Tor zur Firmenzentrale von Volkswagen in Wolfsburg (Deutschland)
APA/AFP/Ronny Hartmann
Coronavirus

Auch Großkonzerne sperren vorerst zu

Das öffentliche Leben steht weitgehend still – nach und nach bekommen das auch internationale und nationale Großkonzerne zu spüren. Volkswagen stellt wegen der Viruspandemie seine Produktion ein, ebenso der Flugzeug- und Rüstungskonzern Airbus. Magna hat sein Grazer Werk bis Monatsende geschlossen, die voestalpine ist am Prüfen, Swarovski hat sich einen „Notbetrieb“ verordnet.

Volkswagen muss nach Unterbrechungen in China jetzt auch auf seinem Heimatmarkt die Fertigung in zahlreichen Werken aussetzen. An den allermeisten deutschen Standorten des weltgrößten Autoherstellers soll am Donnerstag die letzte Schicht stattfinden – voraussichtlich erst einmal für zwei bis drei Wochen. Die Werke in Spanien und der Slowakei sowie die Standorte der italienischen Marken Lamborghini und Ducati hat Volkswagen bereits heruntergefahren, auch Audi folgte dem Beispiel. VW erklärte, dass die Fabriken so „dem sich abzeichnenden Einbruch der Nachfrage auf den Automobilmärkten“ begegnen wollen.

Bei VW hatte es zuvor heftige Kritik gegeben – viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fühlten sich nicht ausreichend informiert und beraten, die Unterbrechung komme zu spät. Es sei nicht einzusehen, warum Kollegen „für ein paar hundert Autos mehr eine Ansteckung riskieren sollen, die sie dann womöglich früher oder später nach Hause tragen“. Der Betriebsrat kritisierte auch eine „Zweiklassengesellschaft“: Während im Bürobereich Abstandsgebote gelten, würden die Kollegen an den Produktionsbändern weiter Schulter an Schulter arbeiten.

Autofabriken in Europa stehen still

Bei den Konkurrenten im Sektor sieht es nicht anders aus: Fiat Chrysler Automobiles (FCA) hatte schon am Montag verkündet, vorübergehend die meisten Werke in Europa zu schließen – ebenso der Opel-Mutterkonzern PSA. Der ohnehin kriselnde Autohersteller Renault stoppte seine Produktion in Frankreich.

Ferrari hat seine beiden Werke in Italien bis 27. März geschlossen, der zu Volkswagen gehörende Rivale Lamborghini verhängte ebenfalls einen Produktionsstopp. Auch der US-Autohersteller Ford hält seine Bänder in Europa vorerst an: Ab Donnerstag soll an den deutschen Standorten in Köln und Saarlouis sowie anderen Standorten in Europa alles ruhen. Dienstagabend wurde bekannt, dass auch Daimler einen Großteil seiner Produktion in Europa stoppt. Die Maßnahme beginne noch in dieser Woche und dauere zunächst zwei Wochen, teilte der Konzern mit.

Magna-Werk in Graz
ORF.at/Sonja Ryzienski
Bei Magna Steyr ist die Produktion vorerst bis Monatsende stillgelegt

Magna schließt, voestalpine prüft

Die von PSA als Hauptgrund für den Produktionsstopp bezeichnete Unterbrechung in der Zulieferkette bekommen auch die Zulieferer selbst zu spüren: Aufgrund eines „Mangels an verfügbaren Teilen für die Gesamtfahrzeugproduktion“ gibt es seit Dienstag im Grazer Werk von Magna Steyr für 6.000 Mitarbeiter einen Betriebsurlaub bis zum 30. März. Auch das Magna-Werk in Slowenien stellte die Produktion vorläufig ein, der Betrieb in der Lackieranlage in Hoce bei Maribor ist bis zum 27. März ausgesetzt – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Noch am Prüfen, wie es weitergehen soll, ist derzeit die voestalpine: Es werde abgewogen, welche Teile der Produktion weitergeführt und welche vorübergehend stark reduziert oder gänzlich heruntergefahren werden müssen. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Produktion, in der Instandhaltung und anderen betriebskritischen Bereichen tätig sind, werden bis auf Weiteres vor Ort im Einsatz sein. Sicherheits- bzw. Schutzmaßnahmen in Bezug auf Gesundheit und Hygiene haben dabei höchste Priorität“, teilte der Linzer Stahlkonzern am Dienstag mit.

