EU-Videogipfel: ESM und Bonds als Optionen für Rettung

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie findet der EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs heute per Videokonferenz statt. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nimmt teil. Im Zentrum der Gespräche steht wenig überraschend das Coronavirus, vor allem seine wirtschaftlichen Folgen. Eine Überlegung, diese zu bewältigen, sind Eurobonds („Coronabonds“).

Als Eurobond wird prinzipiell eine bisher nicht realisierte, aber häufig diskutierte Art von Staatsanleihen in der EU bezeichnet. In der Theorie würden EU-Staaten gemeinsam Schulden auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, diese Mittel untereinander aufteilen und gemeinsam für die Rückzahlung und Zinsen dieser Schulden haften. Zuletzt groß diskutiert wurden Eurobonds während der Euro-Krise.

Nach Einschätzung einiger Diplomatinnen und Diplomaten in Brüssel sollte aber nicht zu sehr auf die Anleihen gehofft werden. „Heute Abend werden die Staats- und Regierungschefs ihre Einigkeit demonstrieren wollen“, sagte ein EU-Diplomat vor der Konferenz am Nachmittag.

Österreich, Deutschland und Niederlande pro ESM

Gestern hatten Frankreich, Italien, Spanien und sechs weitere Länder die gemeinsame Aufnahme von Schulden als Zeichen der Solidarität in der Europäischen Union gefordert. Ein EU-Diplomat dazu: „Neun ist nicht 27 – es ist noch nicht einmal die Mehrheit.“

Indes zeigten sich Österreich, Deutschland, die Niederlande und einige andere bereit zu helfen, allerdings plädierten sie für eine vorsorgliche Kreditlinie des Rettungsfonds Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM). Das hat den Vorteil, dass das Geld bereits vorhanden ist – mehr als 400 Milliarden Euro – und, sobald Zustimmung herrscht, sofort verwendet werden kann.

Der Nachteil aber für Italien, Griechenland und andere wäre, dass die Notfallkredite des ESM Schulden bleiben, von denen sie bereits mehr als genug haben und die nach den Regeln des ESM zurückgezahlt werden müssen.

G-20-Sondergipfel ebenfalls per Video

Am G-20-Sondergipfel, der auch heute stattfindet, nehmen auch von der Pandemie besonders stark betroffene Länder wie Spanien, Jordanien, Singapur und die Schweiz sowie Vertreter der UNO, der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teil. Ein Thema wird die Stundung von Schuldenrückzahlung für die ärmsten Länder sein.

Dazu hatten Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) angesichts der besonders dramatischen Herausforderung, die das Coronavirus gerade in den ärmsten Ländern darstellt, aufgerufen.

Saudi-Arabiens König Salman zeigte sich zuversichtlich, dass die Welt die Coronavirus-Krise überstehen wird. „Wir sind sicher, dass wir diese Krise zusammen durchstehen werden“, sagte der 84-Jährige zum Auftakt der Videokonferenz laut Auszügen, die das saudische Außenministerium auf Twitter verbreitete. Die G-20 habe ihre Wirksamkeit schon bei der weltweiten Finanzkrise unter Beweis gestellt in ihrer Fähigkeit, deren Schwere zu mindern.

NATO sagt Außenministertreffen ab

Die NATO sagte ein geplantes zweitägiges Treffen in Brüssel unterdessen ab. Stattdessen werde Generalsekretär Jens Stoltenberg kommende Woche eine Videokonferenz mit den Außenministern abhalten, teilte das Bündnis mit.

EU-Parlament stimmt per E-Mail ab

Das Coronavirus bedeutet eine herausfordernde Zeit für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und für die EU selbst. Dazu kommen zahlreichen Änderungen bei gewohnten bürokratischen Abläufen. Zum allerersten Mal stimmen nun die EU-Abgeordneten per E-Mail ab. Eine Regelung, die bis Juli gehen könnte.

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