Bauarbeiter
ORF.at/Dominique Hammer
„Stillschweigen“ nach Gipfel

Weiter keine klare Linie bei Baustellen

Ein Blick rundherum genügt, um festzustellen: Eine Baustelle ist eingestellt, auf der anderen läuft der Betrieb wie ohne Coronavirus-Epidemie. Das hat in letzter Zeit für Verunsicherung gesorgt, bei Auftraggebern wie Beschäftigten. Ein Gipfel zwischen Sozialpartnern und Regierung am Montag brachte jedenfalls noch keine Klarheit.

Das Gespräch mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sei konstruktiv verlaufen, hieß es von der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) am Montagabend. Zugeschaltet seien auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (beide ÖVP) gewesen. Was genau besprochen worden war, ließ die Gewerkschaft allerdings offen. „Um eine rasche gemeinsame Lösung nicht zu gefährden, wurde Stillschweigen vereinbart“, hieß es in einer Aussendung.

Bis zu einer Einigung bleiben laut der Arbeitnehmervertretung die bisherigen Regeln wie der Ein-Meter-Sicherheitsabstand weiterhin aufrecht. Dieser müsse sowohl in Firmenbussen wie auf Baustellen und in Betrieben eingehalten werden. „Bis zur klaren Regelung appelliere ich, die gesundheitlichen Interessen der Beschäftigten vor die wirtschaftlichen Interessen zu stellen“, sagte GBH-Bundesvorsitzender Josef Muchitsch (SPÖ).

Spezifische Situation auf dem Bau

Muchitsch hatte letzte Woche einen Arbeitsstopp mit staatlicher Unterstützung gefordert. Einen Mindestabstand zu halten und direkten Kontakt zu vermeiden sei „für die Beschäftigten in der Praxis nicht möglich“, hieß es damals vom GBH-Vorsitzenden. Er appellierte an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Anschober, Baustellen per „Verordnung von oben“ einzustellen.

Es würden bereits Baustellen „heruntergefahren“, zahlreiche Auftraggeber, privat und öffentlich, weigerten sich aber, das zu tun. Die Gesundheit der Beschäftigten und die ihrer Familien sei nicht mehr gewährleistet, argumentierte der Gewerkschafter und SPÖ-Nationalratsabgeordnete. Dort, wo Arbeiten wirklich systemrelevant sind, müsse eine Lösung für das Wie gefunden werden.

Große Unternehmen melden Kurzarbeit an

Mehrere große Bauunternehmen, darunter STRABAG und Porr mit gemeinsam mehreren zehntausend Beschäftigten, kündigten in den vergangenen Tagen an, den Betrieb auf ihren Baustellen komplett bzw. fast zur Gänze einzustellen. Von Porr hieß es vor wenigen Tagen, es seien mehr als 1.000 Baustellen betroffen, alle Arbeiter und der Großteil der Angestellten würden zur Kurzarbeit angemeldet.

Gekündigt würde niemand. Begründet wurde der Schritt mit der Unsicherheit mangels verbindlicher Vorgaben für die Schließung von Baustellen, weshalb Auftraggeber „von sich aus“ tätig geworden seien. „Deshalb müssen wir den laufenden Betrieb unserer mehr als 1.000 Baustellen in Österreich zum allergrößten Teil ebenfalls einstellen.“

Nur das Notwendigste

Nur kurz zuvor hatte bereits die STRABAG die Einstellung der Arbeiten auf ebenfalls rund 1.000 Baustellen in Österreich und den Umstieg auf Kurzarbeit für drei Monate bekanntgegeben. Auch bei ihr hieß es, es würde niemand gekündigt. Porr beschäftigt in Österreich und international an die 20.000 Personen, die STRABAG in Österreich rund 11.000 und insgesamt über 75.000.

Aus Wien hieß es am Montag unter Verweis darauf, dass bisher die Bauunternehmen selbst entschieden, ob sie weitermachen oder die Arbeit einstellen, dass die Stadt eine „Kulanzregelung“ anbiete. Baustellen und Fristen würden, „zunächst auf die Dauer der durch die Bundesregierung verordneten diesbezüglich wirksamen Beschränkungen kulant behandelt“. Für Arbeiten zur Erhaltung der Infrastruktur werde geprüft, unter welchen Bedingungen diese durchgeführt werden können.

Ruf nach klaren Regeln

Klare Regelungen bzw. Verhältnisse hatten im Vorfeld des Treffens im Gesundheitsministerium am Montag auch FPÖ und NEOS gefordert. „Die Vorgaben einzuhalten, ist in der Arbeitspraxis faktisch nicht möglich“, hatte es von den Freiheitlichen geheißen. „Die Bevölkerung ist aufgerufen, möglichst daheim zu bleiben, gleichzeitig werden Beschäftigte in der Bauwirtschaft weiter in Bussen in Gruppen zu den Baustellen gefahren. Das geht nicht!“, hieß es in einer Aussendung von NEOS.