Verschneiter Ort Ischgl in Tirol
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Coronavirus

„Tirol derzeit Risikogebiet“

Das gesamte Bundesland Tirol wird derzeit als Coronavirus-Risikogebiet erachtet. Somit müssen sich nicht nur Heimkehrer aus Risikoländern wie Italien und dem Iran und aus den unter Quarantäne gestellten Gebieten in Tirol, Vorarlberg und Kärnten für 14 Tage isolieren, sondern alle, die in den letzten zwei Wochen irgendwo in Tirol waren. Das sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Dienstagabend.

Kogler erwog im Interview mit Puls4 auch eine Verordnung über die Heimquarantäne für alle Tirol-Heimkehrer – darunter auch jene, die auf Anweisung des Landesregierung in ihr Heimatbundesland gereist sind. „Tirol ist derzeit ein Risikogebiet“, bestätigte auch der Infektiologe Florian Thalhammer, der Mitglied des Krisenstabs der Bundesregierung ist.

Thalhammer, der stellvertretender ärztlicher Direktor am Wiener AKH ist, erklärte in der ZIB2, dass „medizinisches Personal“ aus seinem Spital, das in einem Risikogebiet war, „in Heimquarantäne geschickt“ beziehungsweise auch auf SARS-CoV-2 getestet wurde.

Infektiologe Thalhammer: „Tirol Risikogebiet“

Florian Thalhammer, Infektiologe und Mitglied des Krisenstabs der Bundesregierung, spricht über die Ansteckung von Ärzten und die Situation in den Spitälern.

Sölden und St. Christoph unter Quarantäne

Tirol hatte Dienstagabend zwei weitere Gemeinden – Sölden im Ötztal und St. Christoph am Arlberg – unter Quarantäne gestellt. An den Ortsgrenzen würden polizeiliche Kontrollpunkte eingerichtet, teilte das Land mit. Die Gemeinden werden bis 2. April isoliert. Aus Sölden liegen drei positive Tests vor, bei denen ein Bezug zu einer Schirmbar nicht ausgeschlossen werden kann. Etliche Beschäftigte von Hotels sollen sich in Isolation befinden.

Die Tiroler Polizei sprach am Dienstag 15 Anzeigen aus, weil sich Menschen nicht an die herrschende Ausgangsbeschränkung gehalten hatten. Die meisten davon entfielen auf die Stadt Innsbruck. Der Großteil der Menschen habe sich aber einsichtig gezeigt, so die Polizei – mehr dazu in tirol.ORF.at.

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In Vorarlberg ist die Arlberg-Region laut Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) nun unter Quarantäne. Betroffen sind Lech, Warth und Schröcken sowie der Ortsteil Stuben der Gemeinde Klösterle. Die Region ist seit Dienstagmittag abgeriegelt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Am Wochenende hatte sich Ramsau am Dachstein im Bezirk Liezen sozusagen selbst und freiwillig unter Quarantäne gestellt. Das Land Steiermark hob den Beschluss des Bürgermeisters auf: Alleingänge brächten niemanden weiter, hieß es – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Rückkehrer müssen in Heimquarantäne

Ab Mittwoch müssen alle Personen, die in einem Risikogebiet waren, für 14 Tage in Heimquarantäne. Einen entsprechenden Erlass kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) an. Betroffen davon sind laut Anschober nahezu alle Einreisende aus europäischen Staaten – nämlich jene, für die es laut Außenministerium eine Reisewarnung gibt.

Neben Italien und der Schweiz sind das in Europa laut Website des Außenministeriums derzeit Spanien, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, San Marino, Russland, die Ukraine und der Vatikan. Für die Betroffenen gelten dieselben Regeln wie schon für jene, die bisher etwa aus Italien nach Österreich zurückgekehrt sind. Das gab Anschober am Dienstag im Anschluss an eine Pressekonferenz auf APA-Nachfrage bekannt.

47.000 Österreicher noch im Ausland

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg korrigierte indes die Zahl der Österreicher im Ausland nach oben. Am Montag hätten sich 30.000 Österreicher registriert. „Heute liegt die Zahl bei 47.000 Österreichern, die über den ganzen Globus verstreut sind“, sagte Schallenberg am Dienstag in einer Pressekonferenz in Wien. Sie befänden sich in mehr als 100 Ländern. Der Außenminister versprach, „alles Menschenmögliche“ zu unternehmen, um sie zurückzuholen.

Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Außenminister Alexander Schallenberg (alle ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
Schallenberg gab neue Zahlen zu den Österreichern im Ausland bekannt

Schallenberg deutete an, dass sich noch mehr Österreicher melden könnten: „Die Zahl wird nicht bei 47.000 stehen bleiben.“ Es handle sich um die größte Rückholaktion in der Geschichte. Das Außenministerium stehe vor einer „unglaublichen Herausforderung“. Der Außenminister appellierte darüber hinaus, dass alle, die eine Möglichkeit hätten, die Heimreise oder die Reise nach Europa selbst zu organisieren, diese nützen sollten. Und er betonte: „Bitte üben Sie sich in Geduld. Wir können nicht sofort mit allen Österreichern im Ausland einen Kontakt herstellen.“

Keine Pläne für schärfere Maßnahmen

Pläne, die zur Eindämmung des Coronavirus in Österreich getroffenen Maßnahmen nochmals zu verschärfen, gibt es laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) derzeit nicht. Nach acht bis zehn Tagen – bzw. bereits am Wochenende – könne man die Auswirkungen der momentanen Maßnahmen bewerten. Dann könne man eine Entwicklung sehen, die möglicherweise eine Nachschärfung nötig machen könnte, sagte Anschober am Dienstag.

Die Betroffenen seien bisher nicht sehr alte Menschen, sondern eher „mittelalte Personen“, so Anschober. Man konnte also bisher vermeiden, dass viele ältere Menschen erkranken. Die meisten Erkrankten seien – im Unterschied zu Italien – jünger. Das gelte es zu bewahren. „Jetzt ist es wichtig, dass wir nicht nachlassen.“ Dann „hoffe ich sehr, dass es auch in der Statistik bis zum Wochenende wirklich sichtbar wird“. Anschober kündigte darüber hinaus an, „Hunderttausende zusätzliche Tests“ für Österreich zu beschaffen.

Kurz dankte Bevölkerung und rief zum Durchhalten auf

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dankte unterdessen den Österreicherinnen und Österreichern für ihre Unterstützung bei der Bewältigung der Coronavirus-Krise. Zugleich zog der Kanzler in einer Stellungnahme gegenüber der APA eine erste Bilanz der Maßnahmen und rief die Bevölkerung zum Durchhalten auf. Indirekte Kritik gab es am Widerstand bei einigen „Entscheidungsträgern“.

„Wir haben letzte Woche die Entscheidung getroffen, massive eingreifende Maßnahmen zu setzen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Die Entscheidungen sind anfangs auf viel Widerstand bei Entscheidungsträgern gestoßen, waren nicht leicht, aber sie waren notwendig“, so Kurz.

Kurz dankt Bevölkerung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) richtete Dankesworte an die Bevölkerung und rief zum Durchhalten auf.

„Heute bin ich froh, dass wir als eines der ersten Länder in Europa diese Entscheidungen getroffen haben, und ich bin der Bevölkerung unendlich dankbar, dass sie die Maßnahmen so konsequent und verantwortungsvoll mitträgt. Sie als Österreicherinnen und Österreicher leisten einen beeindruckenden Beitrag und retten damit viele Leben“, so der Kanzler weiter.