Rot-Kreuz-Mitarbeiter mit Testabstrich
APA/Barbara Gindl
Coronavirus

Gezielte Tests sollen Licht ins Dunkel bringen

Wie viele Menschen in Österreich sind bereits in Kontakt mit dem neuartigen Coronavirus gekommen? Und wie weit verbreitet ist es unter Schlüsselgruppen wie Spitals-, Pflegeheim- und Supermarktpersonal? Diese zentralen Fragen können derzeit nicht wirklich beantwortet werden. Licht ins Dunkel sollen gezielte Testungen bringen, die am Dienstag beginnen.

Nicht alle Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren, entwickeln auch Symptome. Den Erreger weitergeben können sie trotzdem. Besonders kritisch ist es, wenn die Betroffenen Kontakt zu schutzbedürftigen Personen haben – etwa zu einem Spitalspatienten oder einer älteren Dame in Pflegeheimen. Oder wenn sie, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Lebensmittelhandel, auch in Zeiten des weitgehenden Shut-downs Kundenkontakt haben müssen.

Aus diesem Grund werden hierzulande nun die Schlüsselgruppen Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachkräfte in Krankenhäusern, Pflegerinnen und Pfleger in Betreuungseinrichtungen sowie Beschäftigte im Lebensmittelhandel gezielt auf das neuartige Coronavirus untersucht. Wenn man feststelle, dass man etwa unter dem Pflege- und Gesundheitspersonal zahlreiche Infizierte habe, die aber keine Symptome zeigten, „müssten wir entsprechende Maßnahmen setzen“, sagte Clemens Auer, Sonderbeauftragter für Gesundheit im Gesundheitsministerium.

Kunde und Kassierin im Supermarkt
APA/Helmut Fohriger
Supermarktpersonal wird verstärkt auf SARS-CoV-2 getestet

Ausweitung auf andere Berufsgruppen

Wie viele unentdeckte Infektionen es unter den Angestellten im Lebensmittelhandel gibt, ist momentan unbekannt. Aufklärung bringen sollen Tests unter den Beschäftigten. Sie sind laut Auer am Dienstag und Mittwoch geplant. Abgewickelt werden die Testungen der Schlüsselgruppen über eine eigene Infrastruktur, so Auer. Das soll möglichst rasch Ergebnisse bringen.

Die Suche nach Infizierten, die keine Symptome zeigen, könnte „Schritt für Schritt“ auf weitere, besonders exponierte Berufsgruppen ausgeweitet werden, sagte Auer. Dazugehören könnte etwa die Polizei. In Österreich seien bereits 101 Polizistinnen und Polizisten mit dem Coronavirus infiziert, gab Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Montag bekannt. Insgesamt 933 Beamte befinden sich im Augenblick in Isolierung.

Stichprobenuntersuchung der Bevölkerung

Unabhängig von der verstärkten Testung der Schlüsselgruppen wird eine Stichprobe von 2.000 Österreicherinnen und Österreichern untersucht. Das Ergebnis soll Aufschluss geben über die landesweite Verbreitung des Coronavirus. Der Startschuss dazu fällt am Dienstag. Die Feldarbeit mit den Testungen soll am Freitag abgeschlossen sein, die Auswertung bis Anfang nächster Woche vorliegen, wie ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann der APA sagte. Offiziell wurden bisher knapp 10.000 Personen in Österreich positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Fachleute gehen aber von einer beträchtlichen Dunkelziffer von 16.000 bis 45.000 Fällen aus.

Durchgeführt wird die Studie vom Sozialforschungsinstitut SORA, das die Auswahl der Stichprobe sowie die Auswertung vornimmt, in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien.

Ein Mitarbeiter der Rettung
APA/Georg Hochmuth
Die Tests von Schlüsselgruppen könnten „Schritt für Schritt“ auf weitere Personen in besonders exponierten Berufen ausgedehnt werden

Derzeit kenne man nur die Zahl der Neuinfizierten, man habe aber keine Information über die genaue Verbreitung des Virus, betonte Faßmann die Wichtigkeit der Tests. Anders als bei den derzeitigen Testreihen, bei denen nur Personen mit Symptomen bzw. nach Aufenthalten in Risikogebieten untersucht wurden, erlauben Stichprobentests genauere Aussagen – etwa zur bisher unbekannten Dunkelziffer.

„Wir sind der erste kontinentaleuropäische Staat, der das tut“, so Faßmann. Bisher habe in Europa nur Island auf diese Maßnahme gesetzt. Die Tests sollen dann in regelmäßigem Abstand wiederholt werden, um auch die Veränderungen zu erheben – ein wöchentlicher Abstand sei dabei zu eng. Denkbar wäre ein 14-tägiges bzw. dreiwöchiges Intervall.

Warten auf Antikörpertests

Bei der Stichprobenuntersuchung kommen noch die derzeit üblichen PCR-Tests (Polymerase-Kettenreaktion) zum Einsatz, die direkt nach dem Erbgut von SARS-CoV-2 suchen. Die zuletzt diskutierten Antikörpertests seien noch nicht endgültig einsatzfähig, so Faßmann – derzeit prüfe man an den Universitäten erst die Güte dieser Tests.

Die Entwicklung von Tests, mit denen sich Antikörper auf SARS-CoV-2 finden lassen, läuft auf Hochtouren. In den USA lebende Wiener Forscher wollen einen Bluttest, mit dem Antikörper gegen das neue Coronavirus nachgewiesen werden können, nach Österreich bringen. Und auch im Land selbst wird an Antikörpertests getüftelt – mehr dazu in science.ORF.at.