„Was wir bereits erkennen können, ist, dass der Verdoppelungszeitraum länger wird“, so Auer. Vor „zehn, zwölf Tagen“ sei der Zeitraum noch bei 2,3 Tagen gelegen, „jetzt bei deutlich über vier Tagen“. „Die Zahlen wachsen immer noch, aber deutlich weniger schnell“, sagte Auer gegenüber der ZIB2.
Voreilige Schlüsse lassen sich aber nicht ziehen. Die seit Samstag zusätzlich durchgeführten Tests „werden sich erst in den kommenden Tagen in der Statistik bemerkbar machen“, so Auer. Dann könnten die Fallzahlen wieder in die Höhe gehen.
Infektionszahlen wachsen weniger schnell
Vor zehn Tagen sind die Neuinfektionszahlen noch um 33 Prozent pro Tag gestiegen, seitdem steigen sie Neuinfektionen langsamer – durchschnittlich sind es 18 Prozent plus pro Tag. Dabei bleiben viele Unbekannte: Zum einen dauert es mehrere Tage, bis Testergebnisse in die Statistik einfließen, zum anderen variieren die Schätzungen zur Dunkelziffer zwischen einem Faktor fünf und einem Faktor 40.
Dunkelziffer schwer abschätzbar
Ebenfalls verlangsamt hat sich unterdessen die Zunahme der Fallzahlen pro Tag. Laut dem Institut SORA lagen die täglichen Zuwachsraten vor zehn Tagen bei 33 Prozent, seit Mitte der Vorwoche sind es zwischen 18 und 24 Prozent. Die überwiegende Mehrzahl der Infektionen scheint hierzulande – zumindest derzeit – so zu verlaufen, dass es keinen Spitalsaufenthalt braucht. Laut ZIB2 werden aktuell 147 Personen in Österreich wegen einer Erkrankung in Krankenhäusern behandelt, 16 Menschen liegen auf der Intensivstation.
Die Dunkelziffer ist nur schwer abschätzbar. Sie variiere zwischen „dem Faktor fünf und Faktor 40“, sagte John Haas von der Abteilung Data Science der Fachhochschule Wieselburg in Niederösterreich der ZIB2. „Prognostisch ist das absolut unscharf“, so Haas. Dass die Zahlen, was die nicht erkannten Infektionen betrifft, stark auseinandergehen, bestätigte auch die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl. Insgesamt sei eine hohe Dunkelziffer aber wünschenswert, „weil das bedeutet, dass die Krankheit nicht so gefährlich ist und viele sie asymptomatisch durchgemacht haben“, sagte die Medizinerin der APA. Datenspezialist Haas plädierte für die „stichprobenartige Testung in der Bevölkerung“, um einen besseren Überblick über die Fallzahlen zu gewinnen.
Rendi-Wagner: Mehr Personenkreise testen
Die Ausweitung der Tests führte unterdessen zu einem politischen Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierung. Die SPÖ-Vorsitzende und frühere Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner forderte am Montag „flächendeckende“ Coronavirus-Tests, was der aktuelle Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als „populistischen Ansatz“ zurückwies. „Eine flächendeckende Testung wird von unserem Fachbeirat als nicht sinnvoll bewertet und ist auch aufgrund der Ressourcen nicht umsetzbar“, so Anschober.
In der ZIB2 erneuerte und präzisierte Rendi-Wagner ihre Forderung nach einer Erhöhung der Testzahlen. Dabei gehe es nicht um eine räumliche Ausweitung, sondern um eine Erweiterung der Personenkreise: „Die Tests müssen auf alle Kontaktpersonen von Infizierten ausgedehnt werden. Auch jene, die keine Symptome zeigen.“ Denn aus dieser Gruppe kämen, wie man in anderen Ländern sehe, „unwissentlich die stärksten Verbreiter des Virus“. Hier müsse man die Infektionskette rasch unterbrechen.
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner fordert die Ausdehnung der Tests
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte, flächendeckende CoV-Tests durchzuführen, was Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) aber ablehnte und als „populistischen Ansatz“ bezeichnete. Rendi-Wanger – selbst Ärztin und ehemalige Gesundheitsministerin – war dazu in die ZIB2 zugeschaltet.
Immunität testen
Verstärkte Tests seien zum einen eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), zum anderen hätten Länder wie Taiwan und Südkorea damit Erfolge erzielt. Diese Tests seien auch notwendig für Modellberechnungen, die die Information geben können, wie weit und lange noch Einschränkungen notwendig sein werden.
In einer zweiten Phase müsse man dann für die Prognosen der nächsten Wochen und Monate stichprobenweise auf Immunitäten testen. Dass Anschober ihre Forderung mit dem Hinweis zurückwies, es gebe nicht genügend Kapazität, ließ Rendi-Wagner, selbst Infektiologin, nicht gelten: „Es muss machbar sein, was notwendig ist“, sagte sie. Man müsse alle Kapazitäten nützen, die es gibt. Sie habe das auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mitgeteilt, und der sei durchaus ihrer Meinung.
Hofer für flächendeckende Tests
Kritik an den derzeitigen Coronavirus-Tests kam am Dienstag auch von FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer: „Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt flächendeckende Tests. Nur wenn man weiß, wie viele Menschen tatsächlich das Virus in sich tragen und es damit auch weitergeben können, können die Bemühungen im Kampf gegen die weitere Verbreitung optimiert werden.“
Er, Hofer, verstehe die „ablehnende Haltung des Gesundheitsministers in dieser Frage absolut nicht“. Anschober hätte zwar versprochen, die Testkapazitäten in den nächsten Tagen und Wochen zu erhöhen – „von flächendeckenden Tests will er aber nichts wissen“, hieß es in einer Aussendung der FPÖ. „Ich verstehe die ablehnende Haltung des Gesundheitsministers in dieser Frage absolut nicht“, so Hofer.