Rudolf Anschober und Karl Nehammer
APA/Herbert Neubauer
„Dringender Appell“

Ein Meter Abstand „wichtigstes Grundprinzip“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) haben sich gemeinsam mit einem „dringenden“ Appell an die Bevölkerung gewandt. Der Mindestabstand von einem Meter sei unbedingt einzuhalten, sagten die beiden Ressortchefs bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Verkündet wurde auch, dass am Wochenende Rehakliniken und Kurhäuser schließen müssen.

„Die Einmetersicherheitsregel ist nicht irgendeine, sondern die dringende Empfehlung der Gesundheitsexperten und -expertinnen, damit wir eine Chance haben, das Virus einzudämmen, damit ältere Menschen nicht sterben müssen“, sagte Nehammer. „Der Einmetergrundabstand kann rettend sein“, so Anschober. „Das ist das wichtigste Grundprinzip.“

„Es ist möglich hinauszugehen, aber eigenverantwortlich darauf zu achten, dass man niemanden gefährdet und infiziert“, sagte Nehammer. An „alle, die jetzt die Sonnenstrahlen genießen, Sport betreiben: Alle tragen Mitverantwortung, dass sich das Virus nicht ausbreitet“. Sollte der Abstand von einem Meter unterschritten werden, „wird die Polizei einschreiten, informieren, und bei Nichtbefolgen handeln“.

Minister zufrieden mit Engagement der Bevölkerung

Grundsätzlich zeigten sich die beiden Minister über die Mitwirkung der Österreicher an den Maßnahmen sehr zufrieden. „Wir sehen, dass alle großartig mitmachen“, das sei „fantastisch“, sagte Anschober. Das Befolgen der Einschränkungen sei „der einzige Weg, dass man italienische, lombardische Verhältnisse vermeidet“. Nehammer verwies darauf, dass der öffentliche Verkehr bereits um 90 Prozent zurückgegangen sei. An die Bevölkerung richtete er seinen „großen Dank“.

Zuletzt gab es eine Debatte darüber, was im öffentlichen Raum erlaubt ist und was nicht. Teilweise gab es hier unterschiedliche Signale in Sozialen Netzwerken und auch vonseiten der Verwaltung. Tatsache ist, dass die Verordnung von Gesundheitsminister Anschober ein Betretungsverbot im öffentlichen Raum mit Ausnahmen vorsieht. Wer im dringenden Fall ins Freie möchte, um sich etwa die Füße zu vertreten, der darf das ausschließlich alleine machen oder mit den Personen, mit denen er zusammenlebt.

Verwirrung über Schließung

Am Donnerstag betonte Anschober, dass Parks und Spielplätze vorerst nicht geschlossen werden. „Wir werden – derzeit – keinen zentralen Erlass für Schließungen machen“, sagte er. Einzelne Gemeinden können freilich strengere Regeln erlassen, betonte man auf Nachfrage im Gesundheitsressort. Diese dürfen nach eigenem Ermessen Spielplätze und Parks schließen.

So etwa die Stadt Wien, die ihre Spielplätze sperrt, Parks aber offen lässt. Was Parks und Grünflächen anbelangt, betonte die Stadt, dass große Erholungsgebiete wie die Lobau und der Prater gar nicht gesperrt werden könnten. Auch alle fast 1.000 Parkanlagen zu sperren sei nicht machbar – mehr dazu in wien.ORF.at. Die Stadt Innsbruck hatte angekündigt, alle städtischen Park- und Grünanlagen sowie Spiel- und Sportplätze bis auf Weiteres zu sperren.

Keine „Öffis“ für Spaziergang nutzen

Auch der Gesundheitsminister hatte am Mittwoch angedeutet, dass eine Schließung der Parks und Spielplätze kurz bevorstehe. Grund dafür seien auch Berichte, wonach zuletzt immer mehr Personen im Grünen anzutreffen waren und man den verordneten Mindestabstand nicht einhalten konnte. „Eher in Richtung Schließung“, sagte Anschober. Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigte Verständnis für eine Sperre. Klares Ziel sei, soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren.

Eine Klarstellung gab es am Donnerstag seitens des Gesundheitsressorts betreffend Spaziergängerregel: Das Auto darf man zur Anreise zum Spaziergang oder Luftschnappen weiterhin verwenden, hieß es. Verboten ist nach wie vor, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, um derartigen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Dieses Verbot ist in der Verordnung zu den „Ausgangsbeschränkungen“ klar festgehalten.

