Osterhase aus Schokolade in einer Wiese
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Ostern, „Corona-App“, Handel

Warten auf Klarstellung der Regierung

In zahlreichen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens herrscht angesichts der Coronavirus-Pandemie Unklarheit. Fragen rund um Ostern, die „Corona-App“ und den Handel sind nach wie vor offen. Für Montag aber kündigte die Bundesregierung Aufklärung an, unter anderem im Rahmen eines „neuen Sammelerlasses“.

Diesen stellte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntag in Aussicht. Der „neue Sammelerlass“ folgt auf den derzeit schon in allen Bundesländern gültigen „Oster-Erlass“, der am Wochenende für Aufruhr gesorgt hatte. Laut diesem soll es keine Zusammenkünfte von mehr als fünf Personen in einem Raum geben, außer sie leben im selben Haushalt. Größere Feiern fallen damit aus, doch einige fragen sich: Ist Besuch nun prinzipiell erlaubt oder nicht?

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) versuchte noch am Samstag auf Twitter zu beruhigen. Die Regelung solle gerade rund um das Osterfest große Zusammenkünfte auch in Haushalten verhindern. Zudem sollen dadurch „Corona-Partys“ unterbunden werden. Aufklärung werde am Montag folgen. „Kritik verstanden“, schrieb der Minister auf Twitter.

Verfassungsrechtler: „Oster-Erlass“ rechtswidrig

Auf die Frage, ob Nehammer ausschließen könne, dass zu Ostern die Polizei an Wohnungstüren klopft, hinter denen mehr als die erlaubten Personen vermutet werden, sagte der Innenminister, die Polizei habe bei Lärmerregung oder Hinweisen auf häusliche Gewalt die Pflicht, Nachschau zu halten. Reaktionen zum „Oster-Erlass“ kamen am Sonntag aus manchen Bundesländern. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) etwa rechnet mit einer raschen Reparatur des Erlasses – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Innenminister Karl Nehammer
APA/Herbert P. Oczeret
Nehammer versprach einen „neuen Sammelerlass“

In Wien reagierte die SPÖ verstimmt und forderte eine Klarstellung von Anschober. Man habe am Freitag eine diesbezügliche Verordnung umgesetzt, informierte ein Sprecher des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) am Sonntag die Medien. Der Erlass werde aber, trotz der Umsetzung, auch kritisch gesehen, fügte er hinzu. Überdies richtet Wien einen Appell an die Polizei, „mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und Augenmaß“ vorzugehen.

Der mögliche Fahrplan der Regierung

In zwei Wochen könnten kleinere Geschäfte wieder aufsperren, im Anschluss größere und dann die Großkonzerne, skizzierte Hans Bürger die möglichen Pläne der Regierung. Bei den Schulen soll es umgekehrt sein.

Laut Verfassungsexperten ist der derzeitige Erlass rechtswidrig. Das Epidemiegesetz regle nämlich nur die Teilnahme an Veranstaltungen, alles andere sei ein Eingriff in das Hausrecht. „Das geht zu weit“, so etwa der Jurist Bernd-Christian Funk. Der Erlass sei eine „Beeinträchtigung der Privatsphäre“, wie diese nur etwa bei Hausdurchsuchungen geschehen darf.

Schlüsselanhänger und App für „Tracking“?

Für Verwirrung sorgt weiters die freiwillige „Corona-App“ des Roten Kreuzes, und inwiefern sie möglicherweise verpflichtend werden könnte. Insbesondere Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) trug mit seiner Aussage dazu bei, Kritikerinnen und Kritiker sowie die Opposition auf den Plan zu rufen. „Wenn evident ist, dass wir die Menschen schützen können und jeder Kontakt festgehalten wird, dann sage ich dazu Ja“, sagte Sobotka zur Möglichkeit einer verpflichtenden App. Am Sonntag ruderte er nach massiver Kritik zurück und sprach sich doch für eine freiwillige Lösung aus.

So weit wie zuerst Sobotka wollte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht denken. Dennoch betonte er aber, künftig auf „Tracking“ und „Containment“, also dem Nachvollziehen von Kontakten mit Infizierten, setzen zu wollen. Diese Möglichkeit werde eine „wichtige Basis“ sein. Weil zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher kein Smartphone besitzen, wird laut Kurz an Schlüsselanhängern mit derselben Funktionalität gearbeitet. Weiters denkt die Regierung über eine Ausweitung der Maskenpflicht auch außerhalb von Supermärkten nach.

Opposition außer sich

Mit den Vorschlägen rund um die App bzw. Schlüsselanhänger stach die Regierung ins oppositionelle Wespennest. Der Kanzler plane die Auflösung der Grund- und Freiheitsrechte, kritisierte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und forderte einen „Schulterschluss der Demokraten gegen diese totalitären Anwandlungen“. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch warnte vor einer „elektronischen Fußfessel“. „Verrückt und von autoritärem Gedankengut getrieben“ nannte die Vorhaben Nikolaus Scherak von NEOS.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Roland Schlager
Anschober sorgte mit seiner Erklärung zum „Ostern-Erlass“ für Verwirrung

Selbst das Rote Kreuz, das für die App verantwortlich ist, sprach sich gegen eine Verpflichtung dazu aus. Eine dahingehende Verordnung sei weder sinnvoll noch kontrollierbar. Freiwilligkeit sei ein Grundpfeiler der Rot-Kreuz-Bewegung. Gleichzeitig kündigte die Hilfsorganisation an, dass die Anwendung für Smartphones ab Donnerstag Kontakte auf Wunsch automatisch speichern wird. Ein „digitaler Handshake“ und damit die Zustimmung beider Handynutzer bzw. -nutzerinnen sei dann nicht mehr notwendig.

