Ortstafel Ischgl
ORF.at/Zita Klimek
Fall schon im Februar?

Staatsanwaltschaft mit Ischgl befasst

Das Land Tirol hat wegen eines offenbaren Ischgler Coronavirus-Falles die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Der Grund: Ein deutsches Medium, laut APA-Informationen das ZDF, informierte die Gemeinde Ischgl, dass in einem dortigen Betrieb schon Ende Februar ein positiver Fall bekannt gewesen sein soll. Der namentlich nicht genannte Betrieb soll den Fall jedoch nicht der Gesundheitsbehörde gemeldet haben.

Der Fall, der eine Mitarbeiterin betraf, soll so gehandhabt worden sein, dass diese nach Hause geschickt wurde, hieß es. Ob es sich bei dem Fall tatsächlich um einen positiven Coronavirus-Fall handelt – dafür wäre eine Testung notwendig – oder um einen Verdachtsfall, war zunächst unklar und auch dem Land nicht bekannt.

Es handle sich jedoch um „derart ernste Vorwürfe, dass dem sofort nachzugehen ist“, sagte ein Sprecher der APA. Deshalb habe die Bezirkshauptmannschaft Landeck die Information als Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft bestätigte der APA indessen den Erhalt der entsprechenden Sachverhaltsdarstellung, die derzeit allein auf den Informationen des Mediums basiert. Ein offizielles Ermittlungsverfahren sei noch nicht eingeleitet worden, erklärte Sprecher Hansjörg Mayr. Eine Entscheidung darüber werde am Dienstag oder Mittwoch fallen. Es brauche jedenfalls noch weitere Informationen seitens des Landes.

Gegen Meldepflicht verstoßen?

Auch vonseiten der Bezirkshauptmannschaft Landeck werde nach dem Epidemiegesetz ermittelt, hieß es. Es stehe der Vorwurf im Raum, dass eine meldepflichtige Erkrankung oder deren begründeter Verdacht nicht an die Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet worden sei.

„Die Gesundheitsbehörden weisen in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass unter anderem auch für InhaberInnen von Gast- und Schankbetrieben bei meldepflichtigen Erkrankungen, zu denen auch das Coronavirus zählt, eine gesetzliche Meldepflicht besteht“, erklärte das Land. Man mache „ausdrücklich und wiederholt darauf aufmerksam, dass LokalbesitzerInnen bei Nichtanzeige einer meldepflichtigen Krankheit eine Anzeige nach dem Epidemiegesetz droht.“

Der erste medial bekanntgewordene Fall einer Infektion datiert mit dem 7. März und betraf einen Barkeeper. Island hatte dagegen schon zuvor vor „unnötigen Reisen“ nach Ischgl abgeraten und Rückkehrern empfohlen, zunächst zwei Wochen zu Hause zu bleiben. ORF.at hatte unter Berufung auf isländische Medien schon am 3. März berichtet, dass ein Isländer nach einem Besuch in Österreich erkrankt zurückgekehrt war.

Politisch Verantwortliche unter Druck

Das Land Tirol war hinsichtlich des „Herdes“ Ischgl in den vergangenen Tagen massiv unter Beschuss geraten. Den Behörden und politisch Verantwortlichen wie Landeshauptmann Günther Platter und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (beide ÖVP) wurde vorgeworfen, zu spät auf die Entwicklungen reagiert und auf die Seilbahn- und Tourismusindustrie Rücksicht genommen zu haben.

Von Tiroler Oppositionsparteien gab es am Wochenende weitere Kritik am Krisenmanagement der Tiroler Landesregierung. Der SPÖ-Landesparteiobmann Georg Dornauer forderte eine sofortige Neubesetzung des Krisenstabs in Tirol – mehr dazu in tirol.ORF.at

SMS-Verkehr wirft Fragen auf

Zuletzt lieferte ein an die Öffentlichkeit gelangter SMS-Verkehr den Kritikern weitere Munition. Der Tiroler Investigativblogger Markus Wilhelm veröffentlichte SMS-Nachrichten des ÖVP-Nationalratsabgeordneten Franz Hörl. Der Mandatar, der auch Landesobmann des Tiroler Wirtschaftsbundes und Obmann des Fachverbandes der Seilbahnwirtschaft ist, schreibt darin an den Wirt der Ischgler Apres-Ski-Bar „Kitzloch“, er solle die Bar endlich zusperren. Sonst könnte er „schuld am Ende der Saison in Ischgl und eventuell Tirol sein“.

In dem SMS-Verkehr finden sich auch Sätze wie: „Wenn eine Kamera den Betrieb sieht, stehen wir Tiroler da wie ein Hottentotten-Staat.“ Hörl meint darin überdies, „nach einer Woche, zehn Tagen“ könne „Gras über die Sache gewachsen“ sein. Laut Wilhelm wurden die SMS am 9. März versendet, also an dem Tag, an dem das Land Tirol schließlich die Schließung der Bar bekanntgab. Sowohl der Wirt als auch Hörl bestätigten gegenüber dem „Standard“ inzwischen die Echtheit der Nachrichten.

Hörl sieht „eindringliche Appelle“

Laut den Tiroler Behörden erfolgte die Schließung einvernehmlich. Die Nachrichten Hörls lassen freilich anderes vermuten. Und sie geben – Stichwort „Gras über die Sache“ – auch einen Einblick, wie sehr manche in der Tiroler Tourismusbranche den Ernst der Lage offensichtlich unterschätzten oder nicht wahrhaben wollten.

Laut „Standard“ soll sich der einflussreiche Seilbahnen-Obmann Hörl bis zuletzt dafür eingesetzt haben, die Skisaison nicht vorzeitig zu beenden. Hörl selbst bezeichnete gegenüber dem „Standard“ seine SMS als „eindringliche Appelle an einen aus meiner damaligen Sicht uneinsichtig agierenden Wirt“. Der Wirt wiederum zeigte dem „Standard“ eine der Antworten, die er Hörl nach eigenen Angaben geschrieben habe. Darin heißt es unter anderem, die Annahme, dass schnell Gras über die Sache gewachsen sein werde, sei „bemerkenswert“.

Nun auch Zillertal im Fokus

Am Samstag rückte indessen auch das Zillertal in den Fokus der Aufmerksamkeit: Das Land Tirol bat in einem dringenden Aufruf alle, die von 8. bis 15. März Bars und Apres-Ski-Lokale im Zillertal besucht haben, sich zu melden. Neun Lokale sind betroffen, außerdem zwei Hotels und eine Pension. Am Sonntag bestätigte die Bezirkshauptmannschaft Schwaz, dass sich bereits viele mögliche Betroffene gemeldet haben – mehr dazu in tirol.ORF.at.