Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
APA/Hans Punz
Coronavirus

Regierung will Testkapazität stark steigern

Die Regierung hat am Dienstag angekündigt, die Kapazitäten für die Coronavirus-Tests stark zu steigern. „Das wichtigste Ziel ist: testen, testen, testen“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Am Freitag will die Regierung informieren, welche Wirkung die bisherigen Maßnahmen zeigen.

Er habe die Bundesländer und den Gesundheitsminister ersucht, alles zu tun, um die Kapazitäten zu steigern, so Kurz. „Es wird gelingen, die Kapazitäten auf rund 15.000 pro Tag auszubauen.“ Darüber hinaus werde man auf Schnelltests setzen. Momentan befinde man sich in der „Endabstimmung“, um die Möglichkeit zu schaffen, „Hunderttausende Menschen breitenwirksam zu testen“. Dabei werden diese Tests nicht dieselbe Qualität haben – das sei jedoch die einzige Möglichkeit, „Hunderttausende und nicht nur wenige zu testen“, so Kurz.

Großes Thema ist momentan auch, wie lange die Beschränkungen aufrechterhalten werden. Kurz sagte, die „ehrliche Antwort“ sei, dass es noch „kein valides Zahlenmaterial“ gebe, und bat um Geduld bis Freitag. Dann sollten diese Zahlen vorliegen, und die Regierung will darüber informieren, „wie stark die Maßnahmen greifen“ – und mit welchem Szenario zu rechnen sei. „Wir müssen in den einstelligen Bereich, was das Wachstum der Kurve betrifft“, so Kurz zu einer möglichen Lockerung der Maßnahmen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
APA/Hans Punz
Die Regierung erklärt die Testoffensive

Hoffnungen, dass nach Ostern Einschränkungen schnell der Vergangenheit angehören, dämpfte Kurz: „Wir werden nach Ostern in einer Phase sein, die der heutigen mehr ähnelt als der Normalzustand“, so der Kanzler. Ziel sei es aber, die Maßnahmen mit 14. April schrittweise zurückzunehmen. „Die Betonung liegt auf Ziel und auf schrittweise“, sagte Kurz. Und: „Es wird nicht das Leben von heute auf morgen wieder so sein, wie es war.“

Härtefälle: Auszahlungen ab nächster Woche

Kurz sieht momentan „drei Prioritäten“: Es gehe darum, die Regeln einzuhalten – Stichwort: soziale Kontakte reduzieren –, Kapazitäten zu schaffen und Arbeitsplätze bestmöglich zu sichern. Er appellierte an alle Unternehmerinnen und Unternehmer, auf das neue Kurzarbeitsmodell zu setzen.

Auch das Härtefallpaket wird finalisiert. Bereits nächste Woche sollen erste Auszahlungen stattfinden. Vizekanzler Kogler sagte, dass diese Erstauszahlung „möglichst unbürokratisch sein soll“. Als Abwicklungsstelle wird die Wirtschaftskammer fungieren. Im Prinzip „muss man sich nur durch das Formular klicken“, so Kogler. Er wies auch darauf hin, dass Kurzarbeit auch für Freiberufler zur Verfügung stehe.

Die aktuelle Gesundheitskrise könne zu einer „Wirtschafts- und Beschäftigungskrise führen“, die auch „drei oder vier Monate dauern kann“. „Für die Wirtschaft wird es einen Neustart und Wiederaufbau brauchen“, so Kogler. Kurzarbeit sei aktuell die bessere und unbürokratische Maßnahme.

Pressekonferenz zur aktuellen Lage zum Coronavirus

Die Bundesregierung informierte am Dienstag über aktuelle Entwicklungen.

„Diejenigen strafen“, die „Erfolg gefährden“

An die Bevölkerung richtete Kurz den Appell, die geltenden Regeln hinsichtlich der Ausgangsbeschränkungen auch einzuhalten. „Wir haben es in der Hand, alles zu tun, dass es keine Zustände wie in Italien oder Spanien gibt.“ Auch dankte er allen, „die sich diszipliniert an die Maßnahmen halten“. Gleichzeitig sagte der Kanzler, er habe den Innenminister ersucht, „diejenigen zu strafen, die sich nicht daran halten und damit den Erfolg aller gefährden“.

Kogler rief die Menschen in Österreich dazu auf, die Methode, die hierzulande gewählt wurde – Ausgangsbeschränkungen, aber die Möglichkeit, dem Bewegungsdrang nachzugehen –, nicht „zu sehr auszureizen“. Gemeinsame Ausflüge etwa seien nicht vorgesehen gewesen, vielmehr gehe es darum, sich für kurze Zeit im Freien zu bewegen – diejenigen, die Sport gewohnt sind, sollen diesen „tunlichst alleine“ machen. Man wolle sich nicht gezwungen sehen, die Beschränkungen nachzuschärfen: „Das ist nicht unser Interesse“, so Kogler.

