US-Präsident Trump während einer Ansprache
APA/AFP/Doug Mills
Coronavirus

Trump stoppt Einreisen aus Europa

Die USA verhängen ein 30-tägiges Einreiseverbot für Reisende aus Europa. Die überraschende Maßnahme im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie solle von Freitagmitternacht an gelten, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend in seiner Ansprache zur Eindämmung der Ansteckungswelle an. Und er übt Kritik am Kampf gegen die Epidemie in Europa.

Großbritannien ist von den Einschränkungen ausgenommen. Ein EU-Diplomat sagte, man sei nicht vorab über die Maßnahme informiert worden. Das US-Staatsoberhaupt kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Erkrankungswelle zu dämpfen. Allerdings fielen erste Reaktionen auf dem Finanzmarkt negativ aus.

Die Reisebeschränkungen gelten nicht für US-Bürger, die in ihre Heimat zurückreisen wollen. Das US-Außenministerium rief Amerikaner auf, geplante Reisen ins Ausland zu überdenken. In vielen Gegenden der Welt gebe es Ausbrüche, und die Gegenmaßnahmen könnten die Bewegungsfreiheit der Reisenden beschränken, etwa durch Quarantäne oder geschlossene Grenzen, warnte das Ministerium.

Trump kritisiert Krisenmanagement in EU

Trump begründete die Schließung der Grenzen für Menschen aus Europa mit dem seiner Ansicht nach schlechten Krisenmanagement: „Die Europäische Union hat dabei versagt, dieselben Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und Reisebeschränkungen für China und andere Schwerpunkte der Seuche zu erlassen“, sagte er in einer Fernsehansprache.

„In der Folge sind eine Reihe von Ansteckungsherden in den USA durch Reisende aus Europa entstanden.“ Bereits vergangenen Monat hatten die USA Reisebeschränkungen für China erlassen. Ein EU-Diplomat sagte, es habe keine Hinweise und auch keine Koordinierungen mit der Europäischen Union gegeben. Von einer EU-Delegation in Washington war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Unterdessen untersagte auch Saudi-Arabien laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens Reisen in eine Reihe anderer Länder, um einer Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen. Es sollen auch Flugreisen von und zur EU befristet verboten werden.

EU weist Vorwurf zurück

EU-Ratspräsident Charles Michel warnte vor wirtschaftlichen Folgen durch das gegen Europäer verhängte Einreiseverbot der USA. „Wirtschaftliche Störung muss vermieden werden“, so Michel. Die Europäische Union werde den Einreisestopp gegen Europäer noch am Donnerstag prüfen. „Europa trifft alle notwendigen Maßnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, die Zahl der Betroffenen zu begrenzen und Forschung zu fördern“, so Michel.

Gemeinsam mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kritisierte Michel den Einreisestopp. „Die Europäische Union missbilligt die Tatsache, dass die US-Entscheidung eines Einreisestopps einseitig und ohne Rücksprache getroffen wurde. Die Europäische Union handelt entschlossen, um die Ausbreitung des Virus zu begrenzen.“ Das Coronavirus sei eine globale Krise und nicht auf einen Kontinent begrenzt, es brauche eine Zusammenarbeit statt einseitiger Aktionen.

Krisensitzung der Kommission

Von der Leyen rief ihre wichtigsten Kommissare zu einer Krisensitzung zusammen. Es gehe um eine Einschätzung des Einreisestopps für Menschen aus Europa, aber auch die Entwicklung in Italien, die Lageeinschätzung der EU-Gesundheitsbehörde ECDC und andere wichtige Fragen. Sie nannte als Themen auch die von einigen EU-Staaten verhängten Grenzkontrollen sowie die Bereitstellung von Schutzausrüstung und ein Paket zur Stützung der europäischen Wirtschaft.

Handel nicht betroffen

Nach seiner Rede hatte Trump getwittert, Handel und Frachtverkehr seien in keiner Weise betroffen. „Die Restriktionen stoppen Menschen, keine Waren“, schrieb Trump. Der frühere leitende Mitarbeiter des US-Handelsministeriums, William Reinsch, warnte, die Reisebeschränkungen seien „enorm disruptiv“, auch wenn der Präsident klargestellt habe, dass der Handel nicht betroffen sei.

Neue Probleme für Airlines

Der angekündigte Einreisestopp dürfte aber den Airlines zusätzlich zu schaffen machen: Die Aktien von American Airlines, Delta und United gaben vorbörslich um mehr als zehn Prozent nach, die Papiere von Spirit Airlines, JetBlue, Alaska Air und Southwest verloren bis zu knapp neun Prozent.

Trump mobilisiert gegen „ausländisches Virus“

Vor dem Hintergrund erneuter Kurseinbrüche an der Wall Street kündigte Trump zudem Hilfsmaßnahmen für Angestellte an, die erkrankt sind, sich in Quarantäne befinden oder am Virus erkrankte Menschen betreuen. Staatliche Unterstützung sollten auch Firmen erhalten, die von den Infektionen betroffen seien. Dazu zähle das Verschieben von Steuerzahlungen.

„Wir mobilisieren die gesamte Kraft der Regierung und des privaten Sektors, um die Menschen in Amerika zu schützen“, sagte er. „Das ist der entschiedenste und umfangreichste Einsatz in der modernen Geschichte, um ein ausländisches Virus zu bekämpfen.“

Enttäuschung an Börsen

Die Wirtschaft reagierte enttäuscht auf die Ankündigungen. „Der Markt applaudiert der Rede des Präsidenten nicht“, sagte der Marktstratege von Prudential Financial, Quincy Krosby. Investoren erwarteten eine detailliertere Aufstellung von Anreizen. Der Einreisestopp könne zwar helfen, aber da sei die Ausnahme Großbritannien. Und über Großbritannien würden viele Europäer in die USA kommen.

Der Währungsexperte Junichi Ishikawa von IG Securities in Tokio sagte: „Trump hat das betont, was er für durchschlagende Maßnahmen hält, aber Bewegungen bei Aktien, Aktien-Futures und Währungen zeigen, dass das nicht genug ist, um Investoren zu beruhigen.“ Ähnlich äußerten sich Analysten in Australien und Singapur.

Dutzende Tote in USA

In den USA sind bisher 37 Menschen an einer Coronavirus-Infektion gestorben, knapp 1.300 haben sich nach offiziellen Angaben angesteckt. Das öffentliche Leben wird zunehmend von der Epidemie beeinflusst. So wurden Großveranstaltungen mit vielen Besuchern abgesagt, die Basketballliga NBA hat bis auf weiteres alle Spiele der laufenden Saison ausgesetzt.