Ärztin mit Schutzkleidung in einem Krankenhaus
APA/Helmut Fohringer
Coronavirus

Zunehmend Fälle erkrankter Ärzte

Coronavirus-Infektionen von medizinischem Personal in mehreren Spitälern werden derzeit mit Besorgnis verfolgt. Schleusen und Gesundheitschecks an den Eingängen und vermehrte Tests auf eine möglicherweise vorliegende Infektion mit dem Virus sollen möglichst gut verhindern, dass das Virus in so sensible Bereiche eingeschleppt wird. Dennoch häufen sich Fälle erkrankter Ärztinnen und Ärzte.

Die Fälle zeigen auf, in welch schwieriger Situation die Spitäler sind. Schließlich geht es um die Folgen, die jede einzelne Infektion mit sich bringt. Erst am Dienstag wurde publik, dass zwei Anästhesisten – eine Ärztin und ein Arzt – am Wiener AKH positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Das bestätigte Oswald Wagner, Vizerektor für Klinische Angelegenheiten der MedUni Wien.

An Ärztekongress in Zürs am Arlberg teilgenommen

Die Betroffenen hätten am vorvergangenen Wochenende mit acht weiteren AKH-Ärzten an einem Ärztekongress in Zürs am Arlberg teilgenommen und dürften sich dabei infiziert haben. Dieser wurde wenig später vorzeitig abgebrochen, nachdem bekanntwurde, dass das Gebiet um St. Anton stark von Infektionen mit SARS-CoV-2 betroffen war.

Die Wiener Ärzte hätten am 10. März mit dem Zug die Rückreise in die Bundeshauptstadt angetreten, berichtete Wagner. Die Anästhesistin habe im Anschluss ihren Dienst im AKH angetreten und dabei Kontakt zu Spitalsmitarbeitern – Ärzten und Pflegepersonal – und Patienten gehabt, räumte Wagner ein. Als ihr bewusst wurde, dass sie sich in einem Krisenherd befunden hatte, habe sie sich vorsorglich auf das Coronavirus testen lassen. Am Wochenende sei dann das positive Ergebnis vorgelegen.

Acht AKH-Ärzte nicht erkrankt

Abgesehen von ihrem ebenfalls infizierten männlichen Kollegen – ob dieser nach seiner Rückkehr nach Wien Dienst am AKH verrichtete und Kontakt zu Patienten und Personal hatte, steht derzeit nicht fest – seien die anderen acht AKH-Ärzte nicht an Covid-19 erkrankt, so Wagner: „Auch bei ihnen wurden selbstverständlich Rachenabstriche entnommen. Sie waren negativ.“

Am Dienstag wurden Zürs und weitere Arlberg-Gemeinden unter Quarantäne gestellt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Wagner versicherte, dass der Spitalsbetrieb im AKH intakt sei und weiter funktioniere. Medienberichte, denen zufolge Abteilungen gesperrt worden seien, wies er als unrichtig zurück.

KAV: 135 Personen in Testung

Jedenfalls gelten nun 135 Personen als mögliche Verdachtsfälle. Laut Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) handelt es sich um 85 Mediziner und 50 Pflegepersonen, bei denen eine Abklärung erfolgen muss. Sie hatten Kontakt zu den infizierten Ärzten.

Die Testergebnisse liegen noch nicht für alle Kontaktpersonen vor. Bisher wurde jedoch kein zusätzlicher Fall registriert. Jene Personen, bei denen das Ergebnis noch nicht vorliegt, bleiben in häuslicher Absonderung.

Dutzende Ärzte in Quarantäne

Nachdem er und seine Lebensgefährtin erkrankten, wurden 33 Ärztinnen und Ärzte, 53 Pflegepersonen, 18 Patienten, drei Flugsanitäter und ein Pilot in Quarantäne geschickt. Der Spitalsbetrieb sei trotz der Maßnahmen weiter gesichert. „Alles, was momentan nicht der Bekämpfung von Covid-19 oder der akuten Grundversorgung dient, ist aber eingestellt“, sagte der Sprecher des medizinischen Krisenstabs in Salzburg, Wolfgang Fürweger.

Auch in Wien waren bereits mehr als 100 Ärztinnen und Ärzte in Quarantäne. Drei Krankenhäuser der Stadt waren bereits betroffen. Die meisten Spitalsmitarbeiter, die in Quarantäne mussten, kamen aus der Rudolfstiftung. Nachdem dort ein Anwalt auf der Intensivstation infiziert war, mussten 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Heimquarantäne. Bei dem Mann handelt es sich um den ersten Coronavirus-Fall in Österreich. Er befand sich weiterhin in intensivmedizinischer Betreuung.

Immer wieder Abteilungen gesperrt

Zunächst wurden in der Rudolfstiftung drei Abteilungen der Internen Medizin gesperrt, der Covid-19-Patient in das Kaiser-Franz-Josef-Spital überstellt. Die drei Stationen konnten jedoch relativ bald wieder in Betrieb gehen, weil niemand vom betroffenen Personal positiv getestet wurde. Zur Überbrückung wurden laut KAV Mitarbeiter von anderen Abteilungen des Krankenhauses zur Aushilfe herangezogen.

