500-Euro-Geldscheine
ORF.at/Günther Rosenberger
Vier Milliarden

Regierung präsentiert Hilfspaket

Die Regierung wird am Samstag ein Hilfspaket zur wirtschaftlichen Bewältigung der Coronavirus-Krise vorstellen. Vier Milliarden Euro soll ein Krisenfonds zur „Sicherung von Standort und Beschäftigung“ umfassen, wie aus einem entsprechenden Gesetzesentwurf hervorgeht. Mit an Bord sind auch die Sozialpartner.

Es geht um die Sicherung von Arbeitsplätzen, unter anderem durch Kurzarbeit, der Erhaltung der Liquidität sowie der Vermeidung von Härtefällen. Wie sich die Maßnahmen im Detail gestalten, wollen Regierung und Sozialpartner noch am Vormittag bekanntgeben. Präsentieren wird das Paket Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sowie ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer.

Klar ist inzwischen die Summe, die zur Verfügung gestellt wird: Bis zu vier Milliarden Euro will die Regierung aufwenden. Mit dieser Maximalsumme wird ein Covid-19-Krisenbewältigungsfonds dotiert. Das geht aus einem Gesetzesentwurf hervor, der den Parlamentsklubs am Samstagvormittag übermittelt wurde. Verwendet werden können die Mittel sowohl zur Stabilisierung der Gesundheitsversorgung (z. B. durch Zukauf von Geräten) als auch zur Belebung des Arbeitsmarkts (etwa Beihilfen zur Kurzarbeit), zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie zur Abfederung von Einnahmenausfällen (von Arbeitgebern wie Dienstnehmern) in Folge der Krise und zur Konjunkturbelebung mittels Konjunkturpaketen.

Ferner in dem Sammelgesetz enthalten ist die Grundlage für die Schließung von Betrieben während der Krise. Zuwiderhandeln wird für Geschäfteinhaber mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 30.000 Euro bedroht. Ebenfalls geregelt wird die Bezuschussung für Arbeitgeber, wenn sie Eltern bis zu drei Wochen zur Kinderbetreuung frei geben. Hier übernimmt der Staat ein Drittel der Kosten des Sonderbetreuungsentgelts.

Beschlüsse im Parlament noch am Wochenende

Die Maßnahmen sollen dann am Nachmittag auch gleich auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. Am Samstag soll das Gesetzespaket dem zuständigen Budgetausschuss zugewiesen werden. Am Sonntag tritt dann der Nationalrat um 9.00 Uhr zur Plenardebatte zusammen, zu deren Abschluss die Novellierung des Epidemiegesetzes beschlossen wird.

Abgeschlossen wird das Prozedere dann mit einem Plenum des Bundesrats. Danach braucht es die Zustimmung des Bundespräsidenten sowie die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Die Sitzungen müssen ohne Publikum, abgesehen von Medienvertretern, durchgeführt werden. Die Abgeordneten werden im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg auch breiter aufgefächert, damit keine Mandatare direkt nebeneinander sitzen.

Arbeitszeitflexibilisierung wird erweitert

Keinen parlamentarischen Beschluss braucht die bereits Freitagabend angekündigte Erweiterung der Arbeitszeitflexibilisierung. Nachdem für Mitarbeiter von Krankenhäusern, Laboren und Telefonhotlines bereits Abweichungen von geltenden Arbeitszeitbestimmungen ermöglicht worden waren, werde dieser Erlass nun auf weitere Berufsgruppen, bei denen es notwendig ist, ausgedehnt, so ein Sprecher des Arbeitsministerium.

„Wie im Gesundheitsbereich ist es auch in anderen Bereichen – etwa bei der Polizei, der Energieversorgung, im Lebensmittelhandel und in Apotheken – wichtig und notwendig, dass Arbeitszeitgrenzen vorübergehend überschritten werden dürfen“, begründete Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) die Ausweitung der Arbeitszeitflexibilisierung auf diese Branchen. „Wir wollen dort unterstützen, wo es notwendig ist“, betonte sie in einer Aussendung.

Handelsverband appelliert an Regierung

Bereits am Freitag hatte sich die Wirtschaft mit Appellen an die Regierung gewandt – und Unterstützungen vom Staat eingefordert. „Dazu zählen unter anderem zinsfreie Zahlungsaufschübe für Steuern und Abgaben, temporäre Zuschüsse für Mietzahlungen von betroffenen Händlern sowie eine Ausweitung der Haftungsübernahmen für Kredite“, erklärte etwa der Handelsverband in einer Aussendung.

