Rednerpult und der Regierungsbank
APA/Roland Schlager
Coronavirus

Drittes Gesetzespaket im Überblick

Das dritte Coronavirus-Paket, das am Freitag vom Nationalrat beschlossen wurde, ist das bisher umfassendste und bringt etliche neue Förderungen in nahezu allen Bereichen des öffentlichen Lebens – ein Überblick.

Zunächst wird der Covid-19-Krisenbewältigungsfonds von vier auf 28 Milliarden aufdotiert. Der Härtefallfonds wird von einer auf zwei Milliarden aufgestockt. Stärker einbezogen wird der Agrarsektor. So werden Mehrfachversicherte und Nebenerwerbsbetriebe miteingeschlossen.

Auch werden zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen Betriebe mit bis zu neun Arbeitskräften und einem Umsatz von bis zu zwei Mio. unterstützt. Der zuständigen Ministerin Christine Aschbacher (ÖVP) wird die Möglichkeit gegeben, die Mittel für Kurzarbeit anzupassen, da davon ausgegangen wird, dass die derzeit vorgesehene eine Milliarde Euro nicht ausreicht.

Umfassendes Finanzpaket

Sonderzuwendungen, die wegen Leistungen während der Pandemie ausgeschüttet wurden, werden bis zu 3.000 Euro steuerfrei gestellt. Bei pensionierten Medizinerinnen und Medizinern, die während der Coronavirus-Krise tätig werden, wird sichergestellt, dass diese daraus keine steuerlichen Nachteile erfahren. Auch fällt eine vorzeitige Alterspension nicht weg, wenn jemand eine gesundheitsberufliche Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie aufnimmt.

Für die Herstellung von Biozidprodukten und vergleichbarer Desinfektionsmittel entfällt auf Antrag die Alkoholsteuer. Die Reform der Finanzverwaltung mit unter anderem einer Zusammenlegung der 40 Finanzämter zu einem Finanzamt Österreich wird von Mitte dieses Jahres auf Anfang 2021 verschoben. In die Transparenzdatenbank müssen alle Leistungen im Rahmen der Krise eingetragen werden.

Wirtschaftliche Maßnahmen

Kredite von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie von Kleinstunternehmen müssen drei Monate lang gestundet werden. Demnach müssen Kreditgeberinnen und -geber Zinszahlungen und Tilgungen verschieben, wenn die Kreditnehmenden ihre Raten nicht weiter zahlen. Dabei geht es um Verbraucherkreditverträge und Kredite an Kleinstunternehmen, die vor dem 15. März dieses Jahres abgeschlossen wurden.

Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 1. April und 30. Juni fällig werden, werden auf drei Monate gestundet, wenn dem Kreditnehmer bzw. der Kreditnehmerin die Zahlungen aufgrund von Einkommensausfällen durch die Covid-19-Pandemie „nicht zumutbar“ sind. Für den Verzug dürfen höchstens die gesetzlichen Zinsen von vier Prozent verlangt werden. Können Unternehmen wegen der Coronavirus-Krise gewisse Einbringungs-, Veröffentlichungs- und Informationspflichten nicht rechtzeitig erfüllen, soll die Finanzmarktaufsicht diese nun auf Basis eines begründeten Antrags bis Jahresende erstrecken können.

Themenblock Arbeit

Die Unfallversicherung gilt rückwirkend mit März auch für Unfälle im Homeoffice. Das Pendlerpauschale kann auch weiterbezogen werden, wenn man wegen der Pandemie zum Beispiel im Homeoffice arbeitet. Ebenso sollen auch Zulagen und Zuschläge, die im Fall einer Quarantäne, Telearbeit bzw. Kurzarbeit ausgeschüttet werden, weiterhin steuerfrei behandelt werden dürfen.

Die drei Wochen bezuschusster Sonderbetreuungszeit für Eltern werden nun bis Ende Mai auch auf Personen ausgedehnt, die im Regelfall Angehörige etwa dann pflegen müssen, wenn die 24-Stunden-Betreuung weggefallen ist. Allerdings ist auch bei dieser Personengruppe die Zustimmung der Dienstgeberstelle vonnöten.

