Schülerin in einer AHS
ORF.at/Wolfgang Rieder
„Corona-Semester“

Forderung nach mehr Planbarkeit

Opposition, Schülervertreter, Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung haben mehr Klarheit darüber eingefordert, wie lange die Schließung der Schulen wegen der CoV-Pandemie noch andauern wird. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann wollte sich zuvor nicht festlegen, wann Schulen und Unis wieder ihren Betrieb aufnehmen können, lediglich eine „schrittweise Rückkehr zur Realität“ stellte er in Aussicht.

„Realistisch gesehen“ werde im April aber kein Schulunterricht stattfinden können, sagte Faßmann. Ob der zuletzt angepeilte Maturatermin mit Start 19. Mai hält, wollte er nicht bestätigen, wenngleich der Bildungsminister versprach: „Alle können und werden ihren Abschluss machen.“ Doch solle es eine Entscheidung über den Termin für die Matura erst nach Ostern geben.

Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike von der ÖVP-nahen Schülerunion appellierte via Aussendung, Faßmann möge beim Maturatermin „endlich für Klarheit in den Schulen zu sorgen“. Sie warnte außerdem davor, dass die Möglichkeit zum Erarbeiten neuen Stoffs den Druck auf die Schüler erhöhen könnte. Aus Sicht von SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid wurde die Unsicherheit bei den Eltern durch die Ansagen des Ministers weiter vergrößert.

Bildungsminister Faßmann: „Jeder kann Abschluss machen“

Am 18. Mai soll die Zentralmatura beginnen. Das Datum steht jedoch in Abhängigkeit zur Infektion. Mehr Klarheit könne zum aktuellen Zeitpunkt nicht gegeben sein, so der Bildungsminister. Es soll jedoch für jeden Schüler möglich sein, den Abschluss zu machen.

SPÖ gegen Sitzenbleiben im laufenden Schuljahr

„Wenn die Schulen nach Ostern weiter nicht für alle Schülerinnen und Schüler geöffnet sind, braucht man Antworten hinsichtlich Betreuung und Sonderurlaub sowie zum Unterricht und der Leistungsbeurteilung“, so Hammerschmid. Sie fordert, dass Schüler mit „Nicht Genügend“ im Semester auf jeden Fall aufsteigen können. Kritik übt sie daran, dass Schulen selbst entscheiden sollen, ob sie im Heimunterricht auch neuen Stoff vermitteln. Das bringe Druck für die Eltern und unterschiedliche Voraussetzungen für die Schüler.

Bildungsminister Heinz Faßmann
APA/Helmut Fohringer
Faßmann will Schulen und Unis schrittweise öffnen – zunächst für Maturanten und andere Abschlussklassen bzw. für Prüfungen

FPÖ und NEOS für stufenweise Rückkehr zum Unterricht

Auch FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl vermisst klare Ansagen des Bildungsministers. Dass der neue Maturatermin infrage gestellt werde, sei bestenfalls „ignorant“. Er plädiert dafür, die Zentralmatura dieses Jahr auszusetzen und eine Lösung im Sinne der „Matura alt“ zu finden. Für Schüler unter 14 Jahre fordert Brückl Schulalltag in Form von „Blockunterricht“, bei dem jeden Tag ein Fünftel der Schüler in den Hauptgegenständen unterrichtet wird, wodurch jeder einmal pro Woche in die Schule käme.

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre wünscht sich einen Stufenplan für eine schrittweise Öffnung der Schulen nach Ostern. Schulschließungen bis September seien zu verhindern, um die soziale Kluft in der Bildung nicht weiter zu vergrößern.

Der Schulbetrieb soll, sobald das gesundheitlich vertretbar ist, zumindest tageweise und in einigen Fächern ermöglicht werden, so Künsberg. Für benachteiligte Kinder fordert NEOS ein Sonderbudget für Förderunterricht und für die Matura einen Plan B.

AK: Förderung für sozial Benachteiligte

Die Arbeiterkammer (AK) will Unterstützung für jene Kinder, deren Eltern sie nicht beim Fernunterricht unterstützen können. Gerade Schüler aus sozial benachteiligten Familien müssten gefördert werden, so AK-Präsidentin Renate Anderl. Die Industriellenvereinigung (IV) wünscht sich spätestens gegen Ende April eine definitive Entscheidung darüber, wie es mit dem Sommersemester an den Schulen weitergeht. Sie plädiert dafür, Druck für alle Beteiligten herauszunehmen, der gemeinsamen Krisenbewältigung sei jetzt jedenfalls Vorrang vor individuellem Ehrgeiz einzuräumen.