Der Verband verwies überdies darauf, dass das Epidemiegesetz Entschädigungszahlungen ermöglicht. Es sehe „eine Vergütung von natürlichen und juristischen Personen für entstandene Vermögensnachteile bei behördlich angeordneten Schließungen von Unternehmen zu“, so der Verband. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehe eine Vergütung zu.

IV: Logistik aufrecht erhalten

Von der Industriellenvereinigung (IV) hieß es, es sei am wichtigsten, logistische Prozesse aufrechtzuerhalten. „Ein umfassendes Paket an Maßnahmen ist notwendig, um den unterschiedlichen Betroffenheiten differenziert und treffsicher begegnen zu können", so die IV einer Aussendung. Zwar stabilisierten sich die Lieferketten aus China und Asien, und es werde von dort eine weitere Verbesserung erwartet. Zugleich komme es aber zu starken Einschränkungen der europäischen Lieferketten. Österreichische Firmen haben ganz besonders im so schwer betroffenen Italien intensive Zuliefer- und Kundenbeziehungen.

Forderungen von SPÖ und NEOS

Auch die SPÖ hatte am Freitag entsprechende Maßnahmen gefordert. Sie forderte ein sofortiges Steuermoratorium für Betriebe, mehr Maßnahmen für Einpersonen- sowie Klein- und Mittelbetriebe sowie ein Konjunkturpaket, das mit Jahresmitte starten soll.

Für NEOS ist es wichtig, „auch die Lage am Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich zu stabilisieren“, so die Oppositionspartei am Samstag in einer Aussendung. „Nur umgehende Liquiditätshilfen und ein couragiertes Sofort-Paket können eine drohende Abwärtsspirale und eine Kündigungswelle verhindern“, heißt es darin. NEOS fordert zusätzliche Mittel für das AMS, für die Kurzarbeit, Haftunsgübernahmen für bestehende Kredite sowie Erleichterungen bei Abschreibungen und Steuern.

Österreich im „Minimalbetrieb“

Die Regierung hatte zuvor weitreichende und einschneidende Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus verkündet. Bundeskanzler Kurz betonte am Freitag, dass das öffentliche Leben ab Montag auf ein Minimum reduziert werden müsse. „Österreich wird nicht auf Dauer, aber doch auf Zeit auf Minimalbetrieb herunterfahren müssen“, sagte er. Viele Geschäfte bleiben ab Montag geschlossen. Davon ausgenommen sind der Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Post, Banken und andere Geschäfte, die für die Grundversorgung notwendig seien, so Kurz.

Grafik zum Verlauf des Coronavirus und eingeschränkten Sozialkontakten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: TU Wien/dwh

Ausnahmen gibt es etwa auch für Trafiken und Tankstellen. Auch der Tierfutterhandel bleibt offen. Ebenso dürfen Geschäfte für medizinische Produkte und Heilbehelfe weiterhin öffnen, ebenso solche, die Sicherheits- und Notfallprodukte sowie Wartungsarbeiten anbieten. Der öffentliche Verkehr bleibt aufrecht. Restaurants, Bars und Kaffeehäuser haben ab kommender Woche nur noch bis 15.00 Uhr geöffnet. Hier gibt es nur Ausnahmen für bloße Gästebeherbergung und Lieferservices. Das bedeutet freilich auch, dass reine Nachtlokale wie Bars, Discos und Nachtclubs wohl gänzlich geschlossen bleiben.

Das sei nötig, um ältere Menschen und verletzliche Gruppen bestmöglich zu schützen. „Wir sind als Republik Österreich ein Team, in dem jeder seinen Beitrag zu leisten hat“, so Kurz. Neben den Einschränkungen im öffentlichen Leben sind laut dem Kanzler deshalb Unternehmen auch angehalten, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen – wo möglich – Teleworking zu ermöglichen. Am Samstag will die Regierung bekanntgeben, wie sie die Wirtschaft in der Krise unterstützen will.

