Kritik an Österreich wegen Nein zu „Corona-Bonds“

Österreich sieht sich international mit Kritik wegen seines Neins zu „Corona-Bonds“ konfrontiert. Die Haltung Österreichs sei „verantwortungslos“, sagte der italienische Ex-Premier Enrico Letta der Pariser Tageszeitung „Le Figaro“ (Samstag-Ausgabe).

„Die selbst ernannten Tugendhaften beschuldigen die anderen wieder einmal, zu viel auszugeben“, kritisierte Letta. „Das ist verantwortungslos seitens eines Gründungsstaates wie der Niederlande, die Großbritanniens Rolle als ‚Doktor No‘ einnehmen möchten, oder Österreichs.“

„Position wird sich innerhalb von 20 Tagen ändern“

Letta schrieb die ablehnende Haltung auch der Tatsache zu, dass die beiden Länder noch nicht so stark von der Epidemie betroffen seien. Deren Position „wird sich sicher innerhalb von 20 Tagen ändern, wenn sie dann selbst die Situation haben werden, die andere Länder jetzt durchmachen“, sagte der Italiener. „Also wozu noch warten?“

Letta wies darauf hin, dass die französische Initiative für „Corona-Bonds“ auch von reicheren Ländern wie Irland, Luxemburg und Slowenien mitgetragen werde. Deutschland sieht er nicht als Hauptproblem. Er erwarte vielmehr, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel eine Vermittlerrolle spielen wird.

Conte fordert Wiederaufbauplan

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte warnte indessen eindringlich vor Tatenlosigkeit. Sollte die EU nicht sofort Maßnahmen ergreifen, müssten die nächsten Generationen die „immensen Kosten einer zerstörten Wirtschaft“ tragen, sagte er der Wirtschaftszeitung „Sole 24 Ore“ (Samstag-Ausgabe). Es brauche einen außerordentlichen Wiederaufbauplan für Europa, so Conte.

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich vor dem EU-Gipfel an die Spitze der „Corona-Bonds“-Befürworter gestellt hatte, will nicht aufgeben. „Wir werden diese Krise nicht ohne eine starke europäische Solidarität in Bezug auf Gesundheits- und Haushaltsfragen überwinden“, sagte er.

Maurer sieht „Möglichkeit“

Die grüne Klubchefin Sigrid Maurer rückte indes vom strikten Nein der Regierung ab und nannte „Corona-Bonds“ eine „Möglichkeit“. Maurer sagte, dass es in der jetzigen Situation „jedenfalls europäischen Zusammenhalt“ brauche. „Euro- oder Corona-Bonds sind eine Möglichkeit für eine solidarische Lösung, möglicherweise gibt es andere Antworten“, sagte sie der „Tiroler Tageszeitung“ (Samstag-Ausgabe). „Wir dürfen Italien und Spanien jedenfalls nicht alleine lassen.“

Die FPÖ warnte indes vor einem „Umfaller“ Österreichs in der Frage der „Corona-Bonds“. „Wir werden die Schulden für Länder wie Griechenland oder Italien sicher nicht zahlen“, so FPÖ-Obmann Norbert Hofer heute in einer Aussendung mit. Er forderte diesbezüglich eine „Garantieerklärung“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).