Kein Besuchsrecht für Scheidungskinder

Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus haben auch gravierende Auswirkungen auf Tausende Scheidungskinder und ihre Eltern. Kinder, deren Eltern nicht zusammenwohnen, müssen nämlich im Haushalt des betreuenden Elternteils bleiben und dürfen den zweiten Elternteil weder besuchen noch von diesem besucht werden, bestätigte die Sprecherin des Justizministeriums, Christina Ratz, heute auf APA-Anfrage.

„Aufgrund der aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung darf das Kind den Haushalt des betreuenden Elternteils bis auf Weiteres nicht verlassen. Auch ein Besuch dort ist nicht erlaubt“, heißt es in einem Text, den das Justizministerium auch auf seiner Website veröffentlichen wollte. „Der Kontakt soll stattdessen möglichst via Telefon, Videochat etc. aufrechterhalten werden“, empfiehlt das Justizministerium. Die Maßnahmen beziehen sich somit nur auf den physischen Kontakt, nicht aber auf das Kontaktrecht an sich.

Kontakt „ohne physische Begegnung“

Nicht erziehenden Eltern von im Ausland lebenden Kindern empfiehlt die Bundesregierung ebenfalls, den Kontakt „ohne physische Begegnung“ aufrechtzuerhalten. Zugleich wird betont: „Allfällige Ein- und Ausreisesperren ändern nichts an der familienrechtlichen Rechtslage.“ Wenn physische Kontakte nicht möglich seien, müsse der Kontakt nicht völlig abgebrochen werden und könne über Telefon und Videotelefonie ausgeübt werden.

Rückführungen entführter Kinder seien weiterhin möglich, weil es sich um „dringende Angelegenheiten des Kindschaftsrechts“ handle. „Inwieweit es allerdings faktisch möglich ist, die Rückführung in der Praxis umzusetzen, wenn Einreisesperren bestehen und Flugverbindungen reduziert werden, muss im Einzelfall geprüft werden.“

Die Beantragung von Kindesunterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss bei Gericht sei ebenfalls weiterhin möglich. Wer einen Unterhaltstitel hat, kann den Vorschuss bis 30. April 2020 selbst dann gewährt bekommen, wenn zuvor kein Exekutionsantrag eingebracht worden sei. Nicht im Einsatz seien Besuchsbegleiterinnen, Kinderbeistände und Familienberatungsstellen, wobei aber auch hier technische Hilfsmittel wie Videokonferenzen zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte eingesetzt werden können.

Kritik von FPÖ und NEOS

FPÖ und NEOS übten Kritik. Die Maßnahme „schießt über das Ziel hinaus und muss dringend geändert werden“, schrieb FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Aussendung. Auch NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard forderte mehr „Augenmaß“.

„Das ist nicht durchdacht und eine falsche Maßnahme“, kritisierte Hofer. „Hier muss die Justizministerin eine Änderung der Bestimmungen veranlassen.“ Ähnlich äußerte sich der stellvertretende oberösterreichische Landeshauptmann Manfred Haimbuchner (FPÖ). „In dieser Krisensituation müssen wir Familienstrukturen stärken, statt sie zu schwächen.“

Bernhard warnte, dass „ein Quasi-Besuchsverbot bestehende Familienkonflikte verschärfen kann“. Es sei zwar gut, dass die Regierung bei der Einschränkung von sozialen Kontakten auch in der Familie konsequent sei, „allerdings appelliere ich, dass das mit Augenmaß passiert“.