Eine Frau und zwei Männer sitzen an der Theke einer Bar
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Restaurants und Co.

Soziales Leben in Zeiten des Coronavirus

Das Gesundheitsministerium hat am Mittwoch Informationen zum Erlass veröffentlicht, mit dem Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen nach Paragraf 15 Epidemiegesetz geregelt werden sollen. Durch die veröffentlichten Details wird auch klar, wie es mit dem sozialen Leben, etwa Restaurantbesuchen, Discoabenden, Hallenbad und Ähnlichem, aussieht. Diese Regelungen gelten vorerst bis 3.4.2020.

In dem Erlass werden alle Versammlungen mit mehr als 100 Menschen in geschlossenen Räumen und über 500 im Freien untersagt. Nicht davon betroffen sind Parlamente, Landtage und sonstige Sitzungen öffentlicher Organe. Formal handelt es sich hierbei um einen Erlass des Sozialministeriums an die Länder zu Veranstaltungen, die „ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen“ nach sich ziehen.

Diesem zufolge gilt das oben beschriebene Versammlungsverbot für Veranstaltungen, die „in Betrieben, Unternehmen, Schulen, im hochschulischen Betrieb, Kindergärten, Pflegeheimen, zu religiösen Zwecken oder in touristischen Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten abgehalten werden sollen“. Explizit werden auch Schulausflüge genannt.

Restaurants und Lebensmittelhandel gelten als Ausnahmen

Ebenfalls betroffen sind damit Menschenansammlungen in Bädern, Wellnessbereichen, Fitnesseinrichtungen, aber auch Veranstaltungen von Vereinen oder private Veranstaltungen, wie Hochzeiten und Begräbnisse. Zu beachten ist, dass dabei die tatsächlich anwesende Personenanzahl (inkl. Personal) ausschlaggebend ist, nicht das theoretische Fassungsvermögen einer Veranstaltungsörtlichkeit. Auch Flohmärkte sind betroffen – jener am Wiener Naschmarkt wird im betreffenden Zeitraum etwa nicht stattfinden, wie der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker am Mittwoch sagte.

Ausgenommen sind neben politischen und Gesundheitseinrichtungen Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts, des Bundesheers, der Rettungsorganisationen und der Feuerwehr. Ausgeklammert ist auch der öffentliche Personenverkehr, Betriebsversammlungen können ebenfalls durchgeführt werden. Ebenso offen halten können Lebensmittelhandel, Einkaufszentren und gastronomische Einrichtungen, die „hauptsächlich für die Verabreichung von Speisen“ zugelassen sind, also Restaurants und andere ähnliche Lokale.

Größere Diskotheken und Bars betroffen

Treffen werden die Restriktionen allerdings größere Diskotheken und Bars. Denn für sie gilt eine maximale Belagszahl von 100 Gästen (pro Raum) wie bei sonstigen Indoor-Veranstaltungen, stellte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nach dem Ministerrat am Mittwoch klar.

Am Vortag war noch davon die Rede, dass auch in Restaurants pro Speiseraum nur 100 Plätze vergeben werden dürfen. Dass das verworfen wurde, begründete Anschober damit, dass rechtlich eine Differenzierung zu Kantinen schwierig wäre, und diese wolle man in jedem Fall offen lassen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mahnte bei Studierenden ein, dass diese die vorlesungsfreie Zeit nicht zum Zelebrieren typischer Wohnheimpartys nützen sollten. Denn sie sollten daran denken, dass sie selbst Überträger sein könnten.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: QuickHoney/ORF.at

Bis hin zu Betriebsschließungen

Ebenfalls Vorsorge getroffen hat man, um allenfalls Betriebe in ihrer Tätigkeit einschränken oder diese schließen zu können. Hier wurde eine Verordnung entsprechend geändert, die bisher diese Möglichkeit nur für bestimmte aufgelistete Krankheiten wie Cholera und Pest vorsah.

Schließlich wurde noch klargestellt, wie es mit der Einreise aus Italien weitergeht. Per Verordnung wird festgehalten, dass diese nur noch bei Grenzübergangsstellen möglich ist. Nach Österreich kommen dürfen Staatsbürger sowie Personen mit Haupt- oder Nebenwohnsitz im Land. Sie alle müssen sich einer 14-tägigen Quarantäne unterziehen, die nur abgebrochen wird, wenn in dieser Periode ein negativer Test vorgelegt wird.

Auch andere Personengruppen wird die Einreise ermöglicht, wenn sie gesund sind und ein maximal vier Tage altes Attest vorlegen können, wonach der molekularbiologische Test auf SARS-CoV-2 negativ ist. Die Durchreise durch Österreich soll möglich bleiben, Güter- und gewerblicher Verkehr (mit Ausnahme von Personentransporten) sind von der Verordnung ausgenommen. Schließlich wird auch noch formal der Flug- und Zugsverkehr nach Italien für eingestellt erklärt.

