Eine Frau an einem Bankschalter erklärt einem Kunden Unterlagen
Getty Images/vm
Coronavirus und Wirtschaft

Banken in einer Schlüsselrolle

Mit zunehmender Dauer des Stillstands wird für Unternehmen das Thema Liquidität immer dringender. Auch mit viel weniger oder keinem Umsatz laufen Fixkosten weiter, auch Kurzarbeit muss zwischenfinanziert werden. Für Kredite übernimmt der Bund Haftungen, das letzte Wort haben aber doch die Banken, denen damit eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Krise zukommt. Das sorgt für Debatten.

In Österreich hat die Bundesregierung unterschiedliche Pakete zur Unterstützung von Unternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschnürt, deren Ziel es ist, Insolvenzen zu vermeiden und Arbeitsplätze zu erhalten, etwa über ein neu ausverhandeltes Kurzarbeitsmodell, es gibt unterschiedliche Fonds für unterschiedliche Betroffene, Steuerstundungen und Kreditgarantien.

Aktuell übernimmt die öffentliche Hand bis zu 80 Prozent dieser Garantien bzw. Haftungen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hatte zuletzt angedacht, diesen Rahmen zu erhöhen, „wir wollen da höher raufgehen“. Allerdings erlaube das die aktuelle Gesetzeslage nicht, hieß es.

Das Modell Schweiz

Anders etwa in der Schweiz, wo die Regierung letzte Woche ein Notfallpaket geschnürt hatte, mit dem der Bund Garantien für Kredite im Umfang von 20 Mrd. Franken (rund 18,9 Mrd. Euro) übernimmt. Unternehmen sollen so möglichst rasch Geld erhalten, um die Krise zu durchtauchen. „Die Liquidität dürften in den kommenden Monaten der entscheidende Faktor sein, dass die Wirtschaft läuft“, hatte der Schweizer Finanzminister Ueli Maurer am Mittwoch erklärt.

Bereitgestellt werden die Überbrückungskredite von den Banken, häufig direkt den Hausbanken der Unternehmen, sie sind staatlich abgesichert – bis 500.000 Franken (rund 471.000 Euro) zu 100, darüber zu 85 Prozent. Maximal kann ein Unternehmen 20 Mio. Franken (knapp 19 Mio. Euro) beantragen, Darlehen bis 500.000 Euro sind zinsenfrei, darüber kosten sie 0,5 Prozent der Kreditsumme.

Eher kein großes Geschäft

„Der Kleinkredit wird innerhalb von 30 Minuten bis zu einem Tag ausbezahlt“, versprach Martin Scholl, Chef der Zürcher Kantonalbank, eines der vielen der Kreditinstitute, die das Paket mit der Schweizer Regierung verhandelt hatten. „Ein Geschäft wird es für die nicht“, sagte Finanzminister Maurer, „unter dem Strich werden die Banken hier eher Geld bringen als verdienen.“ Damit sie selbst liquid bleiben, greifen ihnen Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) unter die Arme.

Dividenden machen derzeit keine gute Optik

Einschränkung für die Darlehen nach Schweizer Muster: Unternehmen, die sie in Anspruch nehmen, dürfen etwa keine Dividenden ausschütten – ein Thema, das auch hierzulande aktuell diskutiert wird. Sonntagabend hatte etwa Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ gesagt, sie wolle eine Empfehlung aussprechen, dass Unternehmen, die Staatshilfe für Kurzarbeit in Anspruch nehmen, keine Dividenden ausschütten sollten.

Dass Banken das in der derzeitigen Situation tun, wollen Europäische Zentralbank (EZB) und Finanzmarktaufsicht (FMA) nicht, wie sie erklärten. „Ich kann mich dieser Empfehlung anschließen“, hatte dazu kürzlich Finanzminister Blümel erklärt.

Unterschiedliche Töpfe

Hierzulande stehen Unternehmen, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen, mehrere Optionen für die Inanspruchnahme von Finanzhilfe offen, abgewickelt etwa über die Österreichische Kontrollbank, die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) und für Tourismus- und Gastronomiebetriebe über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), wobei die Haftungsgrenze bei den erwähnten 80 Prozent liegt. Insgesamt stehen bis zu neun Mrd. Euro zur Verfügung.

Allerdings gab es zuletzt Kritik daran, dass die Garantien bereits erschöpft seien. Es brauche eine „massive Aufstockung“, hieß es etwa in einem offenen Brief der Hoteliervereinigung. Einzelne Unternehmen klagen, dass sie trotz der Haftungen des Bundes keine Kredite bekämen – nicht nur in Österreich.

Debatte über zu zögerliche Banken

„Obwohl der Staat jetzt zu 90 Prozent haftet, lassen die Institute manche Firmenkunden abblitzen“, schrieb der „Tagesspiegel“. Die 90 Prozent Risiko trägt in Deutschland die nationale Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die restlichen zehn muss die Bank schultern, will das laut dem Bericht aber oft nicht. Der Inhaber eines Familienunternehmens mit 145 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schilderte gegenüber der Zeitung, er habe kein Geld bekommen, da seinem Kreditinstitut plötzlich das Risiko „zu hoch“ gewesen sei. Man habe außerdem einen Nachweis verlangt, dass sein Finanzbedarf durch die Coronavirus-Krise verursacht wurde.

Die deutschen Banken wiesen am Montag Vorwürfe zurück, sie würden bei der Vergabe von Krediten zu zögerlich sein, während Warnungen vor einer „Pleitewelle“ unter kleineren und mittleren Unternehmen laut wurden.

Es soll „sehr, sehr schnell“ gehen

Unternehmen brauchen auch Geld, wenn sie das neu ausverhandelte Kurzarbeitsmodell in Anspruch nehmen. Geld via Arbeitsmarktservice (AMS) bekommen sie immer erst im Folgemonat, es müssen aber Gehälter bezahlt werden, auch wenn die Reserven nicht reichen. In Österreich seien die Banken bereit, für die Zeit dazwischen Überbrückungskredite zu gewähren, hatte der stellvertretende Obmann des Fachverbands Banken in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Robert Zadrazil, zuletzt gesagt. Sobald ein Unternehmen vom AMS die Zusage für Kurzarbeitsgeld habe, könne es sich damit an seine Hausbank wenden und werde dort „sehr, sehr schnell“ einen Betriebsmittelkredit erhalten.

Blümel verweist auf Zahlen

Blümel hatte zuletzt erklärt, es seien in der letzten Woche Kredite im Wert von 6,2 Mrd. Euro neu vergeben worden, gut dreimal so viele wie sonst üblich. Außerdem seien 21.500 Kredite von Banken gestundet worden, 15-mal mehr als üblich. Es habe bisher 62.700 Anträge auf Steuerstundungen oder -herabsetzungen gegeben, von denen 60.000 bereits positiv erledigt seien, das habe der Wirtschaft zwei Mrd. Euro an Liquidität gesichert.

Kritik an der Handhabung der Notfallmaßnahmen kam zuletzt von der FPÖ. Die Regierung würde Förderungen „nach Gutsherren-Art“ verteilen, schrieb die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch am Sonntag in einer Aussendung. Stattdessen brauche es „einen großen Wurf“, das heiße „eine Art ökonomische ‚Generalhaftung‘ des österreichischen Staates“ für Unternehmen und ihre Mitarbeiter.