Blick in den Plenarsaal
APA/Georg Hochmuth
Coronavirus

Opposition nimmt Regierung in die Pflicht

Vor der dritten Sondersitzung des Nationalrats seit Ausbruch der Coronavirus-Epidemie in Österreich erhöht die Opposition den Druck auf die Regierung. Sie zeigt sich weiter kooperativ, aber zunehmend kritisch. Und sie fordert mehr Einbindung und die Berücksichtigung der eigenen Vorschläge.

Alle drei Oppositionsparteien – SPÖ, FPÖ und NEOS – unterstrichen im Vorfeld der am Freitag tagenden Plenarsitzung – von ORF.at per Mail zur Zusammenarbeit von Parlament und Regierung in der Krise befragt –, dass sie angesichts der „größten Gesundheitskrise in der Zweiten Republik“ (SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner) die dramatischen Maßnahmen der Regierung bisher mitgetragen hätten.

„Keine Einbahnstraße“

Ein nationaler Schulterschluss sei aber „keine Einbahnstraße“. „Mehr Einbindung der Opposition ist dringend notwendig“, so Rendi-Wagner. NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak fordert hier eine „Kommunikation auf Augenhöhe“, sprich: Die Vorschläge der Opposition müssten offen diskutiert werden. Als konkretes Beispiel nennt er eine Regelung, damit das AMS bei der Kurzarbeit rascher Geld an die Unternehmen auszahlen könne.

In die gleiche Kerbe schlägt FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Für ihn bedeute "nationaler Schulterschluss „alle Kräfte und Ideen, auch jene der Opposition zu bündeln“. Das passiere allerdings nicht.

Front gegen Handytracking

Eine geschlossene ablehnende Front zeichnet sich etwa in der Frage ab, ob der Staat den Zugriff auf Handydaten, etwa zum Tracken von Verdachtsfällen und positiv Getesteten, erhalten soll. Diese Idee hatte ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz zuletzt angedeutet, ein konkreter Vorstoß im Parlament bei der aktuellen Sondersitzung wird dazu aber nicht erwartet.

Pamela Rendi-Wagner
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SPÖ-Chefin Rendi-Wagner kritisiert eine „Hinterzimmer“-Politik

Im „Hinterzimmer“ ein Überwachungspaket zu schnüren und dann dem Parlament „ohne vorige Einbindung“ vorzulegen, das gehe jedenfalls nicht, so die SPÖ-Chefin.

„Konsequente Opposition umso wichtiger“

Alle drei Oppositionsparteien betonen, dass gerade jetzt – neben der nötigen Kooperation – auch die Kritik an der Regierung besonders wichtig sei. Immerhin habe diese derzeit noch nie da gewesene Vollmachten. Da sei eine „konsequente und wachsame Opposition“ umso wichtiger, so Kickl.

Der freiheitliche Klubchef wirft der Regierung vor, Abänderungs- und Zusatzanträge der Opposition „in einer Art Regierungsdogmatismus“ auf die Seite geschoben zu haben. Diese Anträge hätten aber, so ist Kickl überzeugt, „viel vorweggenommen, was die Regierung danach erst recht wieder reparieren musste oder eigentlich müsste“.

ÖVP, Grüne: Opposition „gut eingebunden“

Für ÖVP-Klubchef August Wöginger und seinen grünen Konterpart, Sigrid Maurer, läuft die Abstimmung mit der Opposition „konstruktiv“ bzw. „sehr gut“. Beide verweisen darauf, dass es regelmäßige Gespräche der Parteiobleute mit Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gibt, was auch die Opposition bestätigt.

Sigrid Maurer
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Grünen-Klubchefin Maurer erinnert daran, dass es Gespräche zwischen Parteiobleuten und Vizekanzler Kogler gebe

Vor allem gebe es im Nationalrat viel mehr Präsidialsitzungen, in denen alle Klubchefinnen und -chefs Sitzungen vorbereiten. Für Wöginger ist die Opposition „jedenfalls gut eingebunden“. Auch aus dem Kanzleramt wurde gegenüber ORF.at betont, die Opposition sei in den letzten Jahren nie so intensiv eingebunden worden wie derzeit.

Laut Kickl gibt es zusätzliche Formate, in denen die Regierung die Opposition informiert – etwa eine Expertenrunde vor einer Plenarsitzung. Das würde die Regierung aber eher als „lästige Pflichtübung“ behandeln.

Kickl: Keine Sammelgesetze mehr

Der FPÖ-Klubchef fordert zudem, dass die Regierung keine Sammelgesetze mehr beschließt. Denn dadurch nehme die Regierung dem Parlament die „Möglichkeit, jeden einzelnen Vorschlag inhaltlich differenziert zu bewerten“.