Schreibtisch mit Büromaterial
Getty Images/Mark Langridge
Arbeiten zu Hause

Chancen und Tücken des Homeoffice

Soziale Kontakte einschränken, so lautet das Gebot der Stunde. Wer kann, möge von Hause aus arbeiten, appelliert die Regierung angesichts der Coronavirus-Epidemie. Dank Laptops, Smartphones und Co. ist dieser Aufruf auch relativ leicht umsetzbar. Homeoffice birgt allerdings Vor- und Nachteile – und erfordert Disziplin.

Für viele, die einer Bürotätigkeit nachgehen, Mütter und Väter, für Teilzeitkräfte und etliche andere ist Homeoffice längst Realität. Viele Firmen stellten bereits teilweise um. In einigen Unternehmen, in denen es eine bestehende Homeoffice-Regelung gibt, waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon seit Längerem angehalten, ihre Firmenlaptops täglich mit nach Hause zu nehmen, um jederzeit umstellen zu können.

Für andere wird die Zeit, in der Österreich Sondermaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus trifft, zum persönlichen Präzedenzfall. Vielerorts wird nun erstmalig die Arbeit von zu Hause aus erprobt. Akut ist die Situation auch durch die Schließungen von Schulen und Betreuungseinrichtungen in Österreich.

Kinder sollen nach Möglichkeit zu Hause bleiben. In der Praxis bedeutet das oft, dass Eltern zu Hause arbeiten, Kinder betreuen und den Haushalt führen müssen.

Klare Kommunikation nötig

Um Homeoffice zum Erfolg zu machen, braucht es Disziplin und Organisation. Dazu gehört etwa, fixe Arbeitszeiten einzuhalten, aufzuschreiben und zu kommunizieren – in der Firma und der Familie. Auch Pausen und der Feierabend sollten eingehalten, regelmäßige Mahlzeiten nicht vernachlässigt werden.

Ablenkungen, etwa durch den Haushalt, sollten minimiert werden. Homeoffice sollte sich nicht allzu viel vom Büroalltag unterscheiden. Nötig dazu ist die richtige technische Ausstattung und ein Arbeitsplatz, der Konzentration zulässt. Experten raten zudem zu passender, also ausgehtauglicher Kleidung.

Arbeitsrechtsexperte Franz Marhold über Heimarbeit

Franz Marhold, Universitätsprofessor für Arbeits- und Sozialrecht, spricht über die Möglichkeit des Homeoffice.

Alle können etwas davon haben

Die Vorteile des Homeoffice sind evident: Zeit- und Kostenersparnisse, weniger Staus, mehr Perspektiven für ländliche Bevölkerung, neue Beschäftigungsmöglichkeiten und freilich die Vereinbarkeit von Job und Familie.

Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation der UNO (ILO) betonte zudem die größere Autonomie bei der Zeiteinteilung und einhergehend auch der Work-Life-Balance. Die Firmen wiederum können von gesteigerter Produktivität und niedrigeren Kosten sowie Platzanforderungen profitieren.

Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben

Das Risiko, dass Homeoffice schnell zur Mehrbelastung führen kann, ist aber groß, so die Studie. Leicht wird die Grenze zwischen Arbeit und Privatem verwischt. Zu den Nachteilen der Arbeit von zu Hause zählen die Tendenz zu mehr Arbeitsstunden und eine Überlappung von bezahlter Arbeit und Privatleben, so die ILO.

Stress, Erschöpfung oder Schlafprobleme seien mögliche Folgen sowie die Tendenz, sich auch im Privaten weiter mit der Arbeit zu beschäftigen – wegen der „verschwommenen Grenzen“.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: QuickHoney/ORF.at

Die Elternschaft wird im Homeoffice zudem zur Herausforderung: Betreuungspflichten und Arbeiten von zu Hause aus stehen einander oft gegenüber. Eine ungewohnt hohe Anzahl an Stunden zu Hause zu verbringen kann auch zu sozialen Spannungen führen. Auch deshalb ist eine klare Abgrenzung von Arbeits- und Familienzeit wichtig.

Die Vor- und Nachteile von Homeoffice gleichen sich, was die Gesundheit und das Wohlbefinden betrifft, laut Studie aber „mehr oder weniger“ aus.

Wunsch nach Homeoffice ist groß

Von zu Hause aus arbeiten kommt vielen entgegen, wie zumindest eine aktuelle deutsche Umfrage erahnen lässt. Angesichts der Coronavirus-Epidemie wünschen sich 38 Prozent der Befragten von ihrem Betrieb bessere Möglichkeiten, vorsichtshalber zu Hause zu arbeiten. Das ergab eine Befragung der Unternehmensberatung PwC von Anfang März. Gut ein Drittel der Befragten verzichtet laut der Befragung auch demnächst grundsätzlich auf die Teilnahme an externen Meetings, Kongressen und Veranstaltungen.

In Österreich gibt es noch keine aktuellen Erhebungen zum Thema. Eine marketagent-Umfrage im Vorjahr – also vor der Epidemie – ergab, dass der Wunsch nach Homeoffice groß ist: Unter den Vollzeitangestellten würden wohl dreimal so viele gerne von zu Hause aus arbeiten, wie es tatsächlich dürfen.

Rahmenbedingungen ausbaufähig

Die ILO empfiehlt daher Firmen und politischen Entscheidungsträgern, die Rahmenbedingungen zu verbessern: mehr Schutz für jene, die Homeoffice verrichten, und mehr Möglichkeiten, teilweise oder zusätzlich zu Hause zu arbeiten. In Österreich muss das Arbeiten von zu Hause aus zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer abgestimmt werden. Weder gibt es ein Recht auf Homeoffice noch kann dieses verordnet werden.