Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer
APA/Helmut Fohringer
Risikogebiete im Ausland

Rückkehrer müssen in Quarantäne

Rückkehrer aus Coronavirus-Risikogebieten müssen ab Mittwoch 14 Tage in Heimquarantäne verbringen. Ein entsprechender Erlass soll laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Mittwochfrüh verabschiedet werden und sofort gelten.

Betroffen davon sind laut Anschober nahezu alle Einreisende aus europäischen Staaten – nämlich jene, für die es laut Außenministerium eine Reisewarnung gibt. Neben Italien und der Schweiz sind das in Europa laut Website des Außenministeriums derzeit Spanien, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, San Marino, Russland, die Ukraine und der Vatikan.

Für die Betroffenen gelten dieselben Regelungen wie schon für jene, die bisher etwa aus Italien nach Österreich zurückgekehrt sind. Das gab Anschober im Anschluss an eine Pressekonferenz auf APA-Nachfrage bekannt.

47.000 Österreicher noch im Ausland

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg korrigierte indes die Zahl der sich im Ausland befindlichen Österreicher nach oben. Am Montag hätten sich 30.000 Österreicher registriert. „Heute liegt die Zahl bei 47.000 Österreichern, die über den ganzen Globus verstreut sind“, sagte Schallenberg in einer Pressekonferenz in Wien.

Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Außenminister Alexander Schallenberg (alle ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
Schallenberg gab neue Zahlen zu den Österreichern im Ausland bekannt

Die Österreicher befänden sich in mehr als 100 Ländern. Der Außenminister versprach, „alles Menschenmögliche“ zu unternehmen, um die Österreicher zurückzuholen.

„Größte Rückholaktion in der Geschichte“

Schallenberg deutete an, dass sich noch mehr Österreicher melden könnten: „Die Zahl wird nicht bei 47.000 stehen bleiben.“ Es handle sich um die größte Rückholaktion in der Geschichte. Das Außenministerium stehe vor einer „unglaublichen Herausforderung“, die dadurch erschwert würde, dass immer mehr Grenzen und Flughäfen dichtgemacht würden.

Konkret geplant sind am Mittwoch zwei Flüge nach Teneriffa, ein Flug nach Las Palmas und Hurghada, weil sich dort besonders viele Österreicher aufhalten. Geplant sind außerdem Flüge nach Kapstadt, Mauritius und in die Malediven. Am Dienstag werde ein zweiter Flug aus Marrakesch in Wien landen. An Bord befinden sich rund 200 Personen, darunter neben Österreichern auch einige EU-Bürger. Sie mussten sich allesamt einem Gesundheitscheck unterziehen, ehe sie an Bord durften. Nach der Landung haben sie sich umgehend für 14 Tage in selbst kontrollierte Heimquarantäne zu begeben, hieß es aus dem Außenressort.

Der Außenminister appellierte darüber hinaus, dass alle, die eine Möglichkeit hätten, sich die Heimreise oder die Reise nach Europa selbst zu organisieren, diese nützen sollten. Und er betonte: „Bitte üben Sie sich in Geduld. Wir können nicht sofort mit allen Österreichern im Ausland einen Kontakt herstellen.“

1.332 Erkrankungen – „leichte Veränderungen“

Mit Stand 15.00 Uhr gibt es 1.332 Erkrankungen in Österreich (1.133 am Vortag). Das haben Anschober und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekanntgegeben. Die Zahlen seien regional unterschiedlich, „es gibt Hotspots“, so Anschober.

„Es gibt an einzelnen Tagen durchaus bereits Reduktionen, aber das ist noch kein genereller Trend“, betonte er. Im Gegenteil: In den letzten Stunden gebe es wieder ein Plus, und das sei noch deutlich zu groß. Trotz „leichter Veränderungen“ nach unten habe man noch immer ein Plus von 32 Prozent, man müsse als ersten Schritt auf unter 20 kommen, so Anschober. Die Zahlen zeigen also zwar Zuwächse, aber die Österreicher würden „phantastisch mitmachen“.

Keine Pläne für schärfere Maßnahmen

Nach acht bis zehn Tagen – bzw. bereits am kommenden Wochenende – könne evaluiert werden, dann könne man eine Entwicklung sehen, die möglicherweise noch eine Nachschärfung nötig machen könnten. Pläne dazu gäbe er aber derzeit dazu keine.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
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Anschober und Nehammer bei der gemeinsamen Pressekonferenz

Die Betroffenen seien bisher nicht sehr alte Menschen, sondern eher „mittelalte Personen“, so Anschober. Man konnte also bisher vermeiden, dass viele ältere Menschen erkranken. Die meisten Erkrankten seien – im Unterschied zu Italien – jünger. Das gelte es zu bewahren. „Jetzt ist es wichtig, dass wir nicht nachlassen.“ Dann „hoffe ich sehr, dass es auch in der Statistik bis zum Wochenende wirklich sichtbar wird“. Anschober kündigte darüber hinaus an, „Hunderttausende zusätzliche Tests“ für Österreich zu beschaffen.

