Justitzministerin Alma Zadic und Frauenministerin Susanne Raab
APA/Herbert Neubauer
Coronavirus

Maßnahmenpaket gegen häusliche Gewalt

Angesichts der von der Regierung und den Ländern verordneten Bewegungseinschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus befürchten Experten eine Zunahme der Fälle häuslicher Gewalt. Um dem entgegenzuwirken, stellten Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Donnerstag ein Maßnahmenpaket vor.

„Quarantäne und häusliche Isolation ist kein rechtsfreier Raum. Die Krise ist kein Freibrief für häusliche Gewalt. Wir gehen mit aller Härte gegen jeden vor, der Frauen und Kinder angreift“, sagte Raab in einer Pressekonferenz. Die strafrechtliche Verfolgung der Täter bzw. Gefährder sei „weiter gesichert“, bekräftigte Zadic. Betretungs- und Annäherungsverbote würden weiter ausgesprochen, Wegweisungen vollzogen.

Zadic kündigte in diesem Zusammenhang an, sie werde von ihren „Sonderermächtigungen“ – diese finden sich in einem eigenen Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zur Epidemie in der Justiz – „selbstverständlich“ Gebrauch machen, sollte der per Initiativantrag eingebrachte türkis-grüne Gesetzesentwurf vom Parlament genehmigt werden.

Helpline aufgestockt

Das würde bedeuten, dass die Polizei den von häuslicher Gewalt Betroffenen gleich beim Erstkontakt Anträge zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen gewalttätige Partner aushändigen kann und die ausgefüllten Formulare einige Tage später bei Kontrollbesuchen mitnimmt. Ein Einbringen der Anträge ist auch auf elektronischem Weg möglich.

Die Wegweisung von Gewalttätern sei auch in Quarantänegebieten gesichert, garantierte Zadic: „Der Rechtsschutz wird nicht ausgehöhlt.“ Frauen und Kinder blieben geschützt. Raab verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die 24-Stunden-Helpline finanziell und personell aufgestockt und die Onlineberatung für von Gewalt bedrohte Frauen ausgebaut wurde.

Hinweis

Von Gewalt betroffenen Frauen steht zu jeder Tages- und Nachtzeit die Telefonnummer 0800 222 555 mit Expertinnen zur Seite. Eine Onlineberatung ist – parallel zur telefonischen Beratung – täglich in der Zeit von 15.00 bis 22.00 Uhr unter Haltdergewalt.at erreichbar. Weitere Informationen unter Frauenhelpline.at.

Informationsbroschüren in Supermärkten

Obwohl die Gerichte in der Coronavirus-Krise auf Notbetrieb umgestellt haben, müssten Gewalttäter weiter mit sämtlichen der Justiz zur Verfügung stehenden strafrechtlichen Maßnahmen rechnen, unterstrich Zadic. Die Journaldienste und Rufbereitschaften bei den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten seien verstärkt worden, U-Haft werde bei Vorliegen der Haftgründe bei fortgesetzter Gewaltausübung selbstverständlich weiterhin verhängt. Zur Abklärung der Gefährdungslage würden mittels sicherheitspolizeilicher Fallkonferenzen „Einzelfälle ganz genau geprüft“.

Aktuell sei noch kein Anstieg von Wegweisungen und Betretungsverboten zu verzeichnen, so Raab. Es gebe aber „eine erhöhte Nachfrage nach Information“. Daher werden ab sofort Informationsbroschüren zum Gewaltschutz in Supermärkten aufgelegt. Sollte es zu Engpässen in Frauenhäusern kommen – auch davon ist laut Raab noch nichts zu bemerken –, hätten alle Landesregierungen zugesichert, ihre Kapazitäten – etwa mit dem Bereitstellen von Übergangswohnungen – zu erhöhen, sagte die Familienministerin.

Lob von der SPÖ

Das Maßnahmenpaket stieß auf große Zustimmung. SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek begrüßte etwa die von der Regierung angekündigte Aufstockung der Frauenhelpline gegen Gewalt. Das teilte sie in einer Aussendung mit. „Das ist ein erster wichtiger Schritt, damit sich Frauen, die von Gewalt bedroht oder betroffen sind, Hilfe holen können“, sagte sie.

„Es ist gut, dass die zuständige Frauenministerin die Dringlichkeit des Themas erkannt hat und jetzt endlich handelt“, teilte Heinisch-Hosek mit. „Jetzt ist ein erster Schritt passiert, weitere müssen folgen“, so die SPÖ-Gleichbehandlungssprecherin, die sich regelmäßige Berichte der Regierung zur zahlenmäßigen Entwicklung erwartet.

Auch Frauenhäuser und Psychologenverband erfreut

Ein Dank an die Ministerinnen für die Einführung der Maßnahmen kam vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF). Durch die Ausgangsbeschränkungen würde das Risiko von häuslicher Gewalt an Frauen und Kindern stark steigen, hieß es in einer Aussendung. Durch die viele Zeit zu Hause könne es vermehrt zu Überforderungen, Stress und Eskalationen kommen, befürchten die Expertinnen. Gerade in dieser Situation brauchten Betroffene von häuslicher Gewalt erweiterte Möglichkeiten für Hilfe und Unterstützung.

Begrüßt wurde die präsentierte Offensive auch vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP). „Neben medizinischen Schutzmaßnahmen müssen wir nun auch dringend psychosoziale Schutzmaßnahmen mitdenken“, sagte BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger in einer Aussendung. „Gerade Frauen und Kinder müssen jetzt besser geschützt werden“, forderte sie. Aus der Gewaltforschung wisse man nämlich, dass es bei großer räumlicher Nähe zu mehr Gewaltübergriffen kommen könne.