14.000 Tests durchgeführt

Österreich habe einen Vorsprung von rund zwei Wochen vor Italien, wo das Gesundheitssystem bereits an seine Grenzen gestoßen ist. Man wolle eine solche Situation verhindern, „mit demokratischen Möglichkeiten“, so Anschober. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das schaffen. Wir können diese Krisensituation gut bewältigen.“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer
APA/Herbert Neubauer
Innenminister Nehammer und Gesundheitsminister Anschober appellierten an die Bevölkerung: „Halten Sie bitte Abstand“

Bisher habe man in Österreich 14.000 Tests durchgeführt. Man werde die Zahl jedoch erhöhen, insbesondere beim Personal in den Spitälern und anderen Gesundheitsbereichen. Zuletzt wurden mehrere Personen, die in Krankenhäusern arbeiten, positiv auf das Coronavirus getestet. Von den mehr als 1.000 Fällen insgesamt befinden sich elf Personen auf einer Intensivstation, 90 Prozent sind in Hauspflege, wie Anschober sagte. Diese Erkrankten hätten einen relativ milden Krankheitsverlauf.

Positiv sei die Altersstruktur, die in Österreich im internationalen Vergleich ungewöhnlich ist, weil sie sehr ausgeglichen ist. Während Italien einen Altersschnitt bei Erkrankten von 80 Jahren hat, entspricht diese bei uns jener „in der Gesellschaft“. Stark betroffen sind hierzulande Personen im Alter von 45 bis 55 Jahren, einen weiteren Peak gebe es im Bereich der jüngeren, und weniger ab 65 Jahren. „Je weniger Erkrankungen in der Hauptrisikogruppe, desto besser ist es“, sagte Anschober.

Reha- und Kurhäuser werden geschlossen

Am Wochenende sei die Schließung von Rehakliniken und Kurhäusern geplant. Der entsprechende werde gerade erarbeitet und „ab dem Wochenende gültig sein“. Die meisten dieser Einrichtungen hätten aber ohnehin bereits geschlossen, sagte der Minister. Menschen mit akutem Behandlungsbedarf sollen allerdings weiterhin betreut werden. Tatsächlich fand sich die Schließung der Rehakliniken und Kurhäuser dann in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Verordnung, die bereits ab Freitag gilt.

Anschober und Nehammer informierten über aktuelle Lage

Im Rahmen einer Pressekonferenz haben Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grünen) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) die aktuelle Situation in Österreich und weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus erläutert.

Mit der Schließung sollen ab nächster Woche Ressourcen für Covid-19-Erkrankte freigemacht werden, so Anschober, der von „Coronakliniken“ sprach, die die Spitäler entlasten sollen. Denn derzeit müssten viele Krankenhäuser auch noch Grippeerkrankte behandeln. Deren Zahl bleibe konstant hoch, sagte Anschober. Statt sonst zu dieser Zeit 50.000 bis 60.000 betroffenen Personen sind es „derzeit 110.000“ Menschen, die an Grippe und grippeähnlichen Symptomen erkrankt sind. Ein Rückgang zeichne sich derzeit nicht so ab wie gewünscht. Allerdings würden Fachleute davon ausgehen, dass die Grippewelle in den kommenden zwei Wochen langsam ausklingen werde. Damit werden deutlich mehr Kapazitäten in den Spitälern frei.

Krisensichere Spitäler

Wegen der Zunahme an infiziertem Gesundheitspersonal kündigte Anschober ein Schutzkonzept für Spitäler an. Dieses sei bereits in Vorbereitung, sagte er. Außerdem werden benötigte Güter wie Schutzmasken, Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel nunmehr zentral organisiert. Dafür waren bisher die Bundesländer zuständig, „wir haben das an uns gezogen, damit wir hier effizienter sein können“, sagte Anschober.

Dass nunmehr viele Grenzen geschlossen sind, mache die Beschaffung alles andere als leicht. „Wir sind am internationalen Markt sehr aktiv“, bekräftigte der Gesundheitsminister. Eine Reihe von Bestellungen wurde bereits abgeschlossen, zwei große Beschaffungsprojekte laufen aktuell mit der EU, diese betreffen sowohl Coronavirus-Testgeräte als auch Schutzkleidung.

Auch für die Zeit nach der Coronavirus-Pandemie müsse vorgesorgt werden. „Wir müssen die Schlüsselbereiche krisensicherer machen“, forderte Anschober. Dazu gehörten eine zentrale europäische Stelle für Medikamentenproduktion und eine Eigenproduktion von Schutzbekleidung dazu.