Mann mit Tauchermaske verlässt eine Apotheke in Rom
Reuters/Yara Nardi
Kreativität in der Krise

Künstliche Beatmung per Schnorchelmaske

In Österreich gibt es zurzeit laut den Krankenhäusern genug Beatmungsgeräte. In anderen Ländern stellt der Mangel an Ausrüstung aber eine große Herausforderung dar. Bisweilen führt das auch zu kreativen Notlösungen. In Norditalien wurde etwa die Idee geboren, herkömmliche Schnorchelmasken so umzubauen, dass sie zur Beatmung verwendet werden können. Inzwischen wurde das Konzept auch anderswo aufgegriffen.

Das Prinzip ist simpel: Dort, wo im Normalfall der Schnorchel aus der Maske herausragt, wird ein Bauteil mit zwei Eingängen montiert. Über dieses wird dann ein Schlauch mit der Sauerstoffzufuhr angeschlossen. Da die Masken luftdicht am Gesicht anliegen, kann die Druckluft in die Lunge gelangen. Das umfunktionierte Sportgerät könnte so anstelle von Beatmungsmasken zum Einsatz kommen.

Bei schweren Verläufen von Covid-19 können Patientinnen und Patienten eine starke Lungenentzündung entwickeln. Die Lunge kann dann nur noch begrenzt Sauerstoff aufnehmen. Kurzfristige Hilfe kann in solchen Fällen eine Beatmung über Masken bieten. Müssen Kranke länger beatmet werden, wird normalerweise aber ein Tubus gesetzt. Doch in Norditaliens Spitälern fehlen dafür in der aktuellen Krisensituation oftmals die Kapazitäten. Es gibt zu wenig Personal und Geräte, um alle Erkrankten intensivmedizinisch zu betreuen. Und selbst Atemmasken wurden bisweilen zur Mangelware.

Lösung aus dem 3-D-Drucker

Der ehemalige Chefarzt des Krankenhauses von Gardone Valtrompia, Renato Favero, wandte sich deshalb Mitte März an die 3-D-Druckfirma Isinnova. Seine Idee: eine auf dem Markt befindliche Schnorchelmaske des französischen Sportartikelhändlers Decathlon zu einer funktionierenden Beatmungsmaske umzubauen.

Dass Favero gerade Isinnova um Hilfe bat, hatte einen Grund: Das Unternehmen hatte wenige Tage zuvor begonnen, mit seinen 3-D-Druckern dringend benötigte Ventile für Beatmungsgeräte zu produzieren – und dafür große mediale Aufmerksamkeit erfahren. Auch diesmal konnten die Ingenieure des kleinen Unternehmens offenbar helfen. Der Prototyp sei im Krankenhaus der lombardischen Stadt Chiari erfolgreich getestet worden, schreibt die Firma auf ihrer Website. Dort veröffentlichte das Unternehmen auch alle Unterlagen und Anleitungen, um die benötigten Teile im 3-D-Drucker herzustellen.

Tests in Großbritannien und Belgien

Inzwischen wird auch außerhalb Italiens an ähnlichen Konzepten gearbeitet. In Großbritannien entwickelte das University College London gemeinsam mit dem Formel-1-Team von Mercedes ein solches Gerät, das nun getestet werden muss. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete, dass das Erasme-Krankenhaus nahe Brüssel mit dem Therapiegerätehersteller Endo Tools Therapeutics kooperiere. Hier werden die Schnorchelmasken ebenfalls mit einem Aufsatz so umfunktioniert, dass sie an Beatmungsgeräte angeschlossen werden können.

Die Masken seien für Patienten „mit schweren Atembeschwerden“ gedacht, sagte der auf Atemwegserkrankungen spezialisierte Physiotherapeut Frederic Bonnier vom Erasme-Krankenhaus in Brüssel gegenüber AFP. Am Montag werde er mit dem Test von 50 Masken an Patienten beginnen. Die Tauchermasken könnten nach Einschätzung von Experten eine Übergangslösung sein, um Patienten zu versorgen, die eigentlich intensivmedizinisch behandelt werden müssten, für die aber keine Plätze mehr zur Verfügung stehen.

Nur Notlösung

Zugleich weisen die Beteiligten darauf hin, dass es sich eben nur um eine Notlösung handelt. Bonnier gab zu bedenken, dass die Masken ursprünglich nicht für medizinische Zwecke hergestellt worden seien. Und auch von Isinnova heißt es, „weder die Maske noch die Verbindungsteile sind zertifiziert. Ihre Verwendung ist an eine Situation der zwingenden Notwendigkeit gebunden“.

Der französische Sportartikelhersteller Decathlon, der eine Reihe von Tauchermasken an italienische Kliniken gespendet hatte, schrieb auf Twitter, man werde „bestmöglichen technischen Support“ anbieten, „um festzustellen, ob Modifikationen an der Maske umzusetzen sind. Dafür wurden bereits die Pläne und technischen Informationen unseres Forschungs- und Entwicklungsteams zur Maske weitergegeben“. Zuvor hatte das Unternehmen aber bereits zur Vorsicht gemahnt: „Zurzeit haben wir keine Bestätigung, dass diese Lösungen wirklich funktionieren“, hieß es.