Immer noch gesperrt ist die Abteilung Gynäkologie und Geburtenhilfe im Wiener Donauspital (SMZ Ost). Dort wurden elf Personen positiv getestet, davon acht Spitalsmitarbeiter. Laut KAV sind derzeit rund 30 Mitglieder des SMZ-Ost-Personals in Quarantäne. Die Infektionskette dürfte von einer Patientin ausgegangen sein, die ohne jegliche Symptome stationär aufgenommen und erst später positiv getestet wurde.

Die gesamte gynäkologische Abteilung wurde geschlossen, Kreißsäle gesperrt, Patientinnen in andere Krankenhäuser verlegt. In etwa einer Woche sollte die Sperre jedoch aufgehoben werden, so der KAV.

Fälle in Kärnten, Steiermark und Vorarlberg

Auch in der Privatklinik Villach-Warmbad in Kärnten wurde ein Belegarzt positiv getestet. Am Samstag behandelte er noch Patienten, 20 Mitarbeiter der Humanomedklinik wurden vorsorglich unter Heimquarantäne gestellt – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

In den Spitälern der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) gibt es laut Auskunft neben dem LKH Hartberg, das „vom Netz genommen“ wurde, in rund einem Drittel der Häuser „vereinzelte positive Testungen von Ärzten bzw. medizinischem Personal“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Auch in Vorarlberg haben sich bisher zwei Mitarbeiter im medizinischen bzw. pflegerischen Bereich mit dem Coronavirus infiziert. Betroffen sind ein OP-Angestellter am LKH Bludenz sowie eine Pflegerin im Sozialzentrum Altach. In beiden Fällen mussten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen der Infizierten von ihrer Arbeit abgezogen werden. Die Systeme blieben aber funktionsfähig, so die Verantwortlichen.

Flächendeckende Tests laut Experten sinnlos

In Niederösterreich wurden am Dienstag in zwei Kliniken neue Coronavirus-Fälle bekannt. Im Landesklinikum Waidhofen an der Thaya wurde ein Arzt positiv getestet, im Uniklinikum St. Pölten eine Krankenschwester – mehr dazu in noe.ORF.at. Vor ein paar Tagen wurden eine Ärztin am Landesklinikum Baden und eine weitere Mitarbeiterin positiv auf das Coronavirus getestet. 44 Mitarbeiter wurden außer Dienst gestellt, die Patienten informiert. Der Betrieb läuft weiter – mehr dazu in noe.ORF.at.

Die Überlegung, ob aufgrund dieser Vorfälle durchgängige PCR-Tests auf SARS-CoV-2 bei medizinischem Personal sinnvoll wären, wird laut KAV-Sprecher Markus Pederiva von Virologen und Epidemiologen als nicht sinnvoll erachtet. Denn auch wenn eine Person infiziert ist, aber keine Symptome zeigt, also nicht infektiös ist, könne der PCR-Test negativ sein, gab Pederiva zu bedenken. Eine durchgängige Testung entspreche auch nicht dem von den Gesundheitsbehörden festgelegten Prozedere.

Ärztekammer bestätigt Mangel bei Schutzbekleidung

Doch sind einerseits jederzeit mögliche Erkrankungen von Ärztinnen und Ärzten ein Problem, andererseits geht es auch um die Frage des ausreichenden Schutzes während der Behandlungen. Der Vizepräsident der Ärztekammer, Johannes Steinhart, bestätigte am Dienstag einen Mangel bei Schutzausrüstung für medizinisches Personal. „Ja, der Markt ist problematisch", so Steinhart im Ö1-Morgenjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Er nannte auch den Grund: „Es gibt Grenzsperren.“ Es gebe „bestellte Ausrüstung, die derzeit nicht über gesperrte Grenzen“ komme, sagte er. Man versuche der Knappheit entgegenzuwirken: Es seien viele Masken eingekauft worden, mit denen auch die Bundesländer „zum Teil“ versorgt werden konnten. Außerdem gebe es „sensationell gute Unterstützung“ durch den KAV. Dabei gehe es etwa um die Ausrüstung jener Trupps, die mobil Verdachtsfälle testen, „mit entsprechender Schutzkleidung“.

Ordinationen nur in Notfällen aufsuchen

Für den Schutz der Ärztinnen und Ärzte sei derzeit möglichst geringer Kontakt mit Patientinnen und Patienten wichtig. Steinhart appellierte an die Menschen, Ordinationen nur in Notfällen aufzusuchen: „Nur nach telefonischer Anmeldung in Ordinationen. Keine Routine, nur mehr Notfälle“, sagte er. Es gehe darum, dass sich die Patienten nicht anstecken und auch um den Schutz der in den Ordinationen Arbeitenden. Die Maßnahme sei ein „Schutz, dass die Funktionseinheiten wie Ordinationen aufrecht gehalten werden können“.