Von der Leyen: Ungarns Maßnahmen müssen begrenzt sein

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die von Ungarn ergriffene faktische Ausschaltung des Parlaments im Zuge der Coronavirus-Krise indirekt kritisiert. „Alle Notmaßnahmen müssen auf das Notwendige begrenzt und strikt verhältnismäßig sein. Sie dürfen nicht unbegrenzt andauern“, so von der Leyen heute in einem Statement.

Die EU-Kommission werde die Anwendung von Notfallmaßnahmen in allen EU-Mitgliedsstaaten genau beobachten, „in einem Geist der Kooperation“, kündigte die Kommissionschefin an. Ungarn ist in der Erklärung nicht namentlich erwähnt. Zudem sagte ein Sprecher, die Kommission werde das ungarische Notstandsgesetz prüfen.

Das ungarische Parlament hatte das umstrittene Notstandsgesetz beschlossen, das es Premier Viktor Orban de facto erlaubt, auf unbegrenzte Zeit ohne Kontrolle des Parlaments zu regieren.

Abgeordnete fordern Reaktion

Zuletzt waren die Rufe, die Kommission solle aktiv werden, lauter geworden. Auch Nationalrats- und EU-Abgeordnete von SPÖ, Grünen und NEOS sowie der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas forderten in einer gemeinsamen Erklärung ein „entschiedenes Einschreiten“ der EU-Kommission. Die Kommission müsse „umgehend Stellung beziehen und mit dem Europäischen Gerichtshof entschieden einschreiten“, forderten sie.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verurteilte die Ausschaltung des Parlaments in Ungarn scharf. „Die Coronavirus-Krise zu missbrauchen, um das Parlament handlungsunfähig zu machen, ist völlig inakzeptabel und darf keinem Demokraten und keiner Demokratin egal sein“, schrieb sie auf Twitter.

Kritik aus EVP

Die Spitze der Europäischen Volkspartei (EVP) – Parteichef Donald Tusk und Fraktionschef Manfred Weber – hält sich mit Kritik an Ungarn noch zurück. Doch auch in der EVP regt sich Widerstand gegen das Vorgehen des rechtspopulistischen Regierungschefs Orban, dessen FIDESZ-Partei seit März 2019 von der EVP suspendiert ist.

So kritisierte etwa der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe, Daniel Caspary, laut der deutschen „Tagesschau“ das Notstandsgesetz scharf: „Das ist unerträglich, inakzeptabel und ein Beispiel dafür, wie Leute in Krisenzeiten in alte Muster zurückfallen.“ Der Chef der irischen EVP-Abgeordneten, Sean Kelly, nannte die Nachrichten aus Ungarn auf Twitter „sehr besorgniserregend“. Der finnische EVP-Europaabgeordente Petri Sarvamaa schrieb auf Twitter: „Dieses Gesetz ist nicht das Ende von Covid-19, es ist das Ende der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn.“

Regierungssprecher wies Kritik zurück

Der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs wies die indirekte Kritik der EU-Kommission auf Twitter zurück. Die angesichts der außerordentlichen Situation durch Ungarn getroffenen außerordentlichen Maßnahmen würden mit den Unionsverträgen und der ungarischen Verfassung im Einklang stehen.