Leerer Spielplatz in WIen
APA/Roland Schlager
Ausgangsbeschränkungen

Was nun erlaubt ist und was nicht

Seit Mitternacht gelten in ganz Österreich die gleichen Regeln zu Ausgangsbeschränkungen. Nur wer eine triftigen Grund hat, soll sein oder ihr Zuhause verlassen. Diese Gründe sind relativ klar definiert und werden künftig auch durch die Polizei kontrolliert werden.

Am Sonntag hatte die Bundesregierung die neue Maßnahmen verkündet. Abgesehen von notwendigen Besorgungen für sich und Bedürftige oder weil der Job es verlangt, sollten die Menschen zu Hause bleiben. Spaziergänge bleiben gestattet, wenn nötig.

Wer dringend ins Freie müsse, „der darf das ausschließlich alleine machen oder mit den Personen, mit denen er in der Wohnung gemeinsam zusammenlebt“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag im Ö3-Radio – mehr dazu in oe3.ORF.at. Er stellte auch klar, dass einander Lebenspartner, die nicht zusammenleben, weiterhin sehen können. Das müsse jeder für sich selbst beantworten.

Mindestabstand von einem Meter gilt prinzipiell

Außer in Notfällen ist überall auf einen Mindestabstand von einem Meter zu achten. Das Gassigehen mit einem Hund ist erlaubt, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Spazieren anzureisen nicht. In den Wiener Linien bemerkte man am Montagvormittag bereits einen starken Rückgang – mehr dazu in wien.ORF.at. Erlaubt ist es entgegen einer ersten Interpretation der Wiener Polizei auch, dass Menschen mit dem Auto zum Zweitwohnsitz fahren.

Die Verbote von Versammlungen und des Betretens von Parks und Spielplätzen sind nicht eigens in der Verordnung geregelt. Allerdings würden sich solche Maßnahmen durch die einzelnen Verkehrsbeschränkungen ergeben, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montag. Gemeint ist eben etwa der Mindestabstand zu anderen Personen von einem Meter.

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Stephansplatz
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Ein Mindestabstand von einem Meter ist einzuhalten – und er wurde meist auch eingehalten
Graben
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Ein Blick in die Wiener City zeigt: Die Ausgangsbeschränkungen greifen
Fast komplett leere U-Bahn in Wien
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In den „Öffis“ war deutlich zu sehen, dass weit weniger Menschen als üblich unterwegs waren
Hofburg
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Wo sich sonst Hunderte tummeln, herrschte am Montagvormittag Leere
Hinweis auf die Schließung eines Restaurants
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Die meisten Geschäfte schlossen vorübergehend zu – mit Ausnahme von Lebensmittel- und anderen Geschäften, die Notwendiges anbieten dürfen
Kärnter Straße
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Für notwendige Besorgungen darf man weiterhin hinaus
Hauptbahnhof
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Auch die großen Bahnhöfe der Hauptstadt waren ungewöhnlich leer
Naschmarkt
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Touristen gibt es kaum noch in Wien, alle anderen sind angehalten, zu Hause zu bleiben

Selbes gilt für das Betretungsverbot von Spielplätzen und Parks: Dieses ergebe sich allein durch das Verbot des Betretens „öffentlicher Orte“, hieß es dazu aus dem Ministerium. Derzeit liegt es noch in der Hand der Kommunen, wie man mit diesen Vorgaben umgeht. In Wien wurden die Spielplätze gesperrt.

21 Ausnahmen im Handel

Alle Geschäfte in nicht alltagsnotwendigen Branchen bleiben geschlossen. Für das Betretungsverbot im Handel gelten 21 Ausnahmen. Neben Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Banken, Tankstellen sowie Gesundheits- und Pflegedienstleistern sind das auch der Verkauf von Tierfutter, Dienstleistungen für Behinderte und Notfälle, die Post, die Rechtspflege, Trafiken, der öffentliche Verkehr, Kfz-Werkstätten sowie Reinigungsdienstleistungen und Abfallentsorgung.

Grafik zu Ausnahmen bei Schließungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Sperrstunde für Lokale

Eine Änderung der Öffnungszeiten etwa beim Lebensmittelhandel schloss der Bundeskanzler auf Nachfrage aus und bat dafür um Verständnis. In der Baubranche werde von Projekt zu Projekt zu entscheiden sein, ob dieses systemrelevant sei. „Es geht darum, Notwendiges und Unnotwendiges zu unterscheiden.“

Restaurants durften am Montag bis 15.00 Uhr offen bleiben, danach war Sperrstunde. Ab Dienstag gilt dann auch für das Gastgewerbe ein Betretungsverbot. Ausgenommen sind hier nur Kranken- und Kuranstalten, Pflege- und Seniorenheime, Schulen und Kindergärten sowie Betriebskantinen. Ebenfalls offen halten dürfen Restaurants in Hotels und auf Campingplätzen – sie dürfen aber nur ihre Beherbergungsgäste bewirten. Lieferservice bleibt erlaubt.

Polizei „nicht Gegner“

Sämtliche Veranstaltungen wurden zudem verboten, nirgends sollten sich mehr als fünf Menschen gleichzeitig aufhalten. Polizeibeamte sind grundsätzlich zum Einschreiten aufgefordert, wenn ihnen im Zuge ihres Streifendiensts Personengruppen unterkommen, die offensichtlich das von den politischen Entscheidungsträgern gesetzte Ziel konterkarieren, eine Übertragung des Virus zu vermeiden, indem sie im Grünen picknicken oder zu Partys im Freien zusammenkommen.

