Ein Plakat mit einem Bild des ermordeten slowakischen Intestigativjournalisten Jan Kuciak and seiner Verlobten Martina Kusnirova
Reuters/Radovan Stoklasa
Mordfall Kuciak

13 Richter in Slowakei verhaftet

Eine Spezialeinheit der slowakischen Polizei hat am Mittwoch 13 teils hochrangige Richter und mehrere andere Personen wegen Korruptionsverdachts festgenommen. Es geht um den Fall, der das Nachbarland seit Jahren erschüttert: den Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter Martina Kusnirova und die Versuche, die Aufklärung zu behindern.

Von Medien veröffentlichte Fotos und Videos der beispiellosen Verhaftungswelle belegen, dass offenbar jene Vertreter der Justiz betroffen sind, die im Zuge der Ermittlungen zum Mord an Kuciak im Februar 2018 in Verdacht geraten waren.

Der als mutmaßlicher Auftraggeber des Journalistenmordes angeklagte Unternehmer Marian Kocner soll bereits davor jahrelang systematisch Richter bestochen haben, die über seine zahlreichen Betrugsfälle zu entscheiden hatten. Zu den von den Medien dokumentierten Verhafteten gehören die ehemalige Justizstaatssekretärin Monika Jankovska und die stellvertretende Vorsitzende des Obersten Gerichts der Slowakei.

Großdemo in Bratislava
APA/AFP/Joe Klamar
Wenige Tage vor der Parlamentswahl erinnerten Zehntausende im Februar in Bratislava an den Doppelmord.

Operation „Sturm“

Die Polizei selbst teilte ohne konkrete Namensnennung auf ihrer Facebook-Seite mit, bei der Aktion unter dem Codenamen „Sturm“ seien insgesamt 13 aktive Richter, eine ehemalige Richterin, eine Konkursverwalterin, eine Anwältin und zwei Zivilpersonen festgenommen worden. Vorgeworfen würden ihnen Korruption und Amtsmissbrauch sowie Vereitelung von Gerichtsverfahren und Gefährdung der Unabhängigkeit der Justiz. Nach Medieninformationen wurden einzelne Festgenommene dem wegen eines Betrugsdelikts im Gefängnis sitzenden Angeklagten Kocner gegenübergestellt.

Mafia-Verbindungen in höchste Kreise

Der Millionär Kocner ist in einem seit dem 13. Jänner dieses Jahres laufenden Gerichtsverfahren angeklagt, den Mord am Investigativjournalisten Kuciak und dessen Verlobter Kusnirova in Auftrag gegeben zu haben. Kuciak und Kusnirova waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus erschossen worden in ihrem Dorf Velka Maca, 65 Kilometer östlich von Bratislava, erschossen worden. Kuciaks unvollendeter Artikel über die Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und slowakischen Politikern wurde nach seinem Tod veröffentlicht.

Der Aufdeckerreporter des Nachrichtenportals Aktuality.sk hatte über Mafia-Verflechtungen bis zu höchsten Ebenen slowakischer Regierungskreise recherchiert. Und Kuciak hatte immer wieder über zweifelhafte Geschäfte des Unternehmers Kocner geschrieben. Auch mit betrügerischen Machenschaften im Zusammenhang mit EU-Fördergeldern für die Landwirtschaft sowie mit den Geschäften von Kocners zahlreichen Unternehmen hatte sich Kuciak befasst.

Personen zünden vor einem Herz mit einem Bild des ermordeten slowakischen Intestigativjournalisten Jan Kuciak and seiner Verlobten Martina Kusnirova Kerzen an
AP/CTK/Dalibor Gluck
Der Doppelmord hat die slowakische Gesellschaft politisiert. Der Kampf gegen die Korruption ist seither ein zentrales Thema.

Polizei reagierte auf Drohanruf nicht

Kocner hatte Kuciak überwachen lassen und bedrohte den Journalisten am Telefon, wie dessen ehemaliger Chefredakteur Peter Bardy im September 2017 erklärte. Kuciak hatte den Drohanruf bei den Behörden gemeldet, es geschah jedoch nichts. Medienberichten zufolge unterhielt Kocner Verbindungen zu Mitgliedern der sozialdemokratischen Regierungspartei Smer-SD, für den Mord sollen 70.000 Euro gezahlt worden sein.

Der Mord an dem Journalisten und die postume Veröffentlichung seines Artikels hatten Massendemonstrationen gegen die Regierung ausgelöst und schließlich zum Rücktritt des dreimaligen Ministerpräsidenten Robert Fico sowie seines Innenministers Robert Kalinak und schließlich auch des Polizeipräsidenten Tibor Gaspar geführt.

Verstrickte Partei nun abgewählt

Die Smer-SD konnte die Regierung mit anderer Besetzung jedoch fortführen. Zwei Jahre später wurde die linkspopulistische Partei bei den Parlamentswahlen vor eineinhalb Wochen aber schwer abgestraft. Sie kam nur noch auf 18,3 Prozent und 38 Sitze und wird aller Voraussicht nach nicht Teil der nächsten Regierung sein.

Mit der Regierungsbildung beauftragt ist derzeit die populistische Partei OLANO des Unternehmers Igor Matovic. Sie kam auf mehr als 25 Prozent der Stimmen – mehr als doppelt so viel wie 2016. Wenige Wochen vor der Wahl war OLANO (das Kürzel steht für „Gewöhnliche Menschen und unabhängige Persönlichkeiten“) in Umfragen gar unter zehn Prozent gelegen.