Migrationsforscher Knaus: Flüchtlingslager auf Inseln räumen

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus in Griechenland fordert der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus, ein Mitentwickler des EU-Türkei-Abkommens, die Räumung der dortigen Flüchtlingslager.

Massenansteckung und Panik drohen

Sollte sich nämlich in den mit rund 40.000 Menschen vollkommen überfüllten Lagern auf den Inseln das Coronavirus verbreiten, wären Massenansteckung und Panik die Folge – auch unter der ansässigen Bevölkerung, sagte Knaus dem „Standard“ (Montag-Ausgabe). Es gelte, vielleicht Tausende Infektionen sowie Todesfälle unter Flüchtlingen zu verhindern, so Knaus. In Griechenland wurden bisher über 530 Fälle von Coronavirus-Infektionen registriert.

Ein Wasserhahn für 1.300 Menschen

Im überfüllten Camp Moria auf der Ägäis-Insel Lesbos müssten sich 1.300 Flüchtlinge einen Wasserhahn teilen, „die meisten können sich nicht einmal regelmäßig ihre Hände waschen. Viele leben in behelfsmäßigen Zelten und haben keine Chance, sich voneinander zu isolieren, um eine Infektion zu vermeiden“, so Knaus.

Knaus plädierte deshalb für eine Umverteilung der Schutzsuchenden auf das griechische Festland, wie auch von Hilfsorganisationen seit Langem gefordert wird. Von dort aus sollen diese dann auch auf andere EU-Staaten verteilt werden.

Zwischenfälle an griechisch-türkischer Grenze

An der griechisch-türkischen Grenze kam es erneut zu Zwischenfällen am Übergang von Kastanies/Pazarkule. Eine Gruppe von rund 200 Flüchtlingen fällte gestern Abend einen Baum und beschädigte damit den Grenzzaun auf griechischer Seite. Die griechischen Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein und sicherten die Stelle ab, berichtete das griechische Radio.

Die Türkei hatte Ende Februar erklärt, die Grenze zur Europäischen Union sei für Migranten offen. Daraufhin machten sich Tausende Menschen auf den Weg, um aus der Türkei nach Griechenland und somit in die EU zu gelangen. Griechenland ließ sie jedoch nicht passieren und setzte die Annahme von Asylanträgen aus. Inzwischen befinden sich Schätzungen griechischer Polizeioffiziere zufolge aber nur noch wenige hundert Menschen auf der türkischen Seite der Grenze.

Athen bringt Geflüchtete auf Festland

Die Regierung in Athen bringt weiter Hunderte Geflüchtete auf das griechische Festland, um sie dort in geschlossenen Lagern unterzubringen. Danach sollen sie in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden. Insgesamt wurden nach Berichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am Wochenende 600 Migranten von den Inseln Samos, Chios und Lesbos in ein Camp in Nordgriechenland gebracht. Bereits vergangene Woche waren mehr als 400 in ein Lager nach Athen gebracht worden.

Es handelt sich den Angaben zufolge um Migrantinnen und Migranten, die nach dem 1. März aus der Türkei nach Griechenland kamen. Die griechische Regierung spricht ihnen das Recht ab, Asyl zu beantragen, und will sie in ihre Herkunftsländer ausweisen.

Auch Syrien meldet ersten Coronavirus-Fall

Unterdessen meldete als eines der letzten Länder in der arabischen Welt auch Syrien seinen ersten Coronavirus-Fall. Betroffen davon sind die Gebiete unter Kontrolle der Regierung. Es handle sich um eine etwa 20 Jahre alte Person, die aus dem Ausland eingereist sei, erklärte der syrische Gesundheitsminister Nisar Yasidschi, wie die staatliche Agentur Sana gestern Abend meldete. Aus welchem Land der Patient nach Syrien gekommen sein könnte, ist unklar.