Erntehelferinnen und -helfer können länger als die derzeitigen neun Monate innerhalb eines Jahres beschäftigt werden. Auch Personen, deren Visum ausläuft, können um eine Verlängerung von Österreich aus ansuchen und als Erntehelferinnen und -helfer tätig werden. Die Frist zur Anfechtung von Kündigungen wird gehemmt.

Mehr Kompetenzen für Faßmann

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann erhält die Möglichkeit, weitgehende Verordnungen für den Schul- und Hochschulbetrieb zu erlassen. Fristen und Stichtage des laufenden bzw. kommenden Schul- bzw. Studienjahrs inklusive der Ferien wird der Ressortchef abändern können. Darüber hinaus soll er unter anderem den „ortsungebundenen Unterricht“ samt dessen Leistungsbeurteilung regeln können – also wie die derzeit praktizierte Form des „Distance Learning“ in die Noten einfließt.

Sogar einen Zusatzunterricht nach Wiederaufnahme des Schulbetriebs kann er anordnen. Ermöglicht werden soll ferner über Fördermaßnahmen die Anschaffung elektronischer Hilfsmittel für Schülerinnen und Schüler. Eingesetzt wird ein Fonds, über den durch die Absage von Schulveranstaltungen wie Skikursen und Sprachwochen anfallende Kosten abgedeckt werden sollen.

Für die Hochschulen regelt das Gesetz die Möglichkeit zur Verschiebung zahlreicher Fristen – von den Inskriptionsfristen bis zur Einteilung des Studienjahrs. Faßmann soll verordnen können, dass „im Rahmen von Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren insbesondere die Beurteilung der vorangehenden schulischen Leistungen herangezogen werden“. Für Beihilfenbezieher wird der Minister ein „neutrales Semester“ verordnen können, wodurch sie keine Ansprüche verlieren. Für das Sommersemester 2020 soll er außerdem Gründe für den Erlass oder die Rückerstattung von Studiengebühren festlegen können.

Gesundheit, Justiz und Familie

Für den künftig in Supermärkten verpflichtenden Mund- und Nasenschutz wird klargestellt, dass für entsprechende Schnellmasken keine Zertifizierung nach dem Medizinproduktegesetz notwendig ist. Ein entsprechender Warnhinweis soll darauf aufmerksam machen. Die Fünfjahresfrist für Sonderausbildungen oder Spezialisierungen des Krankenpflegepersonals wird für die Zeit der Coronavirus-Krise gehemmt.

Die eigentlich mit Mai fällige Erhöhung der Gerichtsgebühren wird zumindest bis zum Jahresende ausgesetzt. Neue Verwaltungsrichter und -richterinnen können – so es sich nicht um ein Präsidentschafts- oder Vizepräsidentschaftsamt handelt – nur noch vom Präsidenten und nicht unbedingt vor der Vollversammlung angelobt werden.

Für einkommensschwache Familien mit Kindern sollen einmalig aus dem Familienlastenausgleichsfonds 30 Mio. Euro an den Familienhärteausgleich zur Verfügung gestellt werden.

Zivildienst und Freiwillige

Der Bund ersetzt den mit der administrativen Abwicklung betrauten Rechtsträgern beim außerordentlichen Zivildienst die Arbeitgeberbeiträge für Kranken- und Unfallversicherung. Zudem wird vorgesorgt, dass Zivildiener und Milizsoldaten durch ihre Einkünfte nicht aus der Familienbeihilfe herausfallen können.

Personen, die bereits einen freiwilligen Dienst absolviert haben, können ein außerordentliches Freiwilliges Sozialjahr absolvieren. Es soll dabei auch ein möglichst breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten geboten werden, damit Personen, die im Ausland dienen, ihren Auslandsfreiwilligendienst nach erfolgter Heimreise ohne Unterbrechung im Inland fortsetzen können. Auch gegenwärtig in einem Freiwilligenjahr Tätige sollen um ein halbes Jahr verlängern können.

