Gesundheitsminister Anschober, Bundeskanzler Kurz und Innenminister Nehammer
ORF
Neue Maßnahmen

Viele Geschäfte schließen ab Montag

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag in einer Pressekonferenz angekündigt, dass ab Montag das soziale Leben auf ein Minimum reduziert wird – notwendig sei das, um ältere und gefährdete Menschen vor dem Coronavirus zu schützen. Viele Geschäfte werden geschlossen. Bereits jetzt sind in Tirol zwei Gebiete unter Quarantäne gestellt.

Geschäfte bleiben ab Montag geschlossen – das gelte aber nicht für den Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Post, Banken und andere Geschäfte, die für die Grundversorgung notwendig seien, so Kurz. Ausnahmen gibt es etwa auch für Trafiken und Tankstellen. Auch der Tierfutterhandel bleibt offen. Ebenso dürfen Geschäfte für medizinische Produkte und Heilbehelfe weiterhin öffnen, ebenso solche, die Sicherheits- und Notfallprodukte sowie Wartungsarbeiten anbieten. Auch der öffentliche Verkehr bleibt aufrecht.

Restaurants, Bars und Kaffeehäuser haben ab kommender Woche nur noch bis 15.00 Uhr geöffnet. Hier gibt es nur Ausnahmen für bloße Gästebeherbergung und Lieferservices. Das bedeutet freilich auch, dass reine Nachtlokale wie Bars, Discos und Nachtclubs wohl gänzlich geschlossen bleiben.

Pressekonferenz „Maßnahmen zur Eindämmung des Virus“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Die Grünen) angekündigt, dass ab Montag das soziale Leben auf ein Minimum reduziert wird – notwendig sei das, um ältere und gefährdete Menschen vor dem Coronavirus zu schützen.

Österreich werde für eine Zeit „auf Minimalbetrieb heruntergefahren“, so der Kanzler. Das sei nötig, um ältere Menschen und verletzliche Gruppen bestmöglich zu schützen. „Wir sind als Republik Österreich ein Team, in dem jeder seinen Beitrag zu leisten hat“, so Kurz. Neben den Einschränkungen im öffentlichen Leben sind laut dem Kanzler deshalb Unternehmen auch angehalten, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen – wo möglich – Teleworking zu ermöglichen.

Gebiete in Tirol unter Quarantäne

Darüber hinaus sind seit Freitag zwei besonders vom Coronavirus betroffene Gebiete in Tirol gemäß Beschluss der Bundesregierung für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Betroffen sind das Paznauntal mit Tourismus-Hotspots wie Ischgl und Galtür sowie St. Anton am Arlberg – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) werden alle Österreicherinnen und Österreicher, die sich in dem Gebiet aufhalten, unter häusliche Quarantäne gestellt. Das gelte auch für Urlauber. Ausländische Gäste, „die sich jetzt in dieser Gegend aufhalten“, dürften hingegen abreisen. Sie sollen aber zügig und ohne Zwischenstopp in ihre Herkunftsländer reisen. Außerdem würden ihre Personalien aufgenommen und an die Behörden in den Herkunftsländern weitergeleitet.

Reisewarnungen für Schweiz, Frankreich und Spanien

Darüber wird neben den bestehenden Grenzkontrollen zukünftig auch an der Grenze zur Schweiz kontrolliert. Ebenso wird der Flug- und Zugsverkehr in die Schweiz, nach Spanien und Frankreich mit Montagmitternacht eingestellt. Das Außenministerium gab inzwischen für die drei Staaten eine Reisewarnung heraus. Das geht aus den am Freitag aktualisierten Reisehinweisen für die drei Staaten hervor. Damit gilt für diese drei Länder jene Stufe, die wegen des Coronavirus zuvor bereits für Italien, den Iran und Teile Chinas gewählt worden war.

Warnung vor „Fake News“

Der Innenminister warnte einmal mehr vor „Falschmeldungen, die in Sozialen Medien kursieren“. Meldungen, wonach etwa auch Supermärkte geschlossen würden, hätten „keinerlei Substanz“. Laut Nehammer bleibt alles offen, „was wichtig ist, um seinen Lebensalltag zu gestalten“. „Lassen Sie diese Nachrichten nicht an Sie herankommen“, so Nehammer. Dem schloss sich auch Kurz an – Gerüchte etwa, ganz Wien werde unter Quarantäne gestellt, würden jeder Grundlage entbehren.

Situation wie in Italien verhindern

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies angesichts der neuen Maßnahmen auf die Lage in Italien. Die „liest sich teilweise so wie eine Kriegsberichterstattung“, sagte der Gesundheitsminister. Er wies darauf hin, dass in Italien die Zahl der Todesfälle täglich steige. Das Ziel der österreichischen Regierung sei es, eine Situation wie in Italien mit allen demokratischen Möglichkeiten zu vermeiden.

