EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
Coronavirus und Wirtschaft

EU kündigt Milliardenfonds an

Nachdem die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie immer deutlicher werden, will die EU geschlossen gegensteuern. Nach eine Videokonferenz mit den 27 Staats- und Regierungschefs kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Dienstagabend einen Fonds, dotiert mit bis zu 25 Mrd. Euro, an. Für Differenzen sorgen nationale Ausfuhrbeschränkungen für medizinische Produkte.

„Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, damit die europäische Wirtschaft diesem Sturm widersteht“, sagte von der Leyen. Eine Maßnahme sei ein Investitionsfonds für den Gesundheitssektor und Unternehmen, der „schnell“ ein Volumen von 25 Mrd. Euro erreichen könne.

Die Kommissionschefin kündigte darüber hinaus an, dass Brüssel sicherstellen werde, dass Mitgliedsstaaten Unternehmen bei Bedarf auch Staatshilfen gewähren könnten. Außerdem werde man die Flexibilität im Stabilitäts- und Wachstumspakt nutzen, um Regierungen Spielraum zu geben. Sie wolle dazu beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag Vorschläge unterbreiten.

„Wir sind uns einig“

Die EU will laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) außerdem alles unternehmen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. „Wir sind uns einig, dass die Coronavirus-Krise eine sehr ernstzunehmende ist und wir alles unternehmen müssen, um eine weitere Ausbreitung des Virus bestmöglich hinauszuzögern und die Anzahl der Infektionen zu reduzieren“, teilte er nach der Videokonferenz mit.

Bundeskanzler Kurz zu den Maßnahmen gegen das Coronavirus

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spricht über die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.

Dazu sollen die Gesundheits- bzw. Innenminister der EU ab sofort tägliche Telefonkonferenzen abhalten, um Informationen auszutauschen. Darüber hinaus gebe es ein Verständnis innerhalb der EU, dass in der jetzigen Phase nationale Vorkehrungen getroffen werden müssen, um weitere Ansteckungen einzudämmen, erklärte Kurz.

Rigorose Maßnahmen

Bei der Videokonferenz mit den EU-Regierungschefs habe er die Maßnahmen Österreichs im Detail erklärt, sagte Kurz. Die Regierung hatte zuvor am Dienstag im Kampf gegen das Coronavirus erstmals drastische Maßnahmen verkündet, die das öffentliche Leben in Österreich in den kommenden Wochen stark beeinträchtigen werden. Bis 3. April werden größere Veranstaltungen inklusive Demonstrationen verboten. Es gibt einen Einreisestopp aus Italien, nur Österreicher sollen zurückgeholt werden. Universitäten schließen ebenfalls.

EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, es gebe „vier Prioritäten“: die Eindämmung der Verbreitung des Virus, die Beschaffung medizinischer Ausrüstung, die Förderung der Forschung nach einem Impfstoff und das Vorgehen gegen die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Krise.

Kritik am Bunkern von Medizinprodukten

Für Kritik unter den Mitgliedsstaaten und im Europaparlament hatte unter anderem gesorgt, dass Länder wie Deutschland die Ausfuhr von Schutzbekleidung und Atemmasken beschränkt haben. „Es muss sichergestellt werden, dass der Binnenmarkt richtig funktioniert und ungerechtfertigte Hindernisse vermieden werden“, sagte Michel. Dabei müsse „besondere Beachtung“ auf die EU-weite Versorgung mit Masken und Beatmungsgeräten für Intensivstationen gelegt werden.

„Keinen Platz für Instabilität lassen“

Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte die Union zu umfassendem Handeln auf. „Europa muss alles tun, was auf gesundheitlichem und auf wirtschaftlichem Gebiet nötig ist.“ Angesichts der Situation „dürfen wir keinen Platz für Spekulationen und Instabilität lassen“, schrieb der französische Staatschef auf Twitter. Der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel rief seine Amtskollegen dazu auf, nationale Maßnahmen zu koordinieren. Das Vorgehen solle auf gemeinsamen Leitlinien basieren, damit alle EU-Staaten besser gerüstet gegen die Ausbreitung des Virus und die Folgen vorgehen könnten.

Ratspräsident Michel teilte mit, dass er vorhabe, den nächsten EU-Gipfel in Brüssel am 26. und 27. März wie geplant stattfinden zu lassen. Das Europaparlament stellt dagegen mit Mittwoch für eineinhalb Wochen seine parlamentarischen Aktivitäten ein. Außerdem werde die nächste Plenarsitzung verkürzt und von Straßburg nach Brüssel verlegt, hieß es Dienstagnachmittag. Die Plenarsitzung diese Woche war bereits nach Brüssel verlegt und auf einen Tag verkürzt worden.