenen Regionen sollten Reisen aus touristischen Gründen unterlassen werden, hieß es am Sonntag in einem Schreiben des Verkehrsministeriums in Rom.

Von den Maßnahmen der italienischen Behörden seien etwa 4.000 Österreicherinnen und Österreicher betroffen, hieß es am Montag aus dem Außenministerium in Wien. In den roten Zonen hielten sich neben Touristen auch etliche Auslandsösterreicher auf, die ihren Lebensmittelpunkt nach Norditalien verlagert haben.

Das Personal der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) fährt nur noch bis zur Grenze. „Dann wird der Zug an italienisches Personal übergeben“, hieß es am Montag. In den österreichischen Zielbahnhöfen werden die Züge dann professionell gereinigt und desinfiziert. Die ÖBB betonten, bei ihren Maßnahmen eng mit den Gesundheitsbehörden zusammenzuarbeiten.

AUA streicht weitere Italien-Flüge

Die Austrian Airlines (AUA) stellen die Flüge von Wien nach Venedig, Mailand und Bologna temporär ein. Der behördliche Flugstopp des österreichischen Gesundheitsministeriums macht laut AUA den Anflug nicht mehr möglich. Die Sperre gilt ab dem 10. März bis voraussichtlich Ende März. Die Flüge nach Rom und Neapel sollten vorerst weiterhin angeboten werden – mehr dazu in wien.ORF.at.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

In Österreich werden seit Dienstag unangekündigte, punktuelle Gesundheitschecks durch mobile Teams an Grenzübergängen zu Italien durchgeführt. So soll es Fieberchecks am Grenzübergang Thörl-Maglern geben, ebenso auf dem Brenner, an den Grenzen bei Sillian in Osttirol und auf dem Reschenpass – mehr dazu in kaernten.ORF.at.