Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
APA/Hans Punz
Kurz zu Schulen

Schließungen noch „deutlich länger“ möglich

Noch diese Woche will die Bundesregierung eine Zwischenbilanz zur Wirkung der Maßnahmen gegen das Coronavirus ziehen. Davon wird abhängen, wann diese gelockert werden können. Zumindest in puncto Schule dämpfte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Hoffnungen auf ein schnelles Zurück zur Normalität. Die Frage, die sich im Moment viele stellen, ist überhaupt die, wie es nach Ostern weitergehen wird.

Dienstagabend sagte Kurz gegenüber der ZIB1 auf die Frage, wie es in den kommenden Wochen aussehen könnte: Eine Lockerung vor Ostern „wird dezidiert nicht stattfinden“. Danach werde es schrittweise gehen, es werde ein langsames Wiederhochfahren des öffentlichen Lebens geben.

Bis einschließlich Ostern werde sicher auch der Unterricht an den Schulen nicht wieder beginnen, sagte der Bundeskanzler. Es könne schon sein, dass die noch deutlich länger geschlossen blieben. Zuvor hatte Kurz am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) über die aktuelle Situation informiert. Noch diese Woche soll es eine Zwischenbilanz geben.

Weiter wohl mehr Ausnahme- als Normalzustand

Aktuell sei die „ehrliche Antwort“, dass es noch „kein valides Zahlenmaterial“ gebe, sagte Kurz und bat um Geduld bis Freitag. Dann sollten diese Zahlen vorliegen, und die Regierung will darüber informieren, „wie stark die Maßnahmen greifen“ – und mit welchem Szenario zu rechnen sei. „Wir müssen in den einstelligen Bereich, was das Wachstum der Kurve betrifft“, so Kurz zu einer möglichen Lockerung der Maßnahmen.

Vorerst noch gedämpfter Ausblick auf nach Ostern

Ein normales Leben ist in der aktuellen Situation nicht möglich, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die Einschränkungen im Alltag werden sich nicht so schnell ändern.

Hoffnungen, dass nach Ostern besagte Einschränkungen schnell der Vergangenheit angehören, dämpfte Kurz: „Wir werden nach Ostern in einer Phase sein, die der heutigen mehr ähnelt als der Normalzustand.“ Ziel sei es aber trotzdem, die Maßnahmen mit 14. April schrittweise zurückzunehmen. „Die Betonung liegt auf Ziel und auf schrittweise“, sagte Kurz. Und: „Es wird nicht das Leben von heute auf morgen wieder so sein, wie es war.“

Tests sollen hochgefahren werden

Die Regierung hatte am Dienstag angekündigt, die Kapazitäten für die Coronavirus-Tests stark zu steigern. „Das wichtigste Ziel ist: testen, testen, testen“, sagte Kurz bei der Pressekonferenz Dienstagvormittag. Er habe die Bundesländer und den Gesundheitsminister ersucht, alles zu tun, um die Kapazitäten zu steigern. „Es wird gelingen, die Kapazitäten auf rund 15.000 pro Tag auszubauen.“ Darüber hinaus werde man auf Schnelltests setzen. Momentan befinde man sich in der „Endabstimmung“, um die Möglichkeit zu schaffen, „Hunderttausende Menschen breitenwirksam zu testen“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
APA/Hans Punz
Die Regierung erklärt die Testoffensive

Dabei werden diese Tests nicht dieselbe Qualität haben – das sei jedoch die einzige Möglichkeit, „Hunderttausende und nicht nur wenige zu testen“, so Kurz. In der ZIB am Dienstagabend betonte Kurz: Es gehe darum, mit den Tests „in die Massen zu kommen“. Das sei neben der Einschränkung der sozialen Kontakte „der zweite wichtige Erfolgsfaktor“.

Härtefälle: Auszahlungen ab nächster Woche

Kurz sieht momentan „drei Prioritäten“: Es gehe darum, die Regeln einzuhalten – Stichwort: soziale Kontakte reduzieren –, Kapazitäten zu schaffen und Arbeitsplätze bestmöglich zu sichern. Er appellierte an alle Unternehmerinnen und Unternehmer, auf das neue Kurzarbeitsmodell zu setzen.

Auch das Härtefallpaket wird finalisiert. Bereits nächste Woche sollen erste Auszahlungen stattfinden. Vizekanzler Kogler sagte, dass diese Erstauszahlung „möglichst unbürokratisch sein soll“. Als Abwicklungsstelle wird die Wirtschaftskammer fungieren. Im Prinzip „muss man sich nur durch das Formular klicken“, sagte Kogler bei der Pressekonferenz der Regierung. Er wies auch darauf hin, dass Kurzarbeit auch für Freiberufler zur Verfügung stehe.