Dazu würde Österreich auf drei strategische Schwerpunkte setzen. Zum Ersten gehe es darum, den direkten sozialen Kontakt zu reduzieren und damit Zeit zu gewinnen. Ein zweiter Schritt diene dem Schutz der Spitalsinfrastruktur. Es werde in allen Krankenhäusern ein Besuchsverbot geben. Davon ausgenommen seien nur Kinder- und Palliativstationen.

Viele Geschäfte ab Montag geschlossen

Um das Coronavirus einzudämmen, sind ab Montag viele Geschäfte geschlossen. Ausgenommen davon sind jene, die für die Grundversorgung notwendig sind, etwa Supermärkte oder Apotheken. Zudem stehen das Tiroler Paznauntal sowie St. Anton am Arlberg unter Quarantäne.

Drittens gehe es um den Schutz „besonders vulnerabler Gruppen, die in dieser Situation ein besonderes Risiko haben“: Anschober nannte „Menschen über 70“ und „Gruppen, die schwere Vorerkrankungen“ haben. „Für diese Gruppen bauen wie dieses Schutzprogramm mit allen Maßnahmen in Österreich aus“, so der Gesundheitsminister.

Mit Stand 15.00 Uhr haben sich in Österreich insgesamt 504 Personen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Die meisten Fälle gibt es in Tirol, danach folgen Oberösterreich, Wien und Niederösterreich. Die wenigsten bestätigten Fälle weist Kärnten vor. Diese Zahlen dürften aber noch drastisch steigen. Gesundheitsminister Anschober sprach von einer steigenden Ansteckungszahl von derzeit rund 40 Prozent täglich.

„Nicht jeder Ausflug ist gescheit“

Dass die Geschäfte vorerst nur eine Woche geschlossen werden, begründete Anschober damit, dass Tag für Tag evaluiert werde. Eine weitere Schließung sei denkbar. Und Kanzler Kurz betonte: „Nur weil es nicht verboten ist, heißt das nicht, dass jeder Ausflug schlau ist.“

Ein „breites“ Hilfspaket sei derzeit in Ausarbeitung, vermutlich wird es am Wochenende präsentiert. Die Industriellenvereinigung forderte am Freitag eine Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen. Am wichtigsten sei es, logistische Prozesse aufrechtzuerhalten. „Ein umfassendes Paket an Maßnahmen ist notwendig, um den unterschiedlichen Betroffenheiten differenziert und treffsicher begegnen zu können.“

Zwar stabilisierten sich die Lieferketten aus China und Asien und es werde von dort eine weitere Verbesserung erwartet. Zugleich komme es aber zu starken Einschränkungen der europäischen Lieferketten. Österreichische Firmen haben ganz besonders im so schwer betroffenen Italien intensive Zuliefer- und Kundenbeziehungen. Die SPÖ forderte am Freitag ein Steuermoratorium für Firmen und umfangreiche Maßnahmen vor allem für Kleinst- und Kleinbetriebe gefordert.

Nationalratsitzung am Wochenende möglich

Die von der Bundesregierung präsentierten Restriktionen dürften eine neue gesetzliche Grundlage brauchen. Dem Vernehmen nach ist das vor allem bei den Beschränkungen im Handel, möglicherweise auch wegen der verkürzten Öffnungszeiten in der Gastronomie nötig. National- und Bundesrat werden daher vermutlich am Wochenende zusammentreten. Fix ist das noch nicht. Die Entscheidung fällt nach Informationen von ORF.at aber noch am Freitag bei einer Sonderpräsidiale beider Parlamentskammern.

Sind tatsächlich rechtliche Änderungen nötig, muss es sehr flott gehen, will die Regierung die geplanten Einschränkungen tatsächlich schon am Montag in Kraft setzen. Benötigt werden zwei Sitzungen des Nationalrats und eine des Bundesrats, die Bestätigung durch den Bundespräsidenten und die Kundmachung im Bundesgesetzblatt. Bei Verkürzung aller Fristen könnte man die neuen gesetzlichen Regelungen tatsächlich sehr rasch etablieren.

Technisch dürfte den Sitzungen nichts im Weg stehen. Dem Vernehmen nach könnten die Tagungen schon mit der neuen Sitzordnung, die sich quer durch das Ersatzquartier verteilt, durchgeführt werden. Im Plenarsaal selbst werden rund 100 Abgeordnete Platz nehmen können. Der Rest wird auf die Galerie, im kleinen Redoutensaal und im Dachfoyer in der Hofburg verteilt.