Anschober: Sozialkontakte reduzieren

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) rief am Mittwoch die Bevölkerung erneut dazu auf, Sozialkontakte möglichst zu reduzieren. Ein „großer Teil“ der Lösung sei die Bevölkerung selbst, sagte er nach dem Ministerrat. Angesichts der Fallzahlen sagte er, man sehe „eine schrittweise signifikante Steigerung in den letzten Tagen“. Die am Vortag präsentierten teils einschneidenden Maßnahmen seien „nur Teil der Lösung“, betonte der Minister. Alle würden mit ihren Sozialkontakten entscheiden, „ob wir diese Ansteckungskette reduzieren können“. Denn: „Ein Viertel weniger Sozialkontakte bedeutet nahezu eine Halbierung des Ansteckungsrisikos.“

„In Wirklichkeit geht es um Solidarität“, rief der Gesundheitsminister auch die nicht Gefährdeten dazu auf, die Kontakte zu reduzieren. Und angesichts zahlreicher Rückmeldungen aus der Bevölkerung (etwa dass bereits auf Feste verzichtet werde) ortete Anschober auch Verständnis und Mithilfe: „Es ist etwas im Entstehen wie ein neues ‚Team Österreich‘.“

Bundesmuseen geschlossen

Stark von dem Erlass ist das Kulturleben betroffen. Es gibt zahlreiche Schließungen und Absagen. Die österreichischen Bundesmuseen werden als Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus nicht mehr aufsperren und zumindest bis Ende März geschlossen bleiben. Nach Vorliegen des ausformulierten Erlasses der Regierung habe sich die Bundesmuseen-Direktorenkonferenz in der Nacht entschlossen, einer entsprechenden Empfehlung zu folgen, sagte Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB).

Die Formulierungen des Erlasses hätten Interpretationsspielraum gelassen, so Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder. Man habe aber eine einheitliche Lösung für alle Häuser angestrebt, die der Empfehlung des Bundeskanzleramtes und des Kunst- und Kulturstaatssekretariats Folge leiste. Die Albertina sagte den Pressetermin am Mittwoch für die neue Albertina modern ab und verzichtet auch auf die für Freitag vorgesehene erstmalige Publikumsöffnung der neuen Räumlichkeiten im renovierten Künstlerhaus. Man hoffe, im April aufsperren zu können, und werde dann auch die abgesagten Eröffnungsfeierlichkeiten nachholen.

Lesesäle in ÖNB zu

Die ÖNB schließt auch ihre Lesesäle, sagte Rachinger, die derzeit den Vorsitz der Bundesmuseen-Direktorenkonferenz innehat. In den vergangenen Tagen seien vor allem in den normalerweise stark von Touristen und Touristinnen frequentierten Museen große Besuchereinbußen zu verzeichnen gewesen. Auch zahlreiche eingemietete Veranstaltungen seien bereits von Kunden abgesagt worden. Der Entfall von Eintrittsgeldern und Mieteinnahmen werde in den Museen zu einer schwierigen wirtschaftlichen Situation führen, die sicher thematisiert werden müsse. „Es wird schwierig werden, unsere Budgets zu halten.“ In der Steiermark werden die Häuser des Universalmuseums Joanneum geschlossen – mehr dazu in steiermark.ORF.at und auch in Niederösterreich gibt es zahlreiche Schließungen und Absagen – mehr dazu in noe.ORF.at.

Diagonale abgesagt

Die Kinos sehen die neuen Maßnahmen so, dass die 100 Besucherinnen und Besucher nicht für das ganze Kino, sondern pro Vorstellung gemeint sind. So hieß es vonseiten der Cineplexx-Kette: „Während die Anzahl der Vorstellungen unverändert bleibt, beschränken wir die Anzahl der Plätze für eine Vorstellung auf unter 100 Personen.“ Genauso wollen es auch etwa das Gartenbaukino und das Filmmuseum halten. Das Filmfestival Diagonale in Graz wurde am Mittwoch abgesagt. Laut den Veranstaltern war keine Verschiebung oder abgespeckte Version möglich – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

In kleinen Theatersälen wird das Programm einstweilen fortgesetzt. Sowohl die Staatsoper als auch das Theater in der Josefstadt, das Wiener Konzerthaus und das Volkstheater (mit seiner Baustellenersatzlocation im MuseumsQuartier) sagten bis Ende März alle Vorstellungen ab. Premieren und Konzerte werden, so das überhaupt möglich ist, auf April verschoben – mehr dazu in wien.ORF.at.