Innenminister Karl Nehammer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Herbert Neubauer
Entwicklungen in Österreich

„Viel zu früh für positives Signal“

Am Freitag haben Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) über die aktuellen Entwicklungen in der Coronavirus-Krise informiert. Die Maßnahmen der Bundesregierung wirkten, so Anschober, doch müsse man vor Ostern bei den Zuwachszahlen noch in den einstelligen Bereich kommen. Eine genaue Bilanz soll es erst am Montag geben.

Vor 17 Tagen habe man angeordnet, große Veranstaltungen abzusagen, vor elf Tagen habe man das große Maßnahmenpaket präsentiert, so Anschober. In den Statistiken könne man erst mit einer Verzögerung von zehn bis 14 Tagen die positive Wirkung der neuen Regeln erkennen. Deshalb wolle die Bundesregierung über das Wochenende die Zahlen noch evaluieren und entgegen der Erwartung erst am Montag eine vorläufige Bilanz liefern.

Die globale Pandemie nehme dramatische Ausmaße an, so der Gesundheitsminister, zuletzt besonders in den USA. Unerklärlich seien die hohen Todeszahlen in Italien und Spanien, Grund zur Sorge gebe es auch wegen der Ausbreitung in Russland, der Türkei und Afrika.

Zuwachs unter 20 Prozent

In Österreich gebe es derzeit 7.040 Erkrankungen, das sei innerhalb von 24 Stunden ein Zuwachs von 18 Prozent. Das zeige, dass „die Maßnahmen zu wirken beginnen“; das sei ein Hoffnungsfaktor für die Bevölkerung. „Wenn wir handeln, dann hat das positive Auswirkungen. Es ist aber viel, viel, viel zu früh, dass wir irgendeine Form von positivem Signal setzen. Wir sind noch weit von unseren Zielen entfernt“, so Anschober. Österreich müsse vor Ostern in den „einstelligen, in den mittleren einstelligen Wachstumsbereich kommen, damit wir stabil werden, was die Zuwächse betrifft“.

Den Höhepunkt der Erkrankungszahlen in Österreich erwartet der Gesundheitsminister zwischen Mitte April und Mitte Mai. Das sei aber nur seine persönliche Einschätzung. Wenn der „Peak“ später eintrete, werde er kleiner sein, und damit wäre auch das eine gute Nachricht, denn „dann waren diese Maßnahmen erfolgreich“.

Anschober präzisierte auch die Absicht, die Testkapazitäten auszuweiten: Bisher habe es 40.000 Durchführungen gegeben, es sei bereits gut gelungen, mehr Labore für die Auswertungen einzusetzen. Das „Nadelöhr“ seien die Reagenzien, die Stoffe, die man für die Tests brauche. „Die sind am Weltmarkt massiv umkämpft.“ Die Industrie fahre jetzt gerade die Produktion hoch.

Fortschritte bei Antikörpertests

Österreich verfolge die Strategie des „Containment“, also Verdachtsfälle zu testen und gegebenenfalls diese und ihr Umfeld zu isolieren. Nun werde man zusätzlich Zielgruppentestungen durchführen, etwa Gruppen, die verstärkt Multiplikatoren darstellten. Zudem habe es in kurzer Zeit große Fortschritte bei den Antikörpertests gegeben. „Sie könnten, ich sage das bewusst im Konjunktiv, könnten zur großen Chance werden“, so Anschober. Die Antikörpertests sagten nicht aus, ob man erkrankt sei, sondern ob man sich irgendwann einmal infiziert habe – auch ohne Symptome aufzuweisen. Das trage zur Herdenimmunisierung bei.

Pressekonferenz von Gesundheits- und Innenminister

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer informierten über die aktuelle Situation in der Coronavirus-Krise.

Anschober und Nehammer appellierten einmal mehr an die Bevölkerung, sich an die Maßnahmen zu halten. Es gebe einen „Silberstreif am Horizont“, aber desto notwendiger sei es nun, sich an die Regeln zu halten, so Nehammer.

Nehammer warnt vor „Fake News“

Nehammer betonte auch, dass es „Fake News“ seien, wenn nun die Rede von mehr Asylwerbenden in Österreich sei. Damit wollte man Verunsicherung schüren, so der Innenminister. Es gebe nicht mehr Asylwerbende im Land, es könne aber sein, dass Personen aus der Notwendigkeit heraus – etwa Quarantänemaßnahmen – verlegt würden. „Agiteuren“, die das Gegenteil behaupten, solle man keinen Glauben schenken.

Nehammer warnte zudem Menschen, die versuchten, Panik zu verbreiten, und Personen, die die Polizei bei deren Einsätzen gefährdeten. „Ich habe es mir, seitdem ich Innenminister bin, angewöhnt, den Polizeifunk mitzuhören“, so Nehammer. Die Polizei sei etwa mit Spuckattacken konfrontiert und mit „Corona-Partys“: „Schon allein der Begriff ist an Schwachsinnigkeit nicht zu überbieten.“ Die Polizei werde strafen, und die Strafen seien hoch, so Nehammer.

Kurz: Lage ist weiterhin ernst

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte im Vorfeld der Pressekonferenz am Freitag bereits an die Bevölkerung appelliert, nicht auf „Beschwichtigungsversuche“ hereinzufallen. „Die Lage ist ernst und sie ist weiterhin ernst“, sagte Kurz am Donnerstag. Ob die Maßnahmen wirken, werde man erst in den nächsten Tagen beurteilen können.

Grafik zur Aufhebung der Coronavirus-Maßnahmen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: TU Wien

Erneut dämpfte Kurz auch die Erwartungen nach einer vollständigen Aufhebung der Beschränkungen nach dem 13. April (Ostermontag). Auf die derzeitige „Phase massiver Einschränkungen“ werde eine „Phase der neuen Normalität“ folgen. „Erst wenn es eine Impfung oder ein gutes Medikament gibt, wird die Normalität wieder so sein, wie wir das aus der Zeit vor der Krise kennen.“

Bereits am Dienstag hatte Kurz in der ZIB gesagt, dass es zwar Ziel sei, die Maßnahmen mit 14. April schrittweise zurückzunehmen – „die Betonung liegt aber auf Ziel und auf schrittweise“, so der Kanzler. Und: „Es wird nicht das Leben von heute auf morgen wieder so sein, wie es war.“ Auch sagte Kurz damals, es könnte sein, dass die Schulen noch deutlich länger geschlossen blieben als bis Ostern.