Mieten und Verkehr

Mieten, die aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von 1. April bis 30. Juni nicht oder nicht vollständig bezahlt werden, sind kein Kündigungsgrund und können bis Jahresende nicht eingeklagt und auch nicht mit einer bezahlten Kaution abgedeckt werden. Delogierungen werden gesetzlich verboten.

Folgendes können die Behörden erlauben: auf Fahrbahnen gehen, die grundsätzlich für den Verkehr gesperrt sind und bei denen man nur zu- und abfahren darf. So soll es erleichtert werden, den Sicherheitsabstand zwischen Fußgängern insbesondere auf stark frequentierten Routen mit schmalen Gehsteigen einhalten zu können.

Änderungen gibt es unter anderem auch im Bereich der Führerscheine. Da Fristen wie etwa die Befristung der Lenkberechtigung, für deren Verlängerung ein Gutachten oder andere Nachweise beizubringen sind, nicht eingehalten werden können, werden diese zunächst bis 31. Mai gehemmt. Entziehungen und Probezeiten laufen ungeachtet der gegenwärtigen Situation aus. Eine ähnliche Regelung gilt für Überprüfungen, etwa im Rahmen des „Pickerls“.

Wochenendfahrverbote für Lkws können künftig wegen der Pandemie von der zuständigen Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) suspendiert werden. Allerdings darf dies nur einmal erfolgen, eine einmalige Verlängerung der Gültigkeit ist zulässig. Die Taxi- und Mietwagenreform wird von September auf Anfang 2021 verschoben. Dabei geht es um die „Lex Uber“, also die Zusammenlegung von Taxi- und Mietwagengewerbe.

Energie und Gemeinden

Bestehende Inbetriebnahmefristen für Ökostromanlagen können um jeweils sechs Monate erstreckt werden, da sich Inbetriebnahmen derzeit verzögern können.

Die Bezirksverwaltungsbehörde wird ermächtigt, dem Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin den Namen und die erforderlichen Kontaktdaten einer von einer Coronavirus-Absonderungsmaßnahme betroffenen Person, die in seinem bzw. ihrem Gemeindegebiet wohnhaft ist, mitzuteilen. Voraussetzung dabei ist, dass das zur Versorgung dieser Person mit notwendigen Gesundheitsdienstleitungen und mit Waren bzw. Dienstleistungen des täglichen Bedarfs unbedingt notwendig ist. Gemeinderäte können ihre Beschlüsse künftig auch per Umlauf oder via Videokonferenz fassen.

Innenminister Karl Nehammer wird die Kompetenz eingeräumt, Volksbegehrenseintragungswochen während der Pandemie zu verlegen. Wer zu Zeiten der Coronavirus-Krise die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt, muss das entsprechende Gelöbnis nicht mündlich am Amt vortragen, sondern bekommt die Einbürgerung schriftlich. Die Regelung gilt bis Jahresende.

Hilfspaket für Medien

Im Rahmen des Medienhilfspakets wird auch die Vertriebsförderung für Tages- und Wochenzeitungen einmalig auf das 2,5-Fache des bisherigen Betrags erhöht. Zuvor hatte es von verschiedenen Seiten Kritik an den Förderkriterien gegeben. Der erste Entwurf sah für den Printbereich nur eine Sonderförderung für Tageszeitungen, und zwar auf Basis der Druckauflage, vor. Für Tageszeitungen soll es 5,2 Mio. Euro geben, für Wochenzeitungen 4,5 Mio. Euro. Die Vertriebsförderung gilt im Gegensatz zur Sonderförderung der Druckkosten nur für Kauf-, nicht für Gratiszeitungen.

Auch für Privatsender wird es eine ähnliche Unterstützung geben. Die ORF-Gremien wie Stiftungs- und Publikumsrat können nunmehr per Videokonferenz tagen. Persönliche Zusammenkünfte sind auch beispielsweise bei der KommAustria, beim Unabhängigen Parteientransparenzsenat sowie bei der Presseförderungskommission während der Coronavirus-Krise nicht mehr zwingend.