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Reuters/Francois Lenoir
Causa Casinos

Staatsanwaltschaft weitet Ermittlungen aus

In der Causa um die Casinos Austria AG (CASAG) sind die Ermittlungen überraschenderweise ausgeweitet worden. Das gab die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Donnerstag bekannt. Es hätten sich nicht nur die ursprünglichen Verdachtsmomente erhärtet, sondern „auch weitere Verdachtslagen gegen teils auch weitere Beschuldigte“ ergeben.

Die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen gehen dem Verdacht nach, der Glücksspielkonzern Novomatic habe sich für den FPÖ-Politiker Peter Sidlo als CASAG-Finanzvorstand starkgemacht, weil die FPÖ im Gegenzug Entgegenkommen bei der Lizenzvergabe versprochen habe. Beide Seiten dementieren den Vorwurf. Es hat schon mehrere Hausdurchsuchungen und freiwilligen Nachschauen gegeben. Die WKStA bestätigte auch weitere Hausdurchsuchungen am Mittwoch, wie „Der Standard“ zuerst berichtete.

Die Durchsuchungen seien von der beim Bundeskriminalamt (BK) eingerichteten Sonderkommission „bei nahezu allen Standorten in Anwesenheit und unter Leitung von OberstaatsanwältInnen der WKStA durchgeführt worden. Zur Unterstützung waren ebenfalls IT-Experten der Justiz anwesend“, hieß es in einer Pressemitteilung weiter.

Verdacht der Untreue und des Amtsmissbrauchs

Die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen prüfen nun neben dem Verdacht des politischen Postenschachers samt „korruptionsstrafrechtlich relevanten Vorteilen für die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen“ auch den Vorwurf der Untreue in Zusammenhang mit der Abberufung von zwei früheren Vorstandsmitgliedern der CASAG. Die zwei ehemaligen Mitglieder des CASAG-Vorstandes werden zwar nicht explizit genannt. Auszugehen ist aber davon, dass die vorzeitige Abberufung von Alexander Labak und Dietmar Hoscher im Jahr 2018 gemeint ist.

Der Untreuevorwurf der WKStA richtet sich dem Vernehmen nach gegen Aufsichtsräte der Casinos Austria. Der Aufsichtsrat hat grundsätzlich das Unternehmen gegenüber dem Vorstand zu verteidigen, das ist aus Sicht der Ermittler bei den Casinos wohl nicht in ausreichendem Maße geschehen. Ein weiterer Gegenstand der Ermittlungen ist „der Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen ehemalige Verantwortliche des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich der Wahrnehmung der ihnen nach dem Glücksspielgesetz bei der Vorstandsbestellung zukommenden Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse“, heißt es im Schreiben.

Die Glücksspielaufsicht ist im Finanzministerium angesiedelt, gleichzeitig hält das Ministerium – via Beteiligungsholding ÖBAG – ein Drittel an den Casinos Austria. Diese Doppelrolle wird von Gegnern des Glücksspielmonopols, das ja dem Spielerschutz dienen soll, immer wieder kritisiert. An wie vielen Standorten die Ermittler Hausdurchsuchungen durchführten, sagte die WKStA nicht. Auch zur Anzahl der Beschuldigten hielt man sich bedeckt. Die Causa Casinos ist nach wie vor eine Verschlusssache.

Novomatic wieder im Fokus

Laut „Standard“ stand am Mittwoch eine 240.000-Euro-Zahlung von Novomatic an das FPÖ-nahe Institut für Sicherheitspolitik (ISP) im Fokus der Ermittler und Ermittlerinnen. Novomatic sagte, es habe dafür schon Leistungen gegeben. „Es wurden bereits 2018 und 2019 Leistungen durch das ISP im Rahmen des Vertrages erbracht. Der Gegenwert der Leistungen kann vertragsbedingt erst zu Jahresende 2020 entsprechend der Vereinbarung bewertet werden“, teilte Novomatic-Sprecher Bernhard Krumpel am Donnerstag mit. Darüber hinaus könne Novomatic laufende Ermittlungen nicht kommentieren.

Die WKStA geht der Frage nach, ob die 240.000 Euro (ohne Umsatzsteuer waren es nach APA-Informationen 200.000 Euro) als Gegenleistung für den Wunsch nach Glücksspiellizenzen gezahlt wurden. Derartige Vorwürfe haben bisher alle Beteiligten bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung. Laut Bericht wurden sowohl die Räumlichkeiten von Novomatic als auch jene der Rechtsanwaltskanzlei von Markus Tschank durchsucht. Der frühere FPÖ-Nationalratsabgeordnete Tschank ist Vereinsobmann des ISP, das an derselben Wiener Adresse wie die Kanzlei seinen Sitz hat. Tschank war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Enge Vernetzungen

Bei Novomatic in Gumpoldskirchen sollen sich Ermittler und Ermittlerinnen besonders für die Rechtsabteilung und die Pressestelle interessiert haben. Der Sponsoringvertrag zwischen ISP und Novomatic läuft drei Jahre – noch bis Ende 2020. Laut einer Rechnung des ISP an Novomatic vom 22. März 2018 ging es um die „Verstärkung der Positionierung von Novomatic im Bereich Sicherheit“, schreibt der „Standard“.

Novomatic-Sprecher Krumpel habe bis 2016 eine Beratungsgesellschaft mit Tschank, die Polimedia, gehabt. Diese habe dann der Kurzzeit-Casinos-Austria-Finanzvorstand Sidlo übernommen. Auch Polimedia habe Rechnungen an das ISP gestellt. Dessen Kassier ist Markus Braun, dem die Finanzgesellschaft Sigma Investment AG gehört, in der wiederum Sidlo gearbeitet hatte, ehe er im Mai 2019 Casinos-Vorstand wurde. Ein weiterer Faden läuft dem „Standard“ zufolge über die PR-Agentur Unlimited Communications, an der Krumpel über eine GmbH zu 30 Prozent beteiligt ist. Die PR-Agentur hat für das ISP diverse Veranstaltungen organisiert.

Handyauswertung durch WKStA

Weitere Finanziers des ISP sind laut „Standard“ das Verteidigungsministerium, das von 2017 bis 2020 jährlich 200.000 Euro für Kooperationen zahle, und auch eine Gesellschaft der Industriellenfamilie Turnauer, die 100.000 Euro gespendet habe. Tschank habe dem Verein Managementgebühren von 30.000 Euro jährlich sowie „fremdübliche Drittkosten“ für Sonderprojekte und Rechtsberatung verrechnet.

Aus den Handyauswertungen früherer Razzien ist bekannt, dass der ehemalige Novomatic-Chef Harald Neumann 2017 eine SMS an seinen Pressesprecher geschrieben und ein Treffen mit dem damaligen FPÖ-Mandatar Tschank angefordert hatte, weil er in puncto Glücksspiellizenzen etwas in die Regierungsverhandlungen einbringen wollte. Wenige Tage nach der SMS-Konversation beschloss Novomatic das 240.00-Euro-Sponsoring an den Verein ISP, wie das Ö1-Abendjournal am Mittwoch berichtete.

Die WKStA führt in der Causa Casinos einige prominente Ex-Politiker und Manager als Beschuldigte, etwa Ex-Novomatic-Chef Neumann, Novomatic-Eigentümer Johann Graf, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), ÖBAG-Chef Thomas Schmid, Ex-Vizekanzler (ÖVP) und Casinos-Aufsichtsrat Josef Pröll und Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner. Für alle gilt die Unschuldsvermutung, sie haben bisher sämtliche Vorwürfe bestritten.