Arbeiter im Fahrzeugbau
ORF.at/Sonja Ryzienski
Coronavirus

Immer mehr Firmen melden Kurzarbeit an

Mehrere große Unternehmen haben in den letzten Tagen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt oder angekündigt, das zu tun. Am Donnerstag folgten weitere, darunter auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mit mehreren tausend Beschäftigten.

Neben den ÖBB und der Austria Metall AG (AMAG) kündigten der Gebäudedienstleister ISS und die Wiener Bäckereikette Mann Kurzarbeit an. Der Bahn ist durch die eingeschränkte Reisetätigkeit der Personenverkehr fast gänzlich weggebrochen, der Gütertransport auf der Schiene ist ebenfalls rückläufig.

„Das bedeutet, dass wir für Teile unseres Unternehmens Kurzarbeit anmelden müssen, weil wir die Kosten nicht durch Umsatz decken können“, sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä in einem Interview mit dem Magazin „News“, das am Freitag erscheint. Mehrere tausend Mitarbeiter sind betroffen.

Kaum Fahrgäste, weniger Güter

„Beim Personenverkehr haben wir einen Passagierrückgang in Richtung 90 Prozent, und auch im Güterverkehr geht es seit dieser Woche signifikant nach unten“, wurde Matthä in „News“ zitiert. Im Verkehr mit Italien sei der Rückgang „dramatisch“, im maritimen Cargogeschäft gebe es ein Minus von 50 Prozent. National schließlich spürten die ÖBB die Kurzarbeit beim Stahlerzeuger voestalpine und die Stilllegung der Autoproduktion in ganz Europa deutlich. Auch beim Postbus seien die Fahrgastzahlen stark gesunken.

Im Moment würden noch die infrage kommenden Unternehmensbereiche analysiert, so Matthä. „Aber es ist wohl im Bus- und Cargobereich, in der Instandhaltung, in der Infrastruktur und beim Verschub ein Thema.“ Zur Zahl der betroffenen Mitarbeiter gab er sich noch bedeckt – er sagte nur: „Auf mehrere tausend kommt man bei einem Unternehmen unserer Größe aber schnell.“ Die Bundesbahnen seien dennoch bemüht, „den Betrieb so gut wie möglich weiterzuführen und Österreich mit unserer Infrastruktur am Laufen“ zu halten. Das Jahr 2020 werde allerdings wirtschaftlich „ganz schwierig“.

Auch AMAG geht in Kurzarbeit

Der oberösterreichische Aluminiumverarbeiter AMAG kündigte – ebenfalls am Donnerstag – per Aussendung an, für den Standort Ranshofen ab 1. April Kurzarbeit zu beantragen, „um flexibel auf die zu erwartenden Auslastungsschwankungen reagieren zu können und gleichzeitig die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzusichern“.

„Insbesondere Werkschließungen in der Automobilindustrie, aber auch Rückgänge im Maschinen- und Anlagenbau sowie im Bauwesen erfordern Kapazitätsanpassungen“, hieß es in der Aussendung.

Großkunden ausgefallen

Beim Dienstleister ISS gehen rund 3.000 von 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für drei Monate in Kurzarbeit. „ISS Österreich strukturiert vorübergehend Services neu“, hieß es am Donnerstag auf der Website des Unternehmens. Man reagiere damit frühzeitig auf die aktuellen Ereignisse um die Coronavirus-Pandemie, um einer Massenkündigung entgegenzuwirken, teilte ISS Österreich mit.

Grafik zur Kurzarbeit
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Agenda Austria

Durch das Coronavirus sei die Nachfrage in einigen Bereichen „massiv“ eingebrochen. „Betroffen sind davon vor allem sämtliche Dienstleistungen am Flughafen Wien, zunehmend auch Servicebereiche in der Industrie und im öffentlichen Bereich“, hieß es in einer Aussendung. Das Unternehmen ist nicht nur in der Reinigungsbranche, sondern auch in der Betriebsgastronomie, mit Sicherheitsdiensten und im technischen Gebäudemanagement tätig – mehr dazu in wien.ORF.at.

Auch Bäckereien brechen Umsätze ein

Die Bäckereikette Mann kündigte an, mehr als 800 Angestellte in Kurzarbeit zu schicken. Der Umsatz sei um 70 Prozent eingebrochen, hieß es am Donnerstag von der Firma mit laut Unternehmenswebsite 78 Standorten in und um Wien. Die Filialen blieben weitgehend geöffnet, zu verkürzten Zeiten. Der Kaffeehausbetrieb sei bis auf Widerruf eingestellt, Kaffee zum Mitnehmen gebe es – wie bei den anderen Bäckern auch. Die Produktion in Wien-Liesing bleibe voll aufrecht. Die nunmehr beantragte Kurzarbeit sei eine „gute Möglichkeit“, die Krise zu überstehen, hieß es von der Unternehmensleitung.

Kurzarbeit von AUA bis voest

In den letzten Tagen und Wochen hatten bereits zahlreiche große Unternehmen angekündigt, auf Kurzarbeit umzustellen, oder haben es inzwischen schon getan, darunter der Fahrzeughersteller Magna-Steyr, AUA und Laudamotion, die voest und die beiden großen Baukonzerne STRABAG und Porr.

Die Zahl der Anträge, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) liegen bzw. eintreffen, ist entsprechend groß. Sowohl Bundesregierung als auch AMS hatten eindringlich an Betriebe appelliert, „Coronavirus-Kurzarbeit“ einzuführen, statt Menschen zu entlassen. Der Staat übernimmt dabei den größten Teil der Lohnkosten.

Bereits erste Indizien für Missbrauch

Allerdings gibt es auch schon erste Indizien für Missbrauch, wie es am Donnerstag von der Arbeiterkammer (AK) hieß. Sie berichtete von Verdachtsfällen, wo Beschäftigte offiziell zur Kurzarbeit angemeldet werden, inoffiziell aber weiterarbeiten wie gewohnt. „Das ist Betrug und inakzeptables, unsolidarisches Verhalten. Wir werden uns derartige Fälle ganz genau anschauen und im Verdachtsfall auch melden“, sagte der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian. Kurzarbeit sei ein wichtiges Instrument, um das Land durch die Krise zu bringen und Unternehmen sowie Arbeitsplätze zu retten, sagte AK-Präsidentin Renate Anderl.