Die aktuelle Gesundheitskrise könne zu einer „Wirtschafts- und Beschäftigungskrise führen“, die auch „drei oder vier Monate dauern kann“. Für die Wirtschaft werde es „einen Neustart und Wiederaufbau brauchen“, so Kogler.

Pressekonferenz zur aktuellen Lage zum Coronavirus

Die Bundesregierung informierte am Dienstag über aktuelle Entwicklungen.

„Diejenigen strafen“, die „Erfolg gefährden“

An die Bevölkerung richtete Kurz den Appell, die geltenden Regeln hinsichtlich der Ausgangsbeschränkungen auch einzuhalten. „Wir haben es in der Hand, alles zu tun, dass es keine Zustände wie in Italien oder Spanien gibt.“ Auch dankte er allen, „die sich diszipliniert an die Maßnahmen halten“. Gleichzeitig sagte der Kanzler, er habe den Innenminister ersucht, „diejenigen zu strafen, die sich nicht daran halten und damit den Erfolg aller gefährden“.

Kogler rief die Menschen in Österreich dazu auf, die Methode, die hierzulande gewählt wurde – Ausgangsbeschränkungen, aber die Möglichkeit, dem Bewegungsdrang nachzugehen –, nicht „zu sehr auszureizen“. Gemeinsame Ausflüge etwa seien nicht vorgesehen gewesen, vielmehr gehe es darum, sich für kurze Zeit im Freien zu bewegen – diejenigen, die Sport gewohnt sind, sollen diesen „tunlichst alleine“ machen. Man wolle sich nicht gezwungen sehen, die Beschränkungen nachzuschärfen: „Das ist nicht unser Interesse“, so Kogler.

Anschober: Kein Kurswechsel

Anschober, der noch vor Kurzem flächendeckende Tests als „populistischen Ansatz“ zurückgewiesen hatte, sah „keine Strategieänderung“. Flächendeckend würde bedeuten, dass „jeder einzelne Mensch in Österreich“ getestet wird. Doch selbst das würde keine „hundertprozentige Aussage“ ergeben: Schließlich könne man am „Dienstag getestet werden“, am Abend das Ergebnis haben und „sich am Mittwoch in der Früh anstecken“, so Anschober. Man habe bewusst abgewartet, bis die Qualität der Schnelltests dort ist, dass man spezifische Aussagen treffen könne – das sei nun der Fall, so Anschober.

Nehammer sieht nur wenige, die Maßnahmen ignorieren

Innenminister Nehammer sagte, die bisherigen Maßnahmen dienten nur einem Zweck: „Jeder, der sich daran hält, wird zum Lebensretter. Alle, die das nicht tun, werden zum Lebensgefährder.“ Die Maßnahmen seien keine Empfehlungen, sondern Anordnungen – es gebe nur wenige, die das nicht verstehen wollten, die nun von der Polizei „intensiv darauf aufmerksam“ gemacht werden.

Nehammer sagte auch, dass sich die Kriminalität in der momentanen Situation verändere. So gebe es einen Rückgang bei Einbruchsdiebstählen – im Gegenzug warnte er vor einem Anstieg bei Internetkriminalität, die die aktuelle Lage ausnutze, etwa durch Gesichtsmasken, die nicht schützen, und Desinfektionsmittel, die nicht wirken, so Nehammer. Die Lage an den Grenzen habe sich unterdessen stabilisiert.

Das Problem mit der Herdenimmunität

Der Virologe Herwig Kollaritsch erläuterte Dienstagabend, warum man nun seitens der Regierung auch auf Schnelltests zur Erkennung von Coronavirus-Infizieren setzt. Diese seien dann am sinnvollsten, wenn man ein Kollektiv untersuchen und sehen wolle, wie viele Personen unbewusst Kontakt mit dem Virus gehabt hätten, erklärte das Mitglied der Taskforce des Sozialministeriums in der ZIB2.

Infektiologe: „Haben mehr Tests zur Verfügung“

Infektiologe Herwig Kollaritsch informiert darüber, warum man im Falle des Coronavirus nicht auf die Herdenimmunität setzen sollte und weshalb die Isolation in Italien nicht funktioniert. Österreich habe frühzeitig Maßnahmen gesetzt, um das Virus einzudämmen, so Kollaritsch. Er erklärt außerdem, weshalb man in Österreich nun mehr Tests durchführen kann als bisher und wie derartige Testungen aussehen.

Zu sehen, wie stark die Durchseuchung sei, sei ein wichtiger Parameter für die zu setzenden Maßnahmen, erläuterte der Virologe. Entschieden trat er Theorien entgegen, wonach es besser wäre, das Virus einfach die Bevölkerung durchlaufen zu lassen, um rasch eine Herdenimmunität zu erreichen. Damit wäre innerhalb von zwei Wochen das Gesundheitssystem völlig überlastet und beispielsweise in Österreich mit mindestens 60.000 Toten zu rechnen. Das wäre völlig unethisch und völlig unmoralisch, so Kollaritsch.