Vizekanzler Werner Kogler
APA/Helmut Fohringer
Wirtschaft

Pläne für „langsames Hochfahren“ nächste Woche

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat am Freitag in einer Pressekonferenz eine Lockerung der wirtschaftlichen Einschränkungen angedeutet. Man werde die Fahrpläne für das „langsame Hochfahren“ ab nächster Woche vorstellen, sagte Kogler. Seit 16. März sind die meisten Geschäfte und Lokale wegen der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie geschlossen.

Wichtig sei es Kogler zufolge, dass man schrittweise vorgehe – eine Öffnung sei dort früher möglich, wo auch das Ansteckungsrisiko minimiert sei. „Das wird mit Sicherheit die Handelsgeschäfte früher betreffen als Sporveranstaltungen“, so der Vizekanzler. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte daraufhin im Nationalrat an, dass die Regierung diesbezüglich am Montag erste Schritte skizzieren werde – begonnen werde mit dem Handel.

Bei einer „schrittweisen Öffnung“ müssten Risikogruppen stärker geschützt werden, sagte Kogler zudem. Er sprach dabei von der Schaffung einer rechtlichen Regelung, die dem Krankenstand ähnle. Kogler schränkte aber ein, der Höhepunkt der Epidemie sei noch nicht erreicht. Die Lösungen müssten sowohl mit Gesundheits- als auch mit Wirtschaftsexperten entwickelt werden. Zurzeit würden die Händler darüber miteinander sprechen, so Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. Er sagte aber auch, der Staat könne sich den Stillstand nicht auf Dauer leisten. Es brauche eine neue Normalität, damit die Menschen wieder ihre Kredite und Mieten zahlen können.

Details zu Nothilfefonds

Die Regierung stellte bei der Pressekonferenz die Details des 15 Mrd. Euro schweren Nothilfefonds vor. Konkret kündigte die Regierung zwei Instrumente zur Eindämmung der wirtschaftlichen Schäden an: Garantien für Kredite und Zuschüsse.

Vizekanzler Werner Kogler, Finanzminister Gernot Blümel, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer bei einer Pressekonferenz
APA/Helmut Fohringer
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und WKÖ-Präsident Harald Mahrer nennen Details zum Nothilfefonds

Unternehmen, die Liquidität brauchen, können einen zu 90 Prozent vom Staat garantierten Betriebsmittelkredit beantragen. Er läuft bis zu fünf Jahre und kann noch einmal um fünf Jahre verlängert werden. Die Höhe des Kredits ist mit einem Quartalsumsatz bzw. 120 Mio. Euro begrenzt. Beantragt wird der Kredit bei der Hausbank, die auch die restlichen zehn Prozent am Risiko trägt. Abgedeckt wird der tatsächliche Liquiditätsbedarf eines Unternehmens. Der Zinssatz beträgt höchstens ein Prozent zuzüglich Garantieentgelten von 0,25 bis zwei Prozent.

Zuschuss soll Teil der Fixkosten abdecken

Außerdem können Unternehmen einen Staatszuschuss erhalten, der bis 90 Mio. Euro geht. Dazu kann ein Teil des Kredits umgewandelt werden, aber auch Unternehmen, die keinen Kredit gebraucht haben, können den Zuschuss beantragen. Konkret wird damit den Unternehmen ein Teil ihrer Fixkosten und der wertlos gewordenen Ware als Zuschuss abgegolten. Das umfasst etwa Mieten, Strom, Gas, Internet, Zinsaufwendungen, Leasingkosten und Versicherungen, aber auch einen fiktiven Unternehmerlohn, der sich an den Bestimmungen des Härtefallfonds bemisst, sowie unverkäuflich gewordene Waren, die mindestens 50 Prozent ihres Wertes verloren haben, etwa Blumen.

Die Gewährung des Kredits soll dem Unternehmen rasch Liquidität zuführen. Die Abrechnung des Zuschusses wird dann auf Basis der Jahresbilanz erfolgen, also im Laufe des Jahres 2021. Unternehmen, die in der Krise – beginnend mit 16. März, Ende noch offen – im Vergleich zur Vorjahresperiode zwischen 40 und 60 Prozent Umsatz verlieren, sollen 25 Prozent der Fixkosten dieser Periode ersetzt bekommen. Bei Umsatzverlusten zwischen 60 und 80 Prozent sind es 50 Prozent, über 80 Prozent 75 Prozent. Der Zuschuss ist steuerfrei.

Kritieren für die Hilfe

Kriterium für die Hilfe ist die Geschäftstätigkeit bzw. Liquiditätsprobleme in Österreich. Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern können den Zuschuss beantragen, auch wenn sie Mitarbeiter gekündigt haben, größere Unternehmen hingegen nur, wenn sie auf Kurzarbeit zurückgreifen und keine Mitarbeiter kündigen, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Der Hilfsfonds wird über die neu gegründete Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) abgewickelt und hat ein Volumen von 15 Mrd. Euro. Die ersten Gelder können ab 8. April beantragt werden.