Orte in Tirol und Kärnten unter Quarantäne

Neben den Einschränkungen im öffentlichen Leben wurden darüber hinaus seit Freitag zwei besonders vom Coronavirus betroffene Gebiete in Tirol gemäß Beschluss der Bundesregierung für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Betroffen sind das Paznauntal mit Tourismushotspots wie Ischgl und Galtür sowie St. Anton am Arlberg.

Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) werden alle Österreicherinnen und Österreicher, die sich in dem Gebiet aufhalten, unter häusliche Quarantäne gestellt. Das gelte auch für Urlauber. Ausländische Gäste, „die sich jetzt in dieser Gegend aufhalten“, dürften hingegen abreisen. Sie sollen aber zügig und ohne Zwischenstopp in ihre Herkunftsländer reisen. Außerdem würden ihre Personalien aufgenommen und an die Behörden in den Herkunftsländern weitergeleitet. Inzwischen haben fast alle ausländischen Urlauber die Gebiete verlassen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Am Samstag wurde auch der Kärntner Ort Heiligenblut unter Quarantäne gestellt. Auch hier dürfen Urlauberinnen und Urlauber aus dem Ausland noch die Heimreise antreten. Einheimische und österreichische Gäste werden aber im Ort unter Quarantäne gestellt – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Situation wie in Italien verhindern

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies angesichts der neuen Maßnahmen auf die Lage in Italien. Die „liest sich teilweise so wie eine Kriegsberichterstattung“, sagte der Gesundheitsminister. Er wies darauf hin, dass in Italien die Zahl der Todesfälle täglich steige. Das Ziel der österreichischen Regierung sei es, eine Situation wie in Italien mit allen demokratischen Möglichkeiten zu vermeiden.

Dazu würde Österreich auf drei strategische Schwerpunkte setzen. Zum Ersten gehe es darum, den direkten sozialen Kontakt zu reduzieren und damit Zeit zu gewinnen. Ein zweiter Schritt diene dem Schutz der Spitalsinfrastruktur. Es werde in allen Krankenhäusern ein Besuchsverbot geben. Davon ausgenommen seien nur Kinder- und Palliativstationen.

Viele Geschäfte ab Montag geschlossen

Um das Coronavirus einzudämmen, sind ab Montag viele Geschäfte geschlossen. Zudem stehen das Tiroler Paznauntal sowie St. Anton am Arlberg unter Quarantäne. Das kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag an.

Drittens gehe es um den Schutz „besonders vulnerabler Gruppen, die in dieser Situation ein besonderes Risiko haben“: Anschober nannte „Menschen über 70“ und „Gruppen, die schwere Vorerkrankungen“ haben. „Für diese Gruppen bauen wir dieses Schutzprogramm mit allen Maßnahmen in Österreich aus“, so der Gesundheitsminister. Mit Stand Samstag 8.00 Uhr haben sich in Österreich insgesamt 602 Personen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Diese Zahlen dürften aber noch drastisch steigen. Gesundheitsminister Anschober sprach von einer steigenden Ansteckungszahl von derzeit rund 40 Prozent täglich.

Neue Sitzaufteilung im Parlament

Der Nationalrat wird am Wochenende bereits in einer neuen Sitzaufteilung zusammentreten, die die Gesundheit der Abgeordneten gewährleisten soll. Getagt wird wie gewöhnlich im Ausweichquartier in der Hofburg, allerdings werden nicht alle Abgeordneten im selben Saal sitzen. Die Mandatarinnen und Mandatare werden neben dem regulären Tagungssaal, dem Großen Redoutensaal der Hofburg, auch die Galerie, das Dachfoyer und der Kleine Redoutensaal besetzen.

Innenminister Nehammer zu den neuen Maßnahmen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) erklärt die neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und stellt klar, dass die Lebensmittelversorgung auch in den nächsten Wochen sichergestellt ist.

Im Hauptraum dürften nach aktuellen Informationen 100 Personen sitzen. Abgeordnete, die nicht im Großen Redoutensaal anwesend sind, sollen über den Livestream die Debatte verfolgen – was zu weniger Zwischenrufen während den Wortmeldungen führen könnte. Die Abstimmungen über die Anträge dürften geblockt am Ende des Sitzungstages am Sonntag stattfinden, damit die Mandatare nur kurz komplett in einem Raum sind. Auch namentliche Abstimmungen, bei denen einzeln zu einer Wahlurne geschritten wird, sind eine Option.