Anschober: Kein Kurswechsel

Anschober, der noch vor Kurzem flächendeckende Tests als „populistischen Ansatz“ zurückgewiesen hatte, sah „keine Strategieänderung“. Flächendeckend würde bedeuten, dass „jeder einzelne Mensch in Österreich“ getestet wird. Doch selbst das würde keine „hundertprozentige Aussage“ ergeben: Schließlich könne man am „Dienstag getestet werden“, am Abend das Ergebnis haben und „sich am Mittwoch in der Früh anstecken“, so Anschober.

Man habe bewusst abgewartet, bis die Qualität der Schnelltests dort ist, dass man spezifische Aussagen treffen könne – das sei nun der Fall, so Anschober. Kurz ergänzte, er erwarte, dass die ersten Schnelltests schon diese Woche in Österreich eintreffen, diese müssten dann aber noch „gecheckt“ werden. Man könne sich mit den Schnelltests den „spezifischen Infektionsgrad“ etwa in einer bestimmten Region ansehen – in einem Bezirk – und auch die Infektionsrate in bestimmten Berufsgruppen.

Kurz sagte dazu, Schnelltests würden eine „wesentliche Rolle“ auch in jener Phase spielen, wenn man wieder soziale Kontakte aufnehmen will. Denn man wisse aus Erfahrung der asiatischen Länder, dass es – neben Disziplin – ein „ganz, ganz wesentlicher Faktor“ sei, möglichst breit zu testen, „um zu wissen, wie viele Menschen sind erkrankt und wie viele können Erkrankungen weitertragen“.

Nehammer sieht nur wenige, die Maßnahmen ignorieren

Innenminister Nehammer sagte, die bisherigen Maßnahmen dienten nur einem Zweck: „Jeder, der sich daran hält, wird zum Lebensretter. Alle, die das nicht tun, werden zum Lebensgefährder.“ Die Maßnahmen seien keine Empfehlungen, sondern Anordnungen – es gebe nur wenige, die das nicht verstehen wollten, die nun von der Polzei „intensiv darauf aufmerksam“ gemacht werden.

Nehammer sagte auch, dass sich die Kriminalität in der momentanen Situation verändere. So gebe es einen Rückgang bei Einbruchsdiebstählen – im Gegenzug warnte er vor einem Anstieg bei Internetkriminalität, die die aktuelle Lage ausnutze, etwa durch Gesichtsmasken, die nicht schützen, und Desinfektionsmittel, die nicht wirken, so Nehammer. Die Lage an den Grenzen habe sich unterdessen stabilisiert.

Schutzausrüstung soll bald eintreffen

Unterdessen werde „intensiv an der Beschaffung, Produktion und Logistik gearbeitet“, so Kurz – auch um Schutzausrüstung für medizinisches Personal zu beschaffen. „Es treffen Lieferungen ein in den nächsten Tagen“ – unter anderem aus der Volksrepublik China, von der Österreich 20 Millionen Schutzmasken erhalten werde. „Die ersten fünf Millionen werden schon diese Woche eintreffen“, sagte Kurz.

Der Leiter des Bereichs Beschaffung und Logistik beim Roten Kreuz, Jürgen Kunert, sagte im Ö1-Mittagsjournal, man sei momentan dabei, mit der AUA und dem chinesischen Lieferanten abzuklären, ob bereits am Samstag eine Lieferung in Wien ankommen könne. Die Organisation übernimmt das Rote Kreuz für die Republik, aus rechtlichen Gründen kann es auch flexibler agieren – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Rendi-Wagner begrüßt Steigerung der Testkapazität

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begrüßte die Ankündigung des Bundeskanzlers, die Testkapazität auszubauen. „Das ist die richtige Entscheidung des Bundeskanzlers“, so die SPÖ-Vorsitzende, die zuletzt wiederholt wesentlich mehr Coronavirus-Tests in Österreich gefordert hatte. Auch alle Kontaktpersonen von Infizierten sollten „dringend flächendeckend“ getestet werden. Rendi-Wagner berief sich diesbezüglich auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zudem sei das Voraussetzung für eine „aussagekräftige Datenlage“, so die SPÖ-Chefin, die selbst Ärztin ist: „Wir müssen wissen, wie groß der Eisberg unter der Wasseroberfläche ist.“