Warteschlange vor Apotheke in Wien
ORF.at/Nadja Igler
Apotheken sind offen – der Mindestabstand von einem Meter ist einzuhalten

„In diesen Fällen werden die Leute angewiesen, sich zum Schutz der Gesamtbevölkerung zu entfernen“, erläuterte Detlef Polay, der Sprecher des Krisenstabs im Innenministerium. Dann gelten auch Verwaltungsstrafen bei Zuwiderhandeln: Sollten sich Gruppen der Aufforderung zur Auflösung widersetzen, drohen laut Kanzleramt Strafen bis zu 2.180 Euro, im Falle des Negierens von Betretungsverboten (etwa Spielplätzen) bis zu 3.600 Euro. Die Regierung hofft aber auf die Vernunft der Bevölkerung, wurde betont. Kanzler Kurz sagte, die Polizei werde „nicht als Gegner“ der Bevölkerung auftreten, sondern vor allem auf größere Gruppen zugehen, die unvorsichtig agieren, und entsprechende Hinweise geben. Die Maßnahmen seien allerdings noch nicht bei allen Bürgern angekommen, so Vorarlbergs Polizeisprecher Rainer Fitz – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Kurzparkzonen großteils aufgehoben

In mehreren Städten wurde die Überwachung der Kurzparkzonen ausgesetzt. In Innsbruck und Linz wurden sie aufgehoben, in Graz und Eisenstadt wird nicht kontrolliert. Auch Wien entschied sich am Montag dazu, die Kurzparkzonen aufzuheben – mehr dazu in wien.ORF.at.

Zivildiener, Soldaten und Milizionäre gefragt

Die neuen Beschränkungen der Regierung haben keine Auswirkungen auf die Öffnung der Schulen und Kindergärten. Die Betreuung der Kinder werde unverändert angeboten, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Auch im Bildungsministerium bestätigte man, dass die geplanten Regeln aufrecht bleiben.

Das bedeutet, dass auch an Volksschulen, AHS-Unterstufen, Neuen Mittelschulen (NMS) und Sonderschulen ab Montag kein Unterricht mehr stattfindet. Schüler werden im Bedarfsfall betreut. Die anderen Schulen (AHS-Oberstufen, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, Polytechnische Schulen, Berufsschulen) schließen ebenfalls.

Rede von Bundeskanzler Sebastian Kurz

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wandte sich am Sonntag an die österreichische Bevölkerung und bat um Mithilfe.

Zivildiener, die derzeit ihren Dienst versehen, werden das länger tun müssen, wie die für den Zivildienst zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) am Nachmittag sagten. Zusätzlich sind ehemalige Zivildiener aufgerufen, sich freiwillig für den Dienst zu melden – vor allem suche man nach ehemaligen Zivildienern aus den Bereichen Rettung und Pflege.

Grenzkontrollen werden wieder durchgeführt

Bei freiwilliger Meldung gibt es dann auch eine gesetzlich festgelegte Entschädigung, die sich am gegenwärtigen Einkommen bemisst. Grundwehrdiener, die demnächst hätten abrüsten sollen, werden ebenfalls verlängert. Auch auf Teile der Miliz wird zurückgegriffen. Zudem gab die Regierung bekannt, dass es weitere Länder ohne Landeerlaubnis in Österreich gebe. Neue Flugverbote gelten ab Mittwoch, und zwar für Flüge aus Großbritannien, den Niederlanden, Russland und der Ukraine.

Grafik zu Ausgangsbeschränkungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundeskanzleramt

Die Regionen Paznauntal mit den Touristenorten Ischgl und Galtür sowie St. Anton in Tirol und die Skiregion Heiligenblut in Kärnten standen wegen einer erhöhten Zahl von Fällen unter Quarantäne. Die letzten ausländischen Gäste wurden bis Sonntag aufgefordert abzureisen.

Seit Montagfrüh gibt es Kontrollen an der Grenze zu Deutschland. Das hatte der deutsche Innenminister Horst Seehofer angekündigt. Kontrollen und Einreiseverbote gelten an den Grenzen zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und Luxemburg. „Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können“, sagte Seehofer am Sonntagabend in Berlin.

Kurzarbeitsanträge möglich

Das heimische Gesetzespaket wurde am Sonntag im Nationalrat einstimmig beschlossen. Dieses Covid-19-Maßnahmengesetz erlaubt es Anschober, das Betreten von Betriebsstätten „zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu untersagen“, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Wer gegen ein Betretungsverbot verstößt, riskiert bis zu 3.600 Euro Geldstrafe, die Inhaber der Geschäfte bis zu 30.000 Euro.

Für die Einbußen der Wirtschaft wurde ein vier Milliarden Euro schwerer Fonds geschaffen, der alle möglichen Hilfen von Kurzarbeit über Unternehmerhilfen bis zum Ankauf von Instrumenten für den Gesundheitsbereich bedienen soll. Daraus werden 400 Millionen Euro für ein neues Modell der Kurzarbeit angewendet. Anträge können ab Montag gestellt werden.