Einjähriger Auszahlungsstopp für Dividenden

Wie Kogler sagte, wird es auch einen einjährigen Auszahlungsstopp für Dividenden geben sowie Beschränkungen bei Managerboni. Das betrifft jene Unternehmen, die Staatshilfe in Anspruch nehmen. „Es kann sich nicht jemand mit einer staatlichen Garantie Liquidität holen, um damit Dividenden auszahlen zu können. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein“, sagte Mahrer: Es gebe hier „null Verständnis“.

Pressekonferenz zum Hilfsfonds

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer über den Hilfsfonds der Bundesregierung. Kogler deutete in der Pressekonferenz eine Lockerung der wirtschaftlichen Einschränkungen an.

Blümel gab ferner bekannt, dass die Möglichkeit zur Steuerstundung bereits fast 90.000-mal beantragt worden sei, 97 Prozent der Anträge wurden bereits bewilligt. Im Nationalrat werde dieser Tage in der Form eines Kreditmoratoriums ein weiterer Schritt gesetzt, so der Finanzminister. Dabei gehe es darum, dass Verbraucherkredite und Kredite von Kleinstunternehmen gestundet werden müssen, „wenn diese es beantragen, weil eine Betroffenheit durch die Krise da ist“. Das würde nach derzeitiger Schätzung drei Millionenkreditverträge betreffen.

Zur Freistellung von besonders gefährdeten Mitarbeitern sagte Kogler, dass nicht daran gedacht sei, dass für den Arbeitgeber ablesbar ist, welche konkrete Vorbelastung der Mitarbeiter hat. Aber dass dadurch bekanntwird, dass er eine relavante Vorerkrankung hat, lasse sich nicht vermeiden. „Alles geht sich nicht aus“, so Kogler. Damit eine Lockerung der Maßnahmen für die Allgemeinheit möglich wird, sei es notwendig, besonders betroffene Menschen stärker zu schützen. „Sonst müssen wir alles zu lassen, bis das Virus weg ist.“

Handelsverband begrüßt Maßnahmen

Der Handelsverband begrüßte die im Zuge der Pressekonferenz präsentierten Details zum Nothilfefonds. Es gehe nun darum, einen konkreten Fahrplan für das strukturierte Hochfahren der vom „Shut-down“ besonders betroffenen Branchen wie dem Handel und der Gastronomie auszuarbeiten. „Zu vermeiden gilt es chaotische, sich widersprechende oder fehlende Klarstellungen – wann wer unter welchen Umständen offen halten darf –-, damit nicht erneut unbedacht ein Streit innerhalb oder zwischen Wirtschaftsbranchen entfacht wird“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Als Wermutstropfen bezeichnete der Handelsverband in seiner Aussendung aber, „dass die Abrechnung und Auszahlung dieses gestaffelten Kostenersatzes erst am Ende des Wirtschaftsjahres erfolgen soll“. Die Besicherungspraxis der Banken müsse zudem mit Argusaugen beobachtet werden.

Hotels sind bis 24. April zu

Die heimischen Beherbergungsbetriebe bleiben indes fix drei weitere Wochen geschlossen. Angesichts der Coronavirus-Pandemie dürfen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen bis einschließlich 24. April nicht aufsperren. Das geht aus der entsprechend angepassten Verordnung des Gesundheitsministeriums, die nun vorliegt, hervor.

Die Betriebe in den Bundesländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, die von der Epidemie früher und härter getroffen wurden, sind bereits seit 16. März per Verordnung der Bundesregierung gesperrt. In den östlichen Bundesländern gab es bis dato keine gesetzliche Regelung, die es den Betrieben untersagt hätte aufzusperren. Wer da nicht geöffnet hatte, habe das aufgrund fehlender Gäste gemacht, hieß es aus der Wirtschaftskammer.

Nächtigungen nur in Ausnahmefällen erlaubt

„Ab sofort darf nur noch aus bestimmten Ausnahmegründen – beruflichen Gründen oder wenn es ein dringendes Wohnbedürfnis gibt, wie zum Beispiel, wenn es einen Wasserrohrbruch in der eigenen Wohnung gibt – in einem Hotel genächtigt werden“, sagte die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Susanne Kraus-Winkler, gegenüber der APA. Das gilt nun für alle rund 16.000 Beherbergungsbetriebe in ganz Österreich.

In derselben Verordnung ist auch geregelt, dass die Abholung vorbestellter Speisen zulässig ist, „sofern diese nicht vor Ort konsumiert werden und sichergestellt ist, dass gegenüber anderen Personen dabei ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten wird“.