Menschen mit und ohne Schutzmasken
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Selbst genäht bis professionell

Was Mundschutz wirklich bringt

Aus Sorge vor einer Infektion mit dem Coronavirus greifen zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher zu Schutzmasken. Auch selbst genähter Mundschutz gewinnt ob des Maskenmangels zunehmend an Beliebtheit. Doch wie groß ist der Nutzen von Schutzmasken, und wem nützen sie überhaupt?

Fakt ist: An Schutzmasken mangelt es – hierzulande und international. Appelle und Hilferufe von Medizinerinnen und Medizinern reißen nicht ab. Auch in der Politik wird das Thema heftig diskutiert. Und dabei geht es insbesondere darum, wie schnellstmöglich große Mengen an Mundschutz angeschafft werden können. Unternehmen wie große Autokonzerne stellten angesichts der Krise zuletzt ihre Produktion um. Immer wieder stellt sich im Zuge dessen auch die Frage, wie sinnvoll das Tragen einfacher Masken für das Gros der Bevölkerung ist.

Viele Fachleute sahen es bisher als nicht notwendig an, als gesunder Mensch so eine Maske zu tragen – einige änderten ihre Einschätzung im Zuge der Debatte jedoch. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hält fest, dass Einmal-Mundschutzmasken bzw. Mund-Nasen-Schutz (MNS) keinen wirksamen Schutz gegen Viren oder Bakterien, die in der Luft übertragen werden, darstellen. Sie können aber dazu beitragen, das Risiko einer Ausbreitung durch „Spritzer“ von Niesen oder Husten zu verringern.

Schutzmaske
Reuters
Mund-Nasen-Schutz schützt nicht vor einer Ansteckung

Experte: Mundschutz schützt andere

„Man denkt immer, man schützt sich selbst mit der Maske, in Wirklichkeit schützt man aber andere“, sagte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charite zuletzt im NDR-Podcast. Bei feuchter Aussprache etwa könne auch ein einfacher Mundschutz grobe Tröpfchen des Mundschutzträgers abhalten.

Das Einatmen eines mittelgroßen Aerosols, das gerade in der Luft stehe, werde aber wahrscheinlich nicht dadurch abgehalten. Müsste aus gesellschaftlichem Druck heraus jeder eine Maske tragen, dann finge die Maßnahme an, sehr viel Sinn zu haben: Dann wäre zu erwarten, dass eine Infektionsausbreitung, allerdings nur im Nahbereich, etwas verringert würde, so Drosten. Auch die österreichische Regierung setzt nun auf Mundschutz – mit 6. April ist es verpflichtend, beim Einkaufen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

WHO prüft Wirksamkeit von Mundschutz

Das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI), das das Tragen von Mundschutz zuvor nur Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen empfohlen hatte, änderte seine Einschätzung zuletzt. Wenn Menschen – auch ohne Symptome – vorsorglich eine Maske tragen, könnte dies das Risiko einer Übertragung von Viren auf andere mindern, hieß es auf der Website der deutschen Bundesbehörde. Wissenschaftlich belegt sei das aber nicht.

Grafik zu Schutzmasken
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kündigte indes an, die Sinnhaftigkeit der Masken prüfen zu wollen. Bisher ist die Haltung der WHO, dass Mundschutz nur für Kranke und Menschen, die Kranke pflegten, sinnvoll sei. Die WHO warnte sogar, dass das Tragen von Masken die Menschen in falscher Sicherheit wiegen und verleiten könne, andere Vorsichtsmaßnahmen wie das gründliche Händewaschen zu vernachlässigen.

Was beim Tragen zu beachten ist

Fachleute gaben auch zu bedenken, dass sich der Einsatz von Mund-Nasen-Schutz in Spitälern sehr vom Alltag unterscheidet: Denn das medizinische Personal geht mit Erkrankten oder Verdachtsfällen um und ist damit einem höheren Risiko ausgesetzt – deshalb werden die Masken vor allem im medizinischen Bereich dringend benötigt.

Tipps zum Umgang mit Schutzmasken
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Zudem ist es im Umgang mit Mundschutz geschult. Schutzmasken können beispielsweise nicht ganztägig getragen werden. Außerdem hebt eine Befeuchtung der Maske den Barriereschutz innerhalb von Minuten auf. Sie müssten also regelmäßig gewechselt werden. Auch dass die Maske eng am Gesicht anliegt, ist wichtig. Als Vorteil beim Mundschutz gilt, dass man sich weniger mit – möglicherweise kontaminierten – Fingern an Mund oder Nase berührt. So könnte man Schmierinfektionen vorbeugen.

Person hält eine FFP3-Schutzmaske in der Hand
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FFP3-Masken schützen zwar vor einer Ansteckung, alltagstauglich sind sie jedoch nicht

Nur spezielle Masken schützen vor Ansteckung

Zusätzlichen Schutz vor einer Ansteckung für Gesunde bieten wohl ohnehin nur spezielle Masken – und zwar FFP-Masken. Derartige Atemschutzmasken sind vor allem zum Schutz vor lungengängigem Staub wie Feinstaub, Rauch und Flüssigkeitsnebel (Aerosole) gedacht.

Das Klassifizierungssystem unterteilt sich in drei FFP-Klassen („filtering face piece“), die genannten FFP3-Masken sind dabei jene mit dem größten Filtereffekt und finden etwa in der chemischen Industrie Anwendung. Die WHO und das Robert-Koch-Institut empfehlen für den medizinischen Bereich mindestens die Schutzstufe 2.

„Die eigentlichen Feinstaubmasken, die wir im Krankenhaus verwenden, die FFP3-Masken, die wirken, haben aber den Nachteil, dass das Filtern der Luft die Beatmungsmuskulatur massiv beeinträchtigt“, so Franz Allerberger, Leiter des Bereichs öffentliche Gesundheit bei der AGES, in einem Informationsvideo der Agentur. Weil diese das Atmen erschweren, sind sie für eine längere Nutzung im Alltag also nicht geeignet.

Selbst genähte Masken für Spitäler?

Unterdessen machten zuletzt zunehmend Anleitungen zum Selbernähen von Mundschutz im Netz die Runde. In wenigen Schritten wird erklärt, wie man aus kochfester Baumwolle und Draht eine Schutzmaske näht. Auf Facebook bildeten sich zudem Initiativen, die darauf abzielen, medizinischem Personal solche selbst gemachten Schutzmasken bereitzustellen.

Allerdings: Eine CE-Zertifizierung, womit garantiert werden soll, dass ein Produkt den geltenden europäischen Richtlinien entspricht, weisen selbst genähte Masken natürlich nicht auf. Im Sinne der Produktsicherheit wird überdies generell davon abgeraten, Medizinprodukte auf ungeprüften, nicht kontrollierten Handelswegen zu beziehen. Watchlist Internet warnte bereits vor Wochen vor mehreren Fakeshops für medizinische Produkte – mehr dazu in help.ORF.at.

Mundschutzmaske aus dem 3-D-Drucker
privat
Selbst gemachter Mundschutz – wie hier aus dem 3D-Drucker – wird immer beliebter

Geht es nach dem Gesundheitsministerium, so stellen eine gute Händehygiene, korrekte Hustenetikette und das Einhalten eines Mindestabstandes (ca. ein bis zwei Meter) von Mitmenschen nach wie vor die wichtigsten und effektivsten Schutzmaßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus dar. Diese Maßnahmen gelten generell auch während der Grippesaison.