Rat gibt Milliarden gegen Covid-19-Krise frei

Mehrere Milliarden Euro aus der EU-Kasse sollen von morgen an die Auswirkungen der Covid-19-Krise abfedern. Der Rat der 27 Mitgliedsstaaten traf gestern nach eigenen Angaben zwei Entscheidungen, die insgesamt 37 Milliarden Euro für diese Zwecke freimachen. Acht Milliarden Euro stammen aus Mitteln der Struktur- und Investitionsfonds, die die Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr nicht wie geplant ausgegeben haben.

Sie dürfen das Geld behalten und für den Kampf gegen das Coronavirus einsetzen. 29 Milliarden werden den Ländern vorzeitig ausgezahlt, damit sie ihre Gesundheitssysteme stärken und kleine und mittlere Unternehmen, Kurzarbeitsregelungen und gemeindebasierte Dienste unterstützen können.

Änderung des Solidaritätsfonds

Außerdem hat der Rat den Angaben zufolge den EU-Solidaritätsfonds so geändert, dass er nun außer bei Naturkatastrophen auch im Falle eines öffentlichen Gesundheitsnotstands genutzt werden kann. Das soll den Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern dabei helfen, den direkten Bedarf der Bevölkerung während der Coronavirus-Pandemie zu decken.

Das Europaparlament hatte beiden Änderungen bereits am Donnerstag zugestimmt. Beide Rechtsakte sollen angesichts der Dringlichkeit der Lage morgen im Amtsblatt der Europäischen Union erscheinen und am Mittwoch in Kraft treten.

Wirtschaftskommissar für Kompromiss um „Corona-Bonds“

Die Euro-Gruppe will am 7. April ihre Vorschläge für eine gemeinsame europäische Antwort auf die Coronavirus-Wirtschaftskrise vorlegen. Das kündigte der Vorsitzende Mario Centeno auf Twitter an. Hintergrund ist der Streit über die gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU über „Corona-Bonds“. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich vergangene Woche nicht einigen können und der Euro-Gruppe den Auftrag erteilt, neue Vorschläge auszuarbeiten.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni drängte Deutschland zu einem Kompromiss im Streit um die „Corona-Bonds“. Eine Möglichkeit, die enormen wirtschaftlichen Probleme durch die Coronavirus-Pandemie zu bewältigen, sei die Ausgabe von Anleihen, sagte Gentiloni im italienischen Radiosender Radio Capital. Es solle dabei nicht um eine Vergemeinschaftung von Schulden gehen, „die niemals akzeptiert werden wird“, betonte der Kommissar.

Ohne eine einheitliche Antwort auf die Coronavirus-Krise sei „das europäische Projekt vom Aussterben bedroht“, sagte der ehemalige italienische Ministerpräsident. Und ohne Deutschland „können wir keinen Kompromiss finden“, fügte er hinzu. „Corona-Bonds“, für die sich Frankreich, Italien und andere EU-Länder stark machen, lehnen unter anderem Deutschland und Österreich ab.

100-Prozent-Staatshaftung für Kredite abgelehnt

Die deutsche Regierung darf aus Sicht der EU-Kommission keine 100-prozentige Staatshaftung für Notkredite an Banken übernehmen. Das Brüsseler Gremium lehnte damit Forderungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nach einer Aufstockung der Haftungsgrenze für Kredite über die staatliche Förderbank KfW ab.

Im Rahmen des KfW-Kreditprogramms übernimmt der Staat aktuell 80 bis 90 Prozent der Haftung. Die Bankenbranche wies unterdessen den Vorwurf zurück, sie verzögere die Kreditvergabe an von der Coronavirus-Krise getroffene Unternehmen. Mittelständler klagen, dass die Kreditvergabe der Regierung nicht bei allen von der Krise betroffenen Firmen ankomme.