Spielraum in einem Kindergarten
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Kindergärten und Hort

Durchhalten im Notbetrieb

In Kindergärten und Horten herrscht seit dem 16. März aufgrund der Coronavirus-Krise wie bei Schulen Notbetrieb. Für Schulen und Unis soll ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann während der Krise sogar noch mehr Kompetenzen bekommen. Zu Kindergärten gibt es wenige Informationen. Das sei Ländersache, heißt es im Bildungsministerium. Übrig bleiben ein Sammelsurium an unterschiedlichen Regeln und einige offene Fragen.

Denn mitzureden haben hier nicht nur die Länder, sondern oft auch die Gemeinden. Entsprechend groß sind auch die Unterschiede, wie mit dem Notbetrieb in Kindergärten umgegangen wird. Viele kommunale Betreiber erlassen die Kosten, das ist bei den privaten kaum möglich. Die Rufe nach einer bundesweiten Regelung für die Kindergärten werden aber lauter.

Und auch die Fragen: Wie können sich die verbliebenen Pädagogen und Pädagoginnen trotz derzeit nur sehr weniger betreuter Kinder schützen? Was geschieht mit Kindern aus sozial schwachen Familien? Und was tun mit Eltern, die Beiträge für Kindergarten und Hort aufgrund finanzieller Engpässe nicht mehr zahlen können oder nicht wollen, wenn ihre Kinder die Einrichtungen nicht nutzen?

Sorge wegen Abmeldungen

Der kirchliche Kindergartenträger St. Nikolausstiftung sieht für diese Fragen Krisenstäbe in den Ministerien gefordert. Schon jetzt beobachten Kindergartenbetreiber wie etwa die Kinderfreunde in Wien erste Abmeldungen. Dieses Risiko verschärft sich durch die herrschende Unsicherheit.

Die Zahl sei derzeit noch überschaubar. Sie „wird aber unserer Einschätzung nach, je länger die Kindergärten im Notbetrieb sind, massiv steigen“. Diese Fragen können nicht auf Länder und Gemeinden abgewälzt werden, heißt es vonseiten dieses Betreibers auf ORF.at-Anfrage. Man brauche eine österreichweite Regelung, die alle Ausfälle decke und sicherstelle, dass Familien kein Nachteil entsteht.

Spielende Kinder in einem Kindergarten
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Wann die Kindergärten wieder in den Normalbetrieb gehen können, ist noch unklar

Besonders drastisch ist die Situation derzeit in Niederösterreich. Hier liegt die Betreuung der unter Dreijährigen nahezu ausschließlich in der Hand privater Betreiber. „Wenn die Privaten eingehen, gibt es Probleme mit der Betreuung“, fürchtet die Obfrau eines kleinen privaten Kindergartens in Niederösterreich.

„Genickbruch für kleine Kindergärten“

Es bestehe ein Risiko, dass aufgrund der Verunsicherung und auch Zahlungsunfähigkeit Eltern Beiträge aussetzen. Da gehe es für die unter Dreijährigen in Niederösterreich um Beträge von bis zu 500 Euro. Zahlen mehrere Eltern nicht, wäre das ein „Genickbruch in kleinen Kindergärten“, so die Obfrau gegenüber ORF.at. Eine eigene Petition fordert hier die Unterstützung des Landes Niederösterreich.

Verschärft hat sich hier auch die Situation für viele Tageseltern. Einige bieten noch Betreuung an. Aber auch hier bleiben die meisten Kinder zu Hause. Damit fällt das komplette Einkommen vieler Tagesmütter und -väter weg – mehr dazu in noe.ORF.at.

Lösungen auf Landesebene

Eine – finanzielle – Lösung vom Bund ist nicht zu erwarten. „Da es Landeskompetenz ist, kann der Bund nicht einfach finanzielle Unterstützungen gewähren“, so das Bildungsministerium gegenüber ORF.at. Im Rahmen der Art.-15a-Vereinbarung stelle der Bund finanzielle Mittel für Ausbau, Sprachförderung und das verpflichtende letzte Kindergartenjahr zur Verfügung. Nur für die Horte der Bundesschulen wurden die Beiträge vorerst gestrichen.

Lösungen für die Horte der Pflichtschulen und für die Kindergärten müssen daher weiter auf Landesebene gesucht werden – oder noch weiter darunter bei den Gemeinden. Die Zugänge dazu sind durchaus unterschiedlich. Zugesagt haben die Länder, die Förderungen etwa für Personalkosten weiterzuzahlen.

Angesichts der befürchteten Ausfälle privater Kindergärten vor allem für unter Dreijährige prüft das Land Niederösterreich derzeit die finanzielle Situation der öffentlichen und privaten Betreiber. Eine Förderung für Betreiber sowie Eltern wird nicht ausgeschlossen, ausgearbeitet und beschlossen ist es aber noch nicht. Das Burgenland erspart sich solche Diskussionen. Dort ist der Kindergarten seit November vergangenen Jahres in den meisten Fällen beitragsfrei.

