Ein junge Frau mit einer OP-Maske
Reuters/Hannah Mckay
Mund-Nasen-Schutz

Offene Fragen bei Maskenpflicht in Handel

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus werden ausgeweitet: Die Regierung kündigte am Montag an, dass das Tragen von Gesichtsmasken beim Einkauf im Supermarkt zur Pflicht wird. Der Handel soll am Tag vier Millionen solcher Mund-Nasen-Schutzmasken gratis bereitstellen und weiß nicht, wie.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte bei einer Pressekonferenz am Montag, dass die Regierung die Maßnahmen nachschärfen müsse. Der Expertenbeirat hatte eine düstere Prognose zur Verbreitung des Virus erstellt, die schon bald das Gesundheitssystem an seine Grenzen und darüber hinaus bringen könnte. „Wir sind von unserem Ziel noch weit entfernt“, so auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Nun weitete die Regierung die Maßnahmen aus. Besonders gefährdete Gruppen werden von zu Hause arbeiten müssen, andernfalls werden sie verpflichtend von der Arbeit freigestellt. Zudem müssen Hotels schließen. Viel Neues gibt es beim Einkaufen: Supermärkte, der Lebensmittelhandel sowie Drogerien dürfen, soweit möglich, ab Mittwoch, nur noch mit einem Mund-Nasen-Schutz (MNS) betreten werden.

Blockabfertigung vor dem Eingang

Angestellte werden außerdem dazu verpflichtet, Handschuhe zu tragen. Einlass in Geschäftslokale gibt es in Zukunft nur noch für Einzelpersonen. In Zukunft soll es eine festgelegte Anzahl von Kunden pro Quadratmeter geben, darüber hinaus dürfen weitere Personen erst hinein, wenn andere die Geschäftslokale verlassen. Die Kunden müssen Einkaufswagen benützen, um den Sicherheitsabstand sicherzustellen.

Regierung setzt auf Masken beim Einkauf

Die Regierung verschärft die Maßnahmen: Supermärkte sollen ab Mittwoch einen Mund-Nasen-Schutz ausgeben.

Die Maßnahmen der Regierung sehen außerdem vor, dass Einkaufswagen nach dem Gebrauch desinfiziert werden müssen, regelmäßig muss das auch für Theken, Gefrierregalgriffe etc. erfolgen. Bei den meisten Kassen gibt es schon Plexiglasscheiben, diese müssen nunmehr bei allen mit Mitarbeiterbedienung sichergestellt werden. Bei den Kassen sieht die Regierung Bodenmarkierungen vor, damit beim Anstellen der Abstand eingehalten wird, so die Regierung.

Kosten tragen Supermarktketten

Die Masken sollen, so bis dahin ausreichend vorhanden, ab Mittwoch bei den Handelsketten ausgeteilt werden und müssen aufgesetzt werden, sagte Kurz am Montagvormittag. Andernfalls werde man nicht in den Supermarkt gelassen. Der Schutz soll gratis ausgegeben werden, die Kosten müssen von den Handelsunternehmen getragen werden, hieß es später aus dem Kanzleramt. Die Masken gehen dann in das Eigentum der Kunden über und können weiterverwendet werden. Ob die Produkte wiederverwendbar sind, hänge von deren Beschaffenheit ab. Manche sind nur drei, vier Stunden verwendbar, andere waschbar bzw. zur Desinfektion geeignet.

Kunden können aber auch selbst einen Schutz mitbringen. Die Supermärkte sind jedoch verpflichtet, diesen Schutz anzubieten, sobald die Lieferkapazitäten sichergestellt sind. Zur Frage, ab wann die Maskenpflicht auch per Verordnung verpflichtend geregelt wird, hieß es, man werde in den nächsten Tagen genau beobachten, ab wann eine solche Verpflichtung der Handelsunternehmen von diesen auch „sinnvoll umsetzbar“ ist. Ziel sei eine einheitliche Regelung für alle in der Branche. Soweit möglich sollte eine Schutzmaske überall angelegt werden, wo Menschen zusammenkommen.

WHO gegen allgemeines Tragen von Mundschutz

Der MNS kann den Träger nicht schützen, er soll vielmehr andere schützen, indem er eine Übertragung über die Luft durch den Träger reduziert. Niest oder hustet man, können sich so weniger Viren über die Luft verbreiten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren. „Unser Rat: Wir raten davon ab, Mundschutz zu tragen, wenn man nicht selbst krank ist“, sagte Ryan.

Handel „kann das nicht auch noch stemmen“

Dennoch wird es in Österreich nun flächendeckend eingeführt. Es wird auch zulässig sein, selbst produzierte Masken zu tragen. „Je weniger geniest und gehustet wird, desto weniger ist die Gefahr – hier hilft jede Form der Mundbedeckung“, so Kurz. Auch für Kinder und Kleinkinder seien Masken angeraten, so Anschober. Es gelte, mit dem Schutz des Ausatmens zu vermeiden, dass man das Gegenüber anstecken kann.

Der Handelsverband zeigte sich am Montag gegenüber ORF.at entgegenkommend zur Aufforderung, Masken bereitzustellen, aber auch überlastet. „Die Gesundheit der Bevölkerung steht über allem, daher haben wir vollstes Verständnis, dass es ehestmöglich eine Schutzmaskenpflicht braucht“, hieß es in einer Aussendung.

Man stehe als Vertretung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und großen Lebensmittelunternehmen schon länger mit dem Kanzleramt im Austausch und bespreche die Möglichkeiten der Maskenausgabe, so Geschäftsführer Rainer Will gegenüber ORF.at. Die Ankündigung vom Montag, schon in den nächsten Tagen großflächig eine Maskenpflicht durchzuführen, hielt er aber nicht für möglich. Man habe in den Gesprächen auch stets auf die nötige Vorlaufzeit für die Beschaffung hingewiesen.