Gelände der Voest Alpine
ORF.at/Christian Öser
Die voestalpine hält den Betrieb derzeit noch weitgehend aufrecht

Swarovski schaltet auf „Notbetrieb“

„Für mindestens zwei Wochen auf Notbetrieb“ stellt der Kristallkonzern Swarovski mit Sitz in Tirol um. Die Produktion werde bis Donnerstagabend schrittweise hinuntergefahren. „Die Vorbereitungen für diese Maßnahme sind bereits angelaufen, die Mitarbeiter wurden entsprechend informiert“, hieß es am Dienstag aus der Geschäftsführung. Man wolle so die Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden gewährleisten. Nachdem ein Krankheitsfall im Konzern bekanntwurde, hatte der Betriebsrat von Angst unter der Belegschaft berichtet – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Zuletzt war bekanntgeworden, dass es in Wattens zu einem beträchtlichen Stellenabbau kommen soll. Das Unternehmen sprach von „Anpassung“. Der Betriebsrat sieht bis zu 1.000 Jobs bis Ende 2021 gefährdet. Eingeräumt wurde ein wirtschaftlich gesehen „schwieriges Jahr 2019“. Dadurch sei der „Druck auf die Verbesserung der Kostenposition“ noch weiter gestiegen. Nun habe sich die Situation durch die Auswirkungen des Coronavirus auf das Geschäft noch verschärft.

Teile eines Airbus A380 vor der Airbus-Firmenzentrale in Toulouse (Frankreich)
Reuters/Regis Duvignau
Bei langer Dauer der Krise könnte Airbus um staatliche Zuschüsse bitten – Konkurrent Boeing hat das offenbar schon getan

Luftfahrt in Existenzangst

Schwer getroffen ist auch die Luftfahrt: Um die Auflagen der Behörden in Frankreich und Spanien zum Schutz vor Ansteckungen zu erfüllen, hält der Flugzeug- und Rüstungskonzern Airbus in beiden Ländern für vier Tage die Produktion an. So lange hatte sie zuletzt 1989 stillgestanden, als der britische Zulieferer BAe Systems streikte. In der Zeit sollen die Fabriken so umgerüstet werden, dass die Mitarbeiter mit genügend Abstand weiterarbeiten können. Am Firmensitz in Toulouse betreibt Airbus sein größtes Werk.

In Deutschland und Großbritannien hält Airbus im Moment die Produktion aufrecht. Wegen der europaweit vernetzten Produktion sind aber wohl auch dort Probleme absehbar. Seitens des Unternehmens hieß es am Mittwoch, die Werkstore in Deutschland würden Leiharbeitern, Kunden und Partnern weiter offen stehen. Die deutschen Standorte würden aber in dieser Woche an neue und veränderte Arbeitsabläufe angepasst, sagte ein Airbus-Sprecher in Hamburg.

Boeing ruft Milliarden an Krediten ab

Nicht besser ergeht es dem US-Konkurrenten Boeing. Am Dienstag gab das Unternehmen aus Seattle nach Börsenschluss in einer Mitteilung an die Börsenaufsicht SEC bekannt, dass es eine 13,8 Milliarden Dollar (12,5 Mrd. Euro) schwere Kreditlinie vollständig ausgeschöpft habe.

Zudem bestätigte Boeing Gespräche mit der US-Regierung und führenden Kongressmitgliedern über kurzfristige Staatshilfen für sich und die gesamte Luftfahrtindustrie. Für Fluggesellschaften, Flughäfen, Hersteller und Zulieferer sei der kurzfristige Zugriff auf staatliche und private Liquidität „der wichtigste Schritt“, um wieder auf die Beine zu kommen, erklärte Boeing. Die Branche brauche schnelle Hilfe, es gehe um Tage.