„Fehler können passieren“

Auf die Lage in Tirol angesprochen sagte der Minister, nicht ausschließen zu können, dass Fehler passieren. Die Mitarbeiter der Behörden würden aber Großartiges leisten. Es sei jedoch ein Schritt nach dem anderen zu gehen – jetzt müsse man die Krise bewältigen. Danach könne man sich anschauen, wo vielleicht Fehler passiert sind. Da brauche es dann volle Transparenz und Konsequenzen – das bedeute: „Wir lernen daraus.“ – „Wir sind alle gefordert, um auf Abläufen besser zu werden“, so Nehammer in Bezug auf die Frage nach möglichen Versäumnissen. Er gab sich überzeugt, dass „alle Beteiligten ihr Bestes geben“.

„Verschärfung der Situation an der Grenze“

Bezüglich der Grenzen habe es „heute eine Verschärfung der Situation an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn gegeben“, so Nehammer, es komme zu „großen Verkehrsbehinderungen im Bereich Nickelsdorf“, der Stau sei bereits 30 Kilometer lang. Er sei mit seinem ungarischen Amtskollegen in Kontakt, um einen „humanitären Korridor“ für Rumänen und Bulgaren zu organisieren. Auch am Grenzübergang Suben gibt es noch Stau, 25 Kilometer – man arbeite mit den deutschen Behörden, um das aufzulösen.

Kurz dankt Bevölkerung und ruft zum Durchhalten auf

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag den Österreicherinnen und Österreichern für ihre Unterstützung bei der Bewältigung der Coronavirus-Krise gedankt. Zugleich zog der Kanzler in einer Stellungnahme gegenüber der APA eine erste Bilanz der Maßnahmen und rief die Bevölkerung zum Durchhalten auf. Indirekte Kritik gab es am Widerstand bei einigen „Entscheidungsträgern“.

„Wir haben letzte Woche die Entscheidung getroffen, massive eingreifende Maßnahmen zu setzen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Die Entscheidungen sind anfangs auf viel Widerstand bei Entscheidungsträgern gestoßen, waren nicht leicht, aber sie waren notwendig“, so Kurz.

„Beeindruckender Beitrag“

„Heute bin ich froh, dass wir als eines der ersten Länder in Europa diese Entscheidungen getroffen haben, und ich bin der Bevölkerung unendlich dankbar, dass sie die Maßnahmen so konsequent und verantwortungsvoll mitträgt. Sie als Österreicherinnen und Österreicher leisten einen beeindruckenden Beitrag und retten damit viele Leben“, so der Kanzler weiter.

Kurz dankt Bevölkerung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in dieser Sondersituation Dankesworte an die Bevölkerung gerichtet und zum Durchhalten aufgerufen.

Der Schulbetrieb konnte laut Kurz um 95 Prozent heruntergefahren werden, der Bahnbetrieb ging um 70 Prozent zurück, und die Sicherheitsbehörden vermeldeten ebenfalls ein Minimum an notwendigem Personenverkehr auf den Straßen. „Gleichzeitig möchte ich jenen Menschen im Land meinen Dank aussprechen, die in diesen schweren Tagen unser System aufrechterhalten. Aber bitte halten Sie auch bei der Arbeit zu anderen Menschen Abstand“, so der Bundeskanzler.

„Viele Sorgen und Fragen“

„Ich bin mir vollkommen bewusst, dass viele Menschen in unserem Land noch viele Sorgen und Fragen haben, was die Gesundheit, den Beruf oder die finanzielle Situation betrifft. Alle Ministerinnen und Minister arbeiten auf Hochtouren an der Klärung offener Fragen und werden diese Fragen auch heute sowie die nächsten Tage so umfassend wie möglich für Sie beantworten“, so Kurz in seinem Statement weiter.

Eine große Herausforderung seien die Kapazitäten sämtlicher Servicehotlines, da es nicht unbeschränkt Personen gebe, die insbesondere medizinische Fragen beantworten könnten. Die Ministerien und Bundesländer stockten permanent die Kapazitäten auf, soweit das möglich sei. „Hier bitte ich alle, solidarisch zu sein und nur anzurufen, wenn man wirklich Hilfe braucht“, so Kurz.

„Ich bitte Sie, alle Österreicherinnen und Österreicher, dass Sie sich weiter strikt an die Maßnahmen und Empfehlungen halten. Bleiben Sie weiter zu Hause und schützen Sie vor allem die ältere Generation. Bitte bedenken Sie stets, egal ob beim Einkaufen im Supermarkt oder in anderen Stresssituationen: Wir sind ein Team, das Team Österreich. Stehen wir alle zusammen“, schloss der Bundeskanzler.