Wien arbeitet an zusätzlichen Förderungen

Auch in Wien ist im Normalfall in städtischen Einrichtungen nur der Essensbeitrag zu zahlen. Während des Notbetriebs entfällt nun auch dieser. Einige private Betreiber zogen bereits nach. Private Kindergartenträger würden während der Coronavirus-Krise ebenfalls weiter gefördert, auch wenn Kinder nicht anwesend sind, heißt es aus dem Büro des zuständigen Bildungsstadtrats Jürgen Czernohorszky.

Schild Wiener Kindergärten und Hort
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Wien arbeitet an einer zusätzlichen Förderung auch für private Kindergärten und Horte

Wenn private Träger die Beiträge für die Eltern ebenfalls reduzieren bzw. erlassen, stellt Wien eine zusätzliche Förderung für Kindergärten und Horte in Aussicht. Details dazu werden aber noch ausgearbeitet.

Platz bei Abmeldung gefährdet

Anna Schier, langjährige Leiterin eines privaten Kindergartens und Horts mit insgesamt rund 180 Kindern in Wien, vermisst klare Anweisungen. Sie reduzierte die Beiträge um die Essenskosten, muss aber den restlichen Betrag weiter einheben, um die Fixkosten weiterhin decken zu können. Schier verzeichnete bisher nur vereinzelt Abmeldungen: „Wenn man sich abmeldet, kann es passieren, dass der Platz weg ist. Denn melden sich viele ab, muss ich eine Gruppe reduzieren.“

Auch wenn nur sehr wenige Kinder kommen und mit reduziertem Personal gearbeitet wird, kommt für Schier Kurzarbeit nicht infrage: „Ich muss schauen, dass das Personal im Bedarfsfall wieder rechtzeitig und schnell zur Verfügung steht.“ Ähnlich argumentieren auch die Kinderfreunde: „Die Richtlinien des Fördergebers ändern sich teilweise wöchentlich, der Betreuungsbedarf täglich. Daher müssen wir als versorgungskritischer Betrieb flexibel agieren und unser Personal ebenfalls flexibel einsetzen.“

Steiermark und Salzburg zahlen

Was in so manchem Bundesland noch offen ist, hat die Steiermark bereits fix zugesagt: Während des Notbetriebs der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen werden die Elternbeiträge vom Land übernommen. Eltern müssen die Zahlungen zunächst weiter leisten, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Diese sollen dann rückerstattet werden.

In Salzburg wird Stadt und Gemeinden empfohlen, keine Beiträge für die Kinderbetreuung einzuheben. Für die privaten Einrichtungen stellt das Land eine zusätzliche Förderung von insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung. Das soll den Kindergärten und Horten ermöglichen, auf Beiträge der Eltern zu verzichten.

Eine ähnliche Lösung fordert die Arbeiterkammer Oberösterreich auch für dieses Bundesland. Es sollten nur jene Zeiten bezahlt werden müssen, in denen die Betreuung auch in Anspruch genommen wurde, so die AK kürzlich. Im März sei aber vielen Eltern der volle Betrag für die Betreuung abgebucht worden. Die Bildungsdirektion verwies am Mittwoch auf „klare Vorgaben“. Rechtsträger und Gemeinden dürfen keinen Elternbeitrag einheben, „wenn die Betreuung nicht angeboten werden kann“, hieß es in einer Aussendung.

Voller Beitrag „unfair“

Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bezeichnete es als „unfair“, würde den Eltern trotz weitgehender Betreuung zu Hause die volle Höhe der Betreuungsbeiträge vorgeschrieben. Das Land Kärnten werde weiterhin Förderungen für Kindergärten auszahlen. Kaiser appellierte an Gemeinden und private Betreiber, die Gebühren zu senken, wie das bereits Klagenfurt und Villach getan haben.

In Tirol empfiehlt der Gemeindeverband, für die auf kommunaler Ebene betriebenen Einrichtungen keine Beiträge einzuheben. Offen ist die Situation bei den privaten Kindergärten. Das Land Tirol wird weiterhin Personalförderungen auszahlen, einen Sondertopf für die Elternbeiträge gibt es aber nicht.

„Ohne Hilfe des Bundes wird es nicht gehen“

„Das Signal an die Eltern, dass alles gratis ist, ist meiner Ansicht nach das falsche“, stellte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl gegenüber der APA fest. Grundsätzlich gebe es in Österreich die Empfehlung an die Gemeinden, dass nicht in Anspruch genommene Betreuung nicht bezahlt werden müsse. Aber wenn Kinder vereinzelt betreut werden, würden für diese Tage Beiträge in Rechnung gestellt. Denn die Budgets der Gemeinden seien angespannt angesichts der Krise. Riedl: „Am Ende wird es ohne Hilfe des Bundes nicht gehen – und das weiß auch der Bund.“