Die Zahl der Infektionen stieg auf rund 10.149, teilten die Behörden in Rom mit. Knapp 900 Menschen würden intensivmedizinisch behandelt, etwa 1.000 seien bereits wieder genesen, hieß es Dienstagabend. Bei einem Treffen mit den Chefs der Oppositionsparteien sagte der italienische Regierungschef Giuseppe Conte, dass er weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens aktuell nicht ausschließe. „Die Regierung ist bereit, alle notwendigen Maßnahmen zur rigorosen Bekämpfung der Infektion zu setzen.“
Die Lombardei warnte erneut vor einem Kollaps des Gesundheitssystems, sollte die Zahl der Neuinfektionen nicht bald sinken. Mehrere hundert Menschen liegen dort auf Intensivstationen. „Die Krankenhäuser der Provinzen Bergamo und Cremona sind am Rande ihrer Kapazitäten. Wir überlegen, Betten auch auf Messegeländen und in Hotels aufzustellen“, erklärte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera. Patienten sollen in Krankenhäusern der Nachbarregionen untergebracht werden.
Reisewarnung und rigorose Maßnahmen
Vom Außenministerium in Wien gibt es seit Dienstag eine volle Reisewarnung für Italien. Die Sicherheitsstufe wurde auf die höchste Stufe, Stufe sechs, hinaufgesetzt. Reisenden wird dringend nahegelegt, nach Österreich zurückzukehren.
Italien hat im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus seit dem Wochenende rigorose Vorkehrungen getroffen, die eine weitere Ausbreitung des Virus verhindern sollen. Erst waren 15 Provinzen in Norditalien zu Sperrzonen erklärt worden, am Montag wurden die Maßnahmen auf das ganze Land ausgedehnt.
„Wir müssen alle auf etwas verzichten. Wir werden die Epidemie besiegen, wenn wir noch drastischere Maßnahmen zum Schutz unserer Bürger ergreifen. Wir schaffen keine ́rote Zone, sondern ganz Italien wird zur geschützten Zone“, kündigte Conte an. Schulen, Kindergärten und Universitäten bleiben bis zum 3. April geschlossen. Das Motto laute: „Ich bleibe zu Hause.“ Conte erklärte, die 20 italienischen Regionen seien mit den beschlossenen Maßnahmen einverstanden.
Kontrollen an der italienischen Grenze
Die Grenzen zu Italien werden geschlossen, um zu verhindern, dass mit Coronavirus infizierte Personen nach Österreich kommen. Für Italiener gilt ab Mittwoch ein Einreisestopp.
Römische Tourismushotspots gesperrt
In Rom wurden der Trevi-Brunnen und andere touristische Wahrzeichen geschlossen. Auch weitere bekannte römische Monumente wie das Kolosseum, das Pantheon und das Palatinum sperren vorerst für die Öffentlichkeit. Geschlossen sind außerdem der Petersdom und die Vatikanischen Museen. Der Vatikan sperrte am Dienstag den Petersplatz in Rom für die Öffentlichkeit.
Folge der Quarantänemaßnahmen ist auch, dass Süditalienerinnen und Süditaliener den Norden des Landes nicht verlassen dürfen. Allerdings hatten sich viele nicht daran gehalten. Es gab Berichte über einen regelrechten Sturm auf Busse und Züge in Richtung Süden nach Bekanntgabe der Notfallmaßnahmen am Montag. Viele Süditaliener hatten schon am Sonntag versucht, aus der Lombardei nach Hause zu reisen. In Süditalien ging die Angst vor infizierten Norditalienern um.
Verstärkte Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten
Wer aus den gesperrten Gebieten komme, müsse umgehend in zweiwöchige Quarantäne, beschlossen die Präsidenten der sechs süditalienischen Regionen. Flug- und Bahngesellschaften sowie Autobahnbetreiber wurden zur Meldung von Reisenden aus den norditalienischen Sperrzonen aufgerufen.
„Bringt die norditalienische Epidemie nicht nach Apulien, indem ihr in den Süden flüchtet. Die Gefahr ist, dass ihr eure Angehörigen mit dem Virus ansteckt, das bereits das lombardische Gesundheitssystem in die Knie gezwungen hat“, sagte etwa der Präsident der Region Apulien, Michele Emiliano, an seine Landsleute in Norditalien gerichtet.
Laut italienischen Medienberichten ordnete das Innenministerium in Rom verschärfte Kontrollen auf Busstationen, Bahnhöfen und Flughäfen an. Auch Straßen und Autobahnen werden verstärkt kontrolliert. Auf Bahnhöfen kann die Temperatur der Reisenden mit Thermoscannern kontrolliert werden. Auf den Zugangsstraßen zu den Metropolen gibt es Polizeikontrollen: Autofahrer können aufgefordert werden, zu begründen, warum sie unterwegs sind. Vor allem an den Einfahrten nach Mailand würden Autofahrer kontrolliert, wie italienische Medien berichteten.
Gefängnisrevolten gehen weiter
Bei den Revolten, die seit dem Wochenende in rund 30 italienischen Haftanstalten ausgebrochen sind, steigt die Zahl der Opfer. Bis Dienstagnachmittag wurden elf Tote und mehrere Verletzte verzeichnet. Allein in der Strafanstalt der norditalienischen Stadt Modena stieg die Zahl der Todesopfer nach Unruhen am Dienstag auf acht. Drei Insassen kamen im Gefängnis der Stadt Rieti nördlich von Rom ums Leben. Bei heftigen Protesten in der Strafanstalt in Rieti plünderten einige Sträflinge die Krankenabteilung des Gefängnisses und nahmen Medikamente, vermutlich Methadon, ein. Drei Personen starben an einer Überdosis, fünf weitere landeten im Spital, berichteten italienische Medien.
Grund für die Unruhen sind auch Maßnahmen gegen das Coronavirus. So wurden Besuche von Verwandten ausgesetzt. Die Insassen beklagten außerdem schlechte hygienische Zustände in den stark überfüllten Strafanstalten. Laut italienischen Medienberichten flohen rund 50 Gefangene aus der Strafanstalt der süditalienischen Stadt Foggia, rund 30 wurden wieder festgenommen.