Die Kinderfreunde fordern für jene Kindergartenkinder, deren Kindeswohl daheim gefährdet sein könnte, ein engeres Betreuungsnetz. Dass „täglich viele Eltern“ den Kindergartenplatz aufkündigen, zeige, wie prekär die Situation in vielen Familien sei.

AG-Lob für „neutrales Semester“

Lob kommt von der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) für die Ankündigung eines „neutralen Semesters“. Faßmann hatte gesagt, er bemühe sich um eine Verständigung mit den Rektoren. Auch wolle er im Nationalrat eine Verordnungsermächtigung erreichen, um diesen Vorschlag auch umsetzen zu können. Ein „neutrales Semester“ hätte vor allem die Auswirkung, dass Studierende nicht um Beihilfen umfallen und sich auch die Mindeststudiendauer indirekt um ein Semester erhöht.

Die ÖVP-nahe AG sieht darin „die unkomplizierteste Art, mit der Hochschulschließung umzugehen“. SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl unterstützt ein „neutrales Semester“, fordert darüber hinaus aber noch, die Studiengebühren für das aktuelle Semester zu erlassen und „umsichtige, unbürokratische Modelle zur Verlängerung der Tätigkeit an den Hochschulen für zeitlich befristete Angestellte und Forschende“.

ÖH pocht auf „Sicherheit für Studierende“

Für die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) sei es „unverständlich, warum wir über das neutrale Semester noch diskutieren müssen. Unser Maßnahmenpaket liegt seit einer Woche auf dem Tisch. Jetzt müssen Handlungen gesetzt werden“, heißt es in einer Aussendung. Besonders wichtig sei der ÖH die Mitsprache im Umsetzungsprozess der Maßnahmen – schließlich kenne man die „Probleme der Studierenden am besten“.

Datum für Schulstart steht noch nicht fest

Bildungsminister Heinz Faßmann will sich noch nicht festlegen, wann die Schulen und Universitäten ihren Betrieb wiederaufnehmen können. Realistischerweise gäbe es keinen regulären Betrieb im April, so der Minister.

Momentan würden viele durch den Verlust geringfügiger Erwerbstätigkeit in finanzielle Notlagen geraten. „Als ÖH haben wir einen Härtefonds installiert, um Studierenden unter die Arme zu greifen", heißt es in der Aussendung. „Eine sofortige Rückerstattung der Studiengebühren“ müsse „der nächste Schritt“ des Ministeriums sein. „Wir benötigen endlich Sicherheit. Hier geht es nicht ‚nur‘ um einen verzögerten Studienfortschritt, sondern um Existenzen.“

Kirchlicher Kindergartenbetreiber übt Kritik

Unterdessen kritisierte die katholische St. Nikolausstiftung Faßmanns Aussagen zur Hortbetreuung und fordert Klarheit für Kindergärten und Eltern. Der kirchliche Kindergartenbetreiber vermisst insbesondere einheitliche Vorgaben für die Betreuung von Kindern in der Krise und eine Lösung für den Ersatz der Beiträge analog zur angekündigten Regelung für Bundeshorte.

„Wir erwarten uns in dieser Krisensituation, dass sich der Krisenstab im Bund auch mit dem Thema Kindergarten auseinandersetzt. Für viele Gewerbe und Gewerke, Baugewerbe, Lebensmittelhandel etc. gibt es österreichweit einheitliche Regelungen – nur für den Kindergarten nicht“, heißt es in einer Aussendung.

WKÖ: Lehrabschlüsse trotz CoV im Sommer möglich

Von den rund 105.000 Lehrlingen in Österreich befindet sich ein knappes Drittel in seinem letzten Lehrjahr. Diese Lehrlinge werden die Berufsschule im Sommer abschließen können, da sie intensiv Unterrichtseinheiten per Fernlehre erhalten haben, teilte die Wirtschaftskammer (WKÖ) mit und begrüßte eine entsprechende Ankündigung Faßmanns.

„Das ist ein wichtiges Signal an die Lehrlinge, dass sie ihren Ausbildungsfahrplan in der Lehre aufrechterhalten können und es damit zu keinen Verzögerungen bei der Absolvierung von Berufsabschlüssen kommt“, so die stellvertretende Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Mariana Kühnel laut Aussendung. Ein Fahrplan für die Abhaltung der praktischen Lehrabschlussprüfung in den Lehrlingsstellen werde abhängig von der Dauer der von der Regierung verfügten Maßnahmen derzeit erarbeitet.