Flächendeckend „in ein bis zwei Wochen“

Man brauche dafür schätzungsweise vier Millionen Masken pro Tag, so Will. Derzeit kämen aber solche Mengen fast nur aus China, es herrschten Lieferengpässe. Mit dem Kanzleramt habe man sich daher auf einen „rollenden Start verständigt“. Ab Mittwoch, dem von Bundeskanzler Kurz gewünschten Beginn, könne es die Maskenpflicht wohl nur in einigen ausgewählten Filialen geben. „Flächendeckend bis ins Zillertal kann das in ein bis zwei Wochen so weit sein“, so Will. Es gebe schließlich auch kleine Nahversorger, etwa Bäckereien am Land.

Wer das kontrollieren soll, und wie, sowie über die tatsächlichen Kosten herrscht laut Will Unklarheit. Denn erfahren habe man auch erst durch die Ankündigung am Montag, dass die Maskenpflicht schon bald gelten soll. Will forderte zudem auch eine Entschädigung zugunsten der Händler für „Ankauf, die Bereitstellung, die Ausgabe bzw. den Vertrieb der Masken“. „Das können wir als Händler nicht auch noch stemmen“, so Will.

„Wurden überrumpelt“

Kritik kam am Montag von der Nah&Frisch-Gruppe, die kritisierte, nicht im Vorfeld von der Regierung informiert worden zu sein. Die Beschaffung der Masken bis Mittwoch sei eine „große logistische Herausforderung. Die Bundesregierung hat uns überrumpelt“, kritisierte Geschäftsführer Hannes Wuchterl.

Einsatz von Schutzmasken unterschiedlich

Es gibt verschiedene Arten von Schutzmasken, die je nach Situation mehr oder weniger sinnvoll sind.

„Es gab keinerlei Vorabinformation für uns als Nahversorger im ländlichen Bereich“, so Wuchterl. Man unterstütze das Maßnahmenpaket der Bundesregierung grundsätzlich. Aber: „Die Informationspolitik und vor allem die Kooperation mit einem wichtigen Systemerhalter der Nahversorgung in Klein- und Kleinstgemeinden hat in diesem Falle versagt“, so die Kritik.

„Wir sind enttäuscht, dass es die Bundesregierung hier komplett verabsäumt hat, mit uns vorab zu sprechen“, verwies auch Wuchterl auf die selbstständigen Kaufleute und deren Mitarbeiter. „Wir fordern die Bundesregierung auf, auch diesen Bereich des Lebensmittelhandels in ihre Überlegungen rechtzeitig und fair einzubinden.“

Sinnvoll – als Zusatz

Laut Experten ist das Tragen einer Maske sinnvoll, um das Risiko einer Übertragung der Erreger von Atemwegserkrankungen auf andere Menschen zu verringern. Gleichzeitig warnten diese eindringlich davor, die wichtigsten Maßnahmen gegen die Verbreitung des Erregers SARS-CoV-2 zu vernachlässigen: Abstand halten, regelmäßiges gründliches Händewaschen, Husten und Niesen in die Armbeuge.

In der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Meinungen, wie lange das Virus in der Luft bleibt. Beim Sprechen, Husten und Niesen setzt man Tröpfchen frei. Wenn man etwa ein Stück Tuch vor dem Mund habe, würden die großen Tröpfchen abgefangen, sagte Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charite. „Je näher dran an der Quelle, desto besser. Deswegen muss die Maske an der Quelle sein und nicht am Empfänger“, so Drosten in einem NDR-Podcast. Das gelte auch für Menschen, die keine Symptome hätten. „Man geht nicht mit Symptomen in den Supermarkt, aber man erkennt an, dass man nicht weiß, ob man morgen Symptome kriegt“, so Drosten.

Grafik zu Schutzmasken
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Auch selbstgenähte Masken verlangsamen die Ausbreitung, so der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik. „Das ist wichtig, weil Menschen, die krank oder infiziert und symptomfrei sind, die Viren durch Tröpfchen in der Ausatemluft und in der Spucke verbreiten können. Ein Mund-Nase-Schutz hindert die Tröpfchen daran, verbreitet zu werden. Daher ist es sinnvoll, dass möglichst viele Menschen in allgemein zugänglichen Innenräumen diese Masken tragen.“

Mediziner tragen andere Masken

Der Mund-Nasen-Schutz unterscheidet sich deutlich von den partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP), die von medizinischem Personal benötigt werden. FFP-Masken werden als Atemschutz gegen Aerosole, sehr kleine Schwebstoffe in der Luft, eingesetzt. Diese FFP-Masken gibt es in drei Klassen: FFP1-Masken haben die geringste Dichtheit und Schutzwirkung, FFP3-Masken die größte. FFP-Masken haben ein Ausatemventil und dienen allein dem eigenen Schutz. Zudem sind sie Einmalartikel, die Benutzungsdauer ist auf etwa acht Stunden ausgelegt. Ein dauerhaftes Tragen ist auch nicht alltagstauglich, da man darin schwitzt. Zudem stören Barthaare die Wirksamkeit.

Österreich ist nicht das erste Land, das auf großflächiges Tragen von Gesichtsmasken setzt. In Slowenien gilt die Pflicht zum Tragen von Masken und Handschuhen in Geschäften und anderen geschlossenen öffentlichen Räumen bereits seit Montag. Tschechien hatte die Pflicht eines Mund- und Nasenschutzes in der Öffentlichkeit bereits am 18. März angeordnet. Da es einen Mangel an Masken gab, erlaubte die Regierung das Öffnen mancher Geschäfte, damit man sich selbst eine Maske nähen kann.