Justiz-„Leaks“: Kurz soll als Zeuge einvernommen werden

Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über angebliche „Leaks“ bei Staatsanwälten haben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft (StA) Wien nach sich gezogen. Diese beabsichtige, Kurz „förmlich als Zeugen“ einzuvernehmen, teilte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in Beantwortung einer schriftlichen Anfrage von NEOS mit.

Aufgrund der Coronavirus-Krise soll die Einvernahme später erfolgen, die Staatsanwaltschaften verzichten derzeit auf Einvernahmen, die nicht oberste Priorität haben.

Anlass für die Ermittlungen sind Kurz’ Aussagen am Rande einer „Aussprache“ mit Justizvertretern nach seiner Attacke auf die Wirtschafts- und Kriminalitätsstaatsanwaltschaft in einem Hintergrundgespräch. Am 10. Februar sagte er im anschließenden Pressestatement, zwei „hochrangige“ Journalisten hätten ihm erzählt, dass ihre Redaktionen Akten auch von Staatsanwälten bekommen hätten.

Frühere Ermittlungen erfolglos

Diese Aussagen haben – „nach übereinstimmender Ansicht“ der StA Wien und der Oberstaatsanwaltschaft Wien – den Anfangsverdacht der Begehung von Straftaten begründet. Deshalb habe die StA Wien ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses eingeleitet, berichtete Zadic. Weitere Informationen könne sie nicht geben, weil es sich um ein laufendes Verfahren handle.

Die Ministerin wies jedoch darauf hin, dass wegen derartiger Vorwürfe schon mehrmals ermittelt worden sei. „Soweit überblickbar“ habe das bisher aber nicht zur Ausforschung eines Täters geführt.

Keinen Anlass sah Zadic, wegen der – wie NEOS es in der Anfrage nennt – „pauschalisierenden und unsubstantiierten Aussagen des Kanzlers“ selbst Anzeige zu erstatten. Den von NEOS ins Spiel gebrachten Pararagrafen 116 StGB „Öffentliche Beleidigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers, des Bundesheeres oder einer Behörde“ hält sie für „nicht indiziert“, weil sich die Vorwürfe gegen einzelne Organwalter und nicht gegen eine bestimmte Behörde gerichtet hätten.