„Im Zentrum“: Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht, Handykontrolle

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer sagte Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum“, es werde keine Verpflichtung zur Nutzung der App geben. Den Nutzen der App verteidigte sie, auch datenschutzrechtlich würden keine Probleme bestehen. Zum „Oster-Erlass“ meinte Maurer, es werde im Kampf gegen die Pandemie „mit höchstem Druck gearbeitet“. Dabei würden auch Fehler passieren. Zentrales Ziel des Erlasses, der am Montag durch die Regierung klargestellt werden soll, sei jedenfalls, „Corona-Partys“ zu Ostern zu verhindern.

Kurz: Öffnung des Handels „schrittweise und behutsam“

WKÖ-Präsident Harald Mahrer plädierte unterdessen am Sonntag für ein wohlüberlegtes, schrittweises Wiederhochfahren der heimischen Wirtschaft zur Verkürzung der Belastung durch die Coronavirus-Krise. Ähnliches ließ Kurz am Freitag in seiner Rede im Nationalrat durchblicken. Regierung und Wirtschaftskammer (WKÖ) stehen in enger Abstimmung. Man werde zuerst mit der Öffnung des Handels beginnen, kündigte der Kanzler an, „schrittweise und behutsam“. Doch für eine Wiederöffnung müssten insbesondere weiterhin die Risikogruppen und ältere Bevölkerung geschützt werden, so der Bundeskanzler.

Kassiererin und Kunden mit Mundschutz im Supermarkt
APA/Helmut Fohringer
Die Bundesregierung denkt über eine Ausweitung der Maskenpflicht nach

Geht es nach Mahrer, sollten noch im April etwa kleine Elektronik-, Sportartikel- oder Spielzeughändler wieder aufsperren können – immer unter Maßgabe von Mindestabstand und Hygienemaßnahmen, so Mahrer. Damit die Unternehmen rechtzeitig Vorbereitungen treffen können – für Waren, Angestellte, Desinfektionsmittel, Masken –, sollte die Regierung möglichst früh sagen, wann diese „Phase eins“ kommen könne. „Wenn es uns gelingt, im zweiten Quartal Schritt für Schritt hochzufahren, können wir uns im dritten Quartal vielleicht in eine großflächige Normalisierung bewegen“, so der WKÖ-Präsident in einem Onlinegespräch mit Medien.

Nach zusätzlichen Bereichen im Handel könnten später Geschäfte mit „mehr Fläche“ und „mehr Leuten“ folgen, so Mahrer. Wo aber „viele Leute“ tätig seien und es zu sehr engen Kontakten zwischen Menschen komme, werde man länger zuwarten müssen. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) deutete am Freitag auch an, dass es in einigen Bereichen noch länger dauern könnte, bis wieder ein Normalzustand herrsche: „Großveranstaltungen zum Beispiel.“ Mahrer ergänzte am Sonntag dann, persönliche Dienstleistungen wie Friseure, Massagen, Pediküre und Maniküre würden „sicher nicht in der ersten Phase“ wieder geöffnet.

„Sofern sich ein Abflachen der Coronavirus-Infektionsfälle abzeichnet, sollten nach Ostern Geschäfte aller Größenklassen im gesamten österreichischen Einzelhandel öffnen dürfen – selbstverständlich unter Beachtung gesundheitsbehördlicher Vorgaben“, forderte der Handelsverband in einer Aussendung. Darüber hinaus wurde gefordert, „Click&Collect“ im heimischen Handel – analog zur Abholung vorbestellter Speisen in der Gastronomie – noch diese Woche zuzulassen.

Schallenberg gegen „verfrühte“ Reisefreiheit

Zur Reisefreiheit äußerte sich am Sonntag schließlich ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg: „Selbst wenn wir dem Coronavirus in Österreich Herr geworden sind, werden wir nicht unmittelbar zu uneingeschränkter Reisefreiheit zurückkehren können.“ Er vertrat damit in einer Aussendung wie schon der Bundeskanzler vor ihm eine restriktive Linie.

„Wir müssen davon ausgehen, dass einige Länder noch länger brauchen werden, um das Virus unter Kontrolle zu bekommen, und daher weiterhin als Risikogebiete gelten werden“, so Schallenberg. „Davor müssen wir uns alle schützen. Es gilt zu verhindern, dass eine verfrühte Aufnahme der uneingeschränkten Reisefreiheit zu einer neuen Viruswelle führt. Wir werden das im Außenministerium daher weiterhin genau beobachten und unsere Reisewarnungen auch in Zukunft laufend der